Mein Gel soll schöner werden…

7. Januar 2014 von Laborjournal

Warum sollte folgende Abbildung bei jedem Reviewer starkes Magengrummeln erzeugen?

Klar, oder? Die Spuren 5-7 sind ganz offensichtlich einzeln in das Gel mit den Spuren 1-4 hinein kopiert. Deutlich sind die schnurgeraden „Schnittkanten“ zwischen den Spuren zu erkennen. Zu lesen ist darüber in dem betreffenden Paper nichts — die Abbildung wird also als Ergebnis ein und desselben Experiments verkauft. Dies wiederum muss ja auch so sein, schließlich soll die gesamte Abbildung die Zeitabhängigkeit (0-24 h) des Bindeverhaltens zweier Bindepartner samt Kontrollen darstellen. Und die kann man quantitativ nur in ein und demselben Experiment zuverlässig bestimmen.

Was also ist hier vorgegangen?

Bereits vor einiger Zeit berichteten wir über die Unsitte, „Flickschuster-Gele“ in Veröffentlichungen zu präsentieren. Damit ist gemeint, nach Belieben Banden aus den Gelen mehrerer Versuche im Computer zu einem Gel zusammen zu kopieren — und das Resultat, aus welchen Gründen auch immer, im Paper als das Ergebnis eines Versuchs zu verkaufen.

Solches „Gel Cropping“ ist jedoch nur unter ganz bestimmten Bedingungen und mit deutlicher Kennzeichnung erlaubt. Nature zum Beispiel stellt dazu in seinen “Policies” klar:

In such cases, the cropping must be mentioned in the figure legend and the supplementary information should include full-length gels and blots wherever possible. These uncropped images should be labeled as in the main text and placed in a single supplementary figure. The manuscript’s figure legends should state that “full-length blots/gels are presented in Supplementary Figure X.

Quantitative comparisons between samples on different gels/blots are discouraged; if this is unavoidable, the figure legend must state that the samples derive from the same experiment and that gels/blots were processed in parallel. Vertically sliced images that juxtapose lanes that were non-adjacent in the gel must have a clear separation or a black line delineating the boundary between the gels. Loading controls must be run on the same blot.

Die obige Abbildung „B“ wäre nach diesen Kriterien also klar durchgefallen.

Jetzt stammt die obige Abbildung indes aus einem Paper in Cardiovascular Research — konkret aus Figure 3 im Artikel „Protection of vascular cells from oxidative stress by proteasome inhibition depends on Nrf2“ (Cardiovasc. Res. 2010 Jan 15;85(2):395-403). Als Autoren zeichneten „Dreger H, Westphal K, Wilck N, Baumann G, Stangl V, Stangl K und Meiners S“ von der Medizinischen Klinik für Kardiologie und Angiologie der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Cardiovascular Research schreibt in seinen “Instructions to Authors”:

Image manipulation

Authors should aim to reduce post-acquisition processing of data to a minimum. Figures provided in the manuscript should reflect the original pictures, it is therefore not allowed to selectively remove, introduce or enhance specific features from an image, including backgrounds. Linear adjustment of contrast, brightness or color is only acceptable if applied equally to the entire image. Non-linear adjustments must be clearly stated in the figure legend. Splicing and pasting of gels (in the case of DNA/RNA gels or Western blotting) is not recommended. If necessary, the boundary between the pieces should be clearly indicated by dividing lines. Loading controls must be shown and should be derived from the same blot or justification should be provided. Authors must be prepared to submit the original picture files from which the submitted figures were derived, if requested during the review process.

Nicht ganz so streng formuliert wie bei Nature, aber auch hier hätte die obige Abbildung eigentlich durchfallen müssen.

In dem erwähnten früheren Beitrag zum gleichen Thema schrieben wir seinerzeit  an dieser Stelle:

Und es kostet kaum Mühe, noch weitere Beispiele für solche “Flickschustereien” aufzutreiben. Der beunruhigende Eindruck, der sich daher aufdrängt: Den allermeisten Autoren scheint gar nicht klar, dass sie mit solchen Manövern mitten in die Grauzone zwischen schlampiger Bequemlichkeit und ernsthaftem Fehlverhalten rutschen.

Die obige „Figure 3B“ bestätigt diesen Eindruck nochmals nachhaltig.

(Auf die offensichtlich unzulässig zusammengeschusterte „Figure 3B“ machte uns übrigens Clare Francis aufmerksam. Wie auch auf einige Dutzend weitere…)

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2 Gedanken zu „Mein Gel soll schöner werden…“

  1. david hardman sagt:

    Eine andere S Meiners Publikation.

    https://pubpeer.com/publications/12676932

  2. Michael sagt:

    So ein Mist. Warum mache ich mir immer soviel Mühe alle relevanten Proben auf ein Gel zu bekommen? Manchmal wundere ich mich schon, was so durchgeht. Und ich frage mich ernsthaft, ob sich wirkliche Fälscher (ich unterstelle jetzt mal keine weiteren Manipulationen) sich Sorgen machen müssen, aufzufliegen.

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