Zum Verwechseln verschieden

22. November 2012 von Laborjournal

Sehr schönes, neues Beispiel für konvergente Evolution:

Bislang dachten selbst die Spezialisten, dass sämtliche sogenannte Schnabelkopf-Seeschlangen ein und derselben Art angehören. Australische Forscher um Bryan Fry von der University of Queensland verglichen jetzt die DNA einheimischer Schnabelkopf-Seeschlangen mit derjenigen ihrer vermeintlichen Artgenossen aus Asien. Am Ende stellten sie fest: Von wegen Artgenossen — beide sind nur entfernt miteinander verwandt (Mol. Phylogenet. Evol., publ. online 5 Oct.).

Den Grund, warum sich beide derart zum Verwechseln ähnlich sind, sehen die Forscher in ihrer speziellen, nahezu deckungsgleichen Lebensweise in den Gebieten seichter, schlickhaltiger Flussmündungen. Die quasi identischen Herausforderungen ihrer Umwelt hätten dafür gesorgt, dass die Vorfahren beider Spezies ihre jeweilige Evolution zwar unabhängig voneinander durchliefen, beide aber dennoch bislang zum gleichen Ergebnis gekommen sind.

Eine Erkenntnis nicht ohne praktische Bedeutung. Schließlich sind die Schnabelkopf-Seeschlangen mit ihrem tödlichen Gift für die Mehrzahl der Todesfälle und Verletzungen durch Schlangenbisse in ihrem Verbreitungsgebiet verantwortlich. Das einzige Antiserum wird seither aus dem Gift der asiatischen Schlange hergestellt und im festen Glauben um die Artidentität auch bei Bissen der australischen Schlangen eingesetzt. Glücklicherweise vollzog sich die Evolution der beiden Schlangenspezies jedoch so sehr konvergent, dass auch deren auf Beutefische optimierten Gifte sehr ähnlich zusammengesetzt sind. Was wiederum dafür gesorgt hat, dass das „asiatische“ Antiserum letztlich auch gegen „australische“ Bisse wirkt.

Die asiatische Schnabelkopf-Seeschlange wird übrigens den einstmals gemeinsamen Namen Enhydrina schistosa behalten. Die australische Schlange wird künftig als Enhydrina zweifeli geführt. Die Beiden gehören also wenigstens weiterhin zur selben Gattung.

 

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2 Gedanken zu „Zum Verwechseln verschieden“

  1. BadBoyBoogie sagt:

    Wieso nimmt man nicht mal sowas in die Schulbücher im Evo-Kapitel auf anstelle der verrußten Birkenspanner und Galapagos-Finken und – klar: den Maulwurfsgrillen? Oder besser: zusätzlich. Mich haben aktuelle Forschungsergebnisse als Schüler und auch als Student immer viel stärker beeindruckt als das olle verstaubte Mittelalterzeugs (inzwischen schlägt mein Pendel witzigerweise in die andere Richtung aus).

  2. klebefolie sagt:

    Interessanter Artikel. Vielen dank für die Informationen, habe einiges aus dem Artikel gelernt. Mit Schlangen befreunde ich mich nicht an.

    Gruß Anna

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