Spitzenmediziner schaffen ein Paper pro Woche !?

21. Juli 2017 von Laborjournal

Wieder einmal hat jemand die Veröffentlichungsfrequenz von gewissen „Superstars“ der medizinischen Forschung geprüft. Die Autoren heißen Martin Schmidt, Benedikt Fecher und Christian Kobsda — und ihre Ergebnisse veröffentlichen sie unter anderem in ihrem Blog „Elephant In The Lab“. In dem Beitrag „Doctor coauthor“ etwa schreiben sie:

The 20 highest performing authors in Medicine published more than 7700 articles in seven years.

Genauer gesagt, sind es 7.741 Artikel, die die zwanzig „Über-Autoren“ in den sieben Jahren veröffentlicht haben. Und dies wiederum heißt, dass jeder einzelne von ihnen im Schnitt sieben Jahre lang alle 6,6 Tage ein Paper gezeichnet hat — jedenfalls wenn man unberücksichtigt lässt, dass womöglich zwei oder mehr von ihnen bisweilen auf ein und demselben Paper auftauchen.

Wie auch immer: Uns erinnerte das Ganze sofort daran, dass wir für die medizinischen Fächer solche Rechnungen ja schon mehrmals selber durchgeführt haben. Zuletzt hatten wir das Thema hier im Blog 2014 unter dem Titel „Jede Woche ein Paper — Geht das?“ zusammengefasst. Und wie der Titel schon sagt, kamen wir seit 2002 punktuell immer wieder zu ähnlichen „Spitzenwerten“ wie jetzt Schmidt, Fecher und Kobsda.

Damals schlossen wir den Beitrag mit folgender Frage ans Publikum:

Wer kann uns erklären, wie es jemand schafft, unter Einhaltung aller Kriterien für eine saubere Autorenschaft etwa jede Woche ein frisches Forschungs-Paper zu zeichnen? Oder umgekehrt: Wer kann uns erklären, warum das wahrscheinlich beim besten Willen nicht möglich sein kann?

Geantwortet hat damals leider keiner. Also stellen wir die Frage hiermit nochmals neu…

Ralf Neumann

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8 Gedanken zu „Spitzenmediziner schaffen ein Paper pro Woche !?“

  1. Kommentar via Twitter sagt:

    Man hat viele Mitarbeiter, die die eigentliche Arbeit machen, und setzt dann nur noch seinen "berühmten" Namen drauf?— Carina (@EosinY) 21. Juli 2017

  2. Kommentar via Twitter sagt:

    Komisch, komisch… Und das wahrscheinlich noch neben ihren klinischen Aufgaben… Bewundernswert. https://t.co/r3Ajpzvb0O— Markus (@MarKnust) July 27, 2017

  3. Eigentlich nur einer von zwei Faktoren 1) ein sehr einfaches Thema 2) Ehrenautorenschaften. Anders geht es kaum.

    Leicht zu überprüfen: man fragt die Autoren, was sie in einem zufällig ausgesuchten Paper geschrieben haben. Wissen sie es, ist es 1, wissen sie es nicht, ist es 2 🙂

  4. Kommentar via Twitter sagt:

    Zu @brembs ist eigentlich nur zu ergänzen: Viele Mitarbeiter und eine Methode, die man gut zur Kollaboration nutzen kann (Z.B. Mass spec).— Enes Glück (@MrGlueck) July 27, 2017

  5. Kommentar via Twitter sagt:

    Z.B. rotierende Ehrenautorenschaften bzw. «Zitatautorenschaften» u zweitens: Etappen von Versuchsreihen werden jeweils als Paper vermarktet— Sonja Samuda (@bab_ia) July 27, 2017

  6. Kommentar via Twitter sagt:

    Antwort an Björn Brembs (@brembs):

    ….oder 3) das gleiche Thema/gleiche Daten, nur anders "aufgekocht". Wie in manchen Proceedings.— Alexⓐnder Grossmann (@SciPubLab) July 28, 2017

  7. D.S. sagt:

    Seien wir doch ehrlich, diese massenhaften Publikationen rühren zu 99% auf Ehrenautorenschaften. Die Leute die so viel publizieren, sind meistens Direktoren von großen Instituten. Jeder Arbeitsgruppenleiter nimmt dann den Chef mit drauf, alleine schon um zu zeigen was man erreicht hat bzw. auch um bessere Chancen bei der Geldervergabe zu haben.
    Bei den Medizinern verschärft sich diese Lage noch dadurch, dass viele Publikationen halt Casereports, Ergebnisse von Studien etc. sind, wo man oft halt nicht Jahre für im Labor stehen muss. Ist man dann noch Klinikdirektor einer großen Uniklinik, dann bekommt man von jedem Arzt die Publikation zugeschanzt, jeder will ja vielleicht mal die Möglichkeit haben Oberarzt zu werden oder die Möglichkeit seinen Facharzt machen zu dürfen etc. etc.
    Letztendlich geht es nur um Gelder, Macht und Ruhm.

  8. AR Wallace sagt:

    Meine Schwester ist eine forschungsmässig sehr erfolgreiche Medizinerin.
    Was sie mir übers Publizieren erzählt, ist haarsträubend: Autorenschaftskartelle (ich auf deinem Paper, du auf meinem, natürlich ohne tatsächliche Arbeit); solange verschiedene statistische Tests durchprobieren, bis einer passt; Seniorenautoren haben oft nicht den geringsten Plan vom Paper, etc.

    Bei uns in der Molekularbiologie ist beim Publizieren auch nicht immer alles zum Besten bestellt, aber in der Medizin scheint es einfach nur noch absurd.

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