Ungewöhnliche Abbildungen in Forschungsartikeln hatten wir gerade erst als Thema in diesem Blog. Was aber ist mit Poesie in Forschungsblättern? Schon klar, dafür sind sie nicht da. Dennoch aber hat das Oxford Journal Systematic Biology kürzlich damit angefangen — und frisch das folgende Gedicht „The Tree of Life“ von David R. Maddison, Zoologe an der Oregon State University in Corvallis, veröffentlicht:
The Tree of Life
I think that I shall never see
A thing so awesome as the Tree
That links us all in paths of genes
Down into depths of time unseen;Whose many branches spreading wide
House wondrous creatures of the tide,
Ocean deep and mountain tall,
Darkened cave and waterfall.Among the branches we may find
Creatures there of every kind,
From microbe small to redwood vast,
From fungus slow to cheetah fast.As glaciers move, strikes asteroid
A branch may vanish in the void:
At Permian’s end and Tertiary’s door,
The Tree was shaken to its core.The leaves that fall are trapped in time
Beneath cold sheets of sand and lime;
But new leaves sprout as mountains rise,
Breathing life anew ‘neath future skies.On one branch the leaves burst forth:
A jointed limb of firework growth.
With inordinate fondness for splitting lines,
Armored beetles formed myriad kinds.Wandering there among the leaves,
In awe of variants Time conceived,
We ponder the shape of branching fates,
And elusive origins of their traits.Three billion years the Tree has grown
From replicators’ first seed sown
To branches rich with progeny:
The wonder of phylogeny.
Wenn David Madison nicht dichtet, koordiniert er unter anderem das weltweite Tree Of Life web project.
Aber abgesehen davon: Gibt es noch mehr Beispiele für Poesie in Forschungsblättern? Und wie geht es inzwischen eigentlich P.H. Metrius?
Schlagworte: Gedicht, Journals, Poesie, Stammbaum, Systematik, Tree of Life
Zwar nicht in einem offiziellen Journal, aber auf seinem Blog it is NOT junk veröffentlichte Michael Eisen, Molekularbiologe an der University of California, Berkeley, und Mitbegründer des Open Access-Verlags Public Library of Science (PLoS), gerade das folgende Gedicht:
Interessant: Eisen „übersetzte“ hiermit den letzten Absatz von Darwins „Origin of Species, den er sowieso für „the most poetic thing ever written about nature“ hält, in Versform. Hier Darwins Original:
Zum Thema „Wenn Forscher die Muse küsst“ fällt mir immer das grossartige Gedicht des Evolutionsbiologen und Exzentrikers JBS Haldane ein, geschrieben 1964 nachdem er mit Darmkrebs diagnostiziert wurde:
Mittlerweile gibt es doch eine durchaus satttliche Zahl von Forschern, die einen eigenen Blog betreiben (wenn auch insbesondere in UK und den USA — siehe auch Kommentar 1). Und da können die Betreffenden ihren poetischen Talenten natürlich freien Lauf lassen. Ken Weiss beispielsweise ist Professor für Anthropologie und Genetik an der Penn State University sowie gleichsam ein Drittel des lesenswerten Blogs „the mermaid’s tale“. Und dort veröffentlichte er gerade folgende, ganz eigene Adaption des Gedichts „‚Twas the night before Christmas“ von Clement Clarke Moore aus dem Jahr 1823:
Bei diesen Zeilen, behauen mit Beilen und vollendet mit Feilen, will ich nun verweilen.