Forschung satt!

24. April 2024 von Laborjournal

Mit der Zeit hat unser Forscher Ernst gelernt, bei seinen Experimenten möglichst alle Variablen mitzuberücksichtigen …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Die große Eierjagd

1. April 2024 von Laborjournal

 

Die Osterinsel birgt immer noch Geheimnisse und Überraschungen. Gerade erst entdeckte etwa eine Gruppe von Wissenschaftlern unter der Leitung des Zoologen Ernest Bunnyway von der Universität Uovo in nahezu unzugänglichen Ecken im Norden der Insel eine neue Vogelart. Versteckt zwischen saftigen Grashalmen fanden Bunnyway und Co. ein Nest mit Eiern, die in allen Farben des Regenbogens gefärbt waren: blaue Eier, rote Eier, grüne Eier, Eier mit Streifen, Zickzacklinien oder Punkten – unendlich viele Varianten.

„Wir waren wochenlang in derselben Gegend im Norden unterwegs, irgendwann hatten wir uns sogar verlaufen“, erzählt Bunnyway Laborjournal. „Doch plötzlich sahen wir diesen Vogel, der aus seinem Nest flüchtete. Er war so schnell, dass wir kein Foto machen konnten. Also näherten wir uns dem Nest – und wir trauten unseren Augen nicht: Keiner von uns hatte je ein so buntes Gelege gesehen.

Im Gegensatz zu seinen Eiern hatte der Vogel selbst eine bemerkenswert unauffällige Zeichnung. Sein braunes, weiches Gefieder sah fast wie ein Fell aus; das Tier war mittelgroß, hatte fleischige Füße und einen kurzen Schnabel. „Nicht unähnlich einem Huhn“, kommentierte Bunnyway. Doch trotz der großen Ähnlichkeit mit Hühnern sind die Wissenschaftler überzeugt, dass die neue Art, die sie in Anlehnung an den bis ins 19. Jahrhundert auf der Insel praktizierten Vogelmannkult Tangata manu tauften, ein Vertreter einer neuen Vogelfamilie ist – und tauften sie Easteridae.

Zurück in ihrem Basislager in Hanga Roa begannen die Wissenschaftler mit der Beschreibung der Art. Der Expeditionsteilnehmer und Ethnologe Birdy Egglestone sprach mit einigen Eingeborenen und erfuhr von ihnen, dass sie die bunten Eier für bestimmte rituelle Zeremonien verwenden, die meist im Frühjahr stattfinden. „Ein Eingeborener berichtete, dass sie jedes Frühjahr ihre Kinder aussenden, um ein paar der schönsten Exemplare zu suchen und zu sammeln. Wenn sie zurückkommen, werden die Eier gekocht und im Rahmen eines großen Familienfestes gegessen.“ Dieser Kult würde schon seit Hunderten von Jahren praktiziert.

Der potenzielle evolutionäre Nutzen hinter dem auffälligen Aussehen der Eier ist indes noch nicht geklärt. Bunnyway vermutet eine gerissene Täuschungs- oder Verwirrungstaktik. Diesbezüglich sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um zu einem zufrieden stellenden Ergebnis zu kommen. „Wir werden bald wieder in den Norden fahren“, verkündet Bunnyway. „Und vielleicht werden wir dieses Mal schnell genug sein, um ein Exemplar zu fangen.“ Der Plan ist, DNA zu sammeln und die phylogenetischen Beziehungen von Tangata manu ein für alle Mal zu klären. Für diese Analyse veranschlagen die Wissenschaftler etwa ein Jahr. Dann seien die bewilligten Fördermittel für das Projekt sowieso verbraucht, so Bunnyway.

In der Zwischenzeit wünscht Laborjournal seinen Leserinnen und Lesern eine schöne Osterzeit.

(Foto: ivabalk@Pixabay)

 

Die gute alte Zeit im Labor

13. März 2024 von Laborjournal

Je älter unser Forscher Ernst wird, desto mehr trauert er auf ganz eigene Weise den guten, alten Zeiten nach. „Früher war alles besser im Labor“ kann man daraus allerdings nicht unbedingt schließen …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

Verdauungs-Fantasien

6. März 2024 von Laborjournal

Ihr Opfer war so gut wie tot, das stand außer Frage. Noch krabbelte es auf zittrigen Beinen am Rand des leuchtend roten Fangeisens entlang, noch tastete es mit seinen Fühlern nach dem süßlichen, fauligen, verführerischen Duft ihrer Nektardrüsen. Doch nur wenige Millimeter weiter, und es würde mehrere ihrer Sinneshärchen berühren und die gespannten Tellereisen ihrer Fangblätter binnen 100 Millisekunden zuschnappen lassen. Widerstand war zwecklos.

Natürlich könnte sich Dionaea muscipula, die Venusfliegenfalle, von Sonnenlicht, Kohlendioxid, Wasser und Mineralien des Bodens ernähren. Doch jeden Morgen wacht sie auf und entscheidet sich aufs Neue für etwas anderes: Gewalt!

Warum? Weil sie an ihrem nährstoffarmen Standort einfach nicht auf die Stickstoff-Leckerli verzichten kann, die auf ihr herumkrabbeln.

Hat sie einen Arthropoden in einem ihrer Fangblätter eingeschlossen, bewerten Chemorezeptoren dessen Verwertbarkeit. Erachtet sie ihr Opfer als schmackhaft, versiegelt sie das klebrige Grab vollständig. Selbst Flüssigkeit kann dann nicht mehr austreten. Kleine Drüsen sondern nun ein Verdauungssekret ab, dessen Amylasen, Esterasen, Phosphatasen, Proteasen, Ribonukleasen und in geringen Mengen auch Chitinasen den gefangenen Gliederfüßer bis auf Molekülebene zersetzen. Nach zehn Tagen ist das Festmahl vorbei. Nur unverdauliche Reste wie Beine und Chitinpanzer bleiben übrig und fallen zu Boden, sobald sich die Fangblätter erneut öffnen und aufrichten. Das Massengrab zu Füßen der Venusfliegenfalle wächst.  Diesen Beitrag weiterlesen »

Wie man den eigenen Körper überlistet

7. Februar 2024 von Laborjournal

Ihr nächster Vortrag kommt bestimmt – sei es auf einer Konferenz, vor einem DFG-Panel oder vor einem Bewerbungskomitee. Inhaltlich sind Sie natürlich exzellent vorbereitet. Jetzt fehlt nur noch das richtige Mindset – selbstbewusst, überzeugend und zuversichtlich.

Unsere Empfehlung: Ab mit Ihnen aufs nächstbeste WC, Beine schulterbreit stellen, Arme in die Hüfte stützen – und genau so für zwei Minuten verharren. Denn diese Wonder-Woman-Pose bewirkt Magisches. Ihr Hypothalamus stimuliert Ihre Hypophyse, die wiederum Ihren Hoden oder Eierstockfollikeln – je nachdem, was Sie persönlich präferieren – signalisiert, das Dominanz-Hormon Testosteron ins Blut auszuschütten. Gleichzeitig inhibiert Ihre Hypophyse Ihre Nebennierenrinden und die Konzentration des Stresshormons Cortisol in Ihrem Blut sinkt. Das Resultat: Dank des hormonellen Jungbrunnens fühlen Sie sich nicht nur relaxt, sondern überlegen. Das DFG-Komitee soll Ihre Arbeit ruhig kritisieren. Ihrer Ausstrahlung wird es nicht lange widerstehen können.

Psychofirlefanz erwidern Sie? Tatsächlich hat Power Posing kleine, aber statistisch signifikante Konsequenzen: Es beeinflusst die Herzfrequenz (Acta Psychol. doi.org/ggrjq5), kann Angstzustände verringern (PLoS One. doi.org/f46p) und die Erfolgschancen in Jobinterviews erhöhen (J. Appl. Psychol. doi.org/f7j7xs).

Übrigens können Sie Power Posing auch an jeglichem Ort in der Öffentlichkeit betreiben. Wir empfehlen dennoch einen gewissen Sichtschutz. Verstörte Blicke aus Ihrer Umgebung könnten die Botenstoffmagie Ihres Blutes drosseln.

Das ist jedoch nur ein Beispiel, wie leicht sich unser Körper überlisten lässt.  Diesen Beitrag weiterlesen »

Der Eppi-Flüsterer

31. Januar 2024 von Laborjournal

Das mit den jüngsten Forderungen nach mehr Kommunikation vonseiten der Wissenschaftler hat Forscher Ernst offenbar nicht ganz richtig verstanden …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

 

Tomatensaft ist nicht nur Geschmackssache

17. Januar 2024 von Laborjournal

Tomatensaft ist nicht jedermanns Sache. Zwar stellt allein Deutschland jährlich rund 22 Millionen Liter des Gebräus her. Doch sein muffiges Aroma versagt dem Nacht­schatten-Elixier einen Platz in der Haute Cuisine. Mit einem simplen Trick lässt sich das tomatige Geschmackserlebnis indes aufwerten: Begeben Sie sich einfach auf mehrere tausend Meter Höhe. Über den Wolken werden Sie seinen fruchtigen Duft und süß-frischen Geschmack loben. Erdige und giftige Untertöne sind dort verflogen. So schenkt alleine die Lufthansa an Bord ihrer Maschinen jährlich etwa zwei Millionen Liter Tomatenjuice aus. So viel wie Bier!

Wie kann verflüssigte Tomatengrütze dem Zauber des Hopfentropfens den Thron streitig machen? Mit einem fiesen Trick: Auf einer Reise-Flughöhe von zehn bis zwölf Kilometern herrscht in der Kabine ein Unterdruck, der den Atmosphärenbedingungen zwei Kilometer über dem Meeresspiegel entspricht. Ihr Blut enthält dort etwas weniger Sauerstoff, was die Empfindlichkeit Ihrer Geruchs- und Geschmacksrezeptoren beeinträchtigt. Außerdem halten Fluggesellschaften die Luftfeuchtigkeit in der Kabine bei 10 bis 15 Prozent, was Nase und Mund austrocknet und Ihre Chemosensorik weiter leiden lässt. Auch die audiovisuelle Grundbelastung in den Kabinen von Luftfahrzeugen beeinflusst übrigens die Wahrnehmung von Reizen (J. Exp. Psychol. Hum. Percept. Perform., doi.org/gmbp88).

Als Folge erhöhen sich Ihre Wahrnehmungsschwellen für Geruchs- und Geschmacksstoffe – und das nicht unerheblich. Beispielsweise erkennt der menschliche Gaumen Ethylbutanoat – einen der wichtigsten Geschmacksträger in Ananas- und Orangensaft – unter Normaldruck bei 0,5 Mikrogramm pro Liter. Bei Unterdruck steigt die Detektionsgrenze jedoch auf bis zu fünf Mikrogramm pro Liter. Die Konsequenz: Süße und salzige Speisen schmecken bis zu 30 Prozent weniger intensiv und müssen stärker gewürzt werden, um hoch oben nicht als fad zu gelten. Im Gegensatz dazu bleiben Säuren und Bitterstoffe vom Luftdruck unbeeindruckt. Entsprechend empfinden Sie herkömmlichen Kaffee als bitter, Riesling als sauer. Auch fruchtige und kräftige Umami-Aromen bleiben in der Wahrnehmung stabil.

Dem auf Meereshöhe höchstens als Bloody Mary erträglichen Tomatensaft gereicht all das zum Vorteil: Das muffige Reformhaus-Getränk avanciert zur fruchtig-frischen Gaumenfreude (Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Jahresbericht 2010). Als es die US-Fluggesellschaft United Airlines im Mai 2018 wagte, Tomatensaft nur noch auf Langstreckenflügen anzubieten, entpuppte sich das als PR-Desaster. Kunden drohten, erst wieder ein United-Flugzeug zu betreten, wenn ihr lieb gewonnenes Tomatensaft-im-Flugzeug-Ritual wieder im Getränkeangebot steht. Umgehend ruderte die Fluglinie zurück:

You say tomato. We say, we hear you. Tomato juice is here to stay.

Henrik Müller

 

(Der Text erschien in leicht anderer Form als Editorial unseres letzten Laborjournal-NEWSLETTERS. Wer den NEWSLETTER samt solcher Editorials regelmäßig alle zwei Wochen per E-Mail zugeschickt bekommen möchte, klicke sich bitte hier entlang!)

 

Projekt-Leckerschmecker

21. Dezember 2023 von Laborjournal

Manchmal ergibt sich die Art der Weihnachtsfeier schon durch das angeschaffte Projektmaterial wie von selbst …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

Die Laborjournal-Redaktion
wünscht allen Leserinnen und Lesern
eine entspannte Weihnachtszeit
sowie einen anregenden Start in ein
erfolgreiches und gesundes neues Jahr!

 

„Gegessen wird, was auf den Tisch …“

29. November 2023 von Laborjournal

Sicher findet sich nicht regelmäßig ein Becher voll wimmelnder Maden auf Ihrem Frühstückstisch. Klar, schon die Vorstellung hunderter milchiger Larvenkörper, wie sie auf dem Frühstücksteller in alle Richtungen krabbeln und auf Verwesung erpicht sind, regt nicht jedermanns Appetit an.

Aber warum eigentlich nicht?

Zum einen muss Frühstück natürlich tot sein. Es darf sich nicht allzu sehr bewegen – zumindest nicht aus eigener Kraft – und darf den Essenden weder anspringen (* mehr dazu weiter unten) noch vor dem Frühstücksmesser flüchten. Zum anderen entsprechen Maden ohnehin nicht unseren Essgewohnheiten.

Anderswo gelten sie als Delikatesse. In Salzwasser gekocht, in Mehl gewälzt und anschließend frittiert schmecken sie leicht süßlich und sind saftig weich – ein bisschen wie Pudding.  Diesen Beitrag weiterlesen »

Auch Schneemänner sind Hanna

15. November 2023 von Laborjournal

Egal, was er macht – um das Thema „#IchBinHanna“ kommt unser Forscher Ernst nicht herum …

 

(Gezeichnet von Rafael Florés. Über 200 weitere Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)