Es hatte bereits im Juli diesen Jahres „gesessen“: Damals setzten sich fünf Wissenschaftler im Foyer des Berliner Ensembles aufs Podium und wetterten gegen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), was das Zeug hielt. Die Süddeutsche Zeitung fasste die „Attacke der Wut-Wissenschaftler“ damals zusammen:
Glaubt man den Anwürfen der Fünf, ist sie [die DFG] zu einem bürokratischen Monstrum verkommen, das unkontrolliert, nach Regeln, aber im rechtsfreien Raum agiert, in erster Linie die Interessen der Apparatschiks im Auge hat und die vom Grundgesetz geschützte Autonomie der Forschung gefährdet.
Jetzt hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zweien der Fünf Gelegenheit zum Nachsetzen gegeben. Sie bat den Heidelberger Germanisten Roland Reuß und den Münchner Juristen Volker Rieble ihre Argumente nochmals aufzuschreiben, „um in dieser Frage eine umfassende Diskussion zu ermöglichen“.
Gesagt, getan. Und so findet der geneigte Leser nun im FAZ-Text eine saubere Auflistung nicht gerade angenehmer Vorwürfe, was aus der DFG geworden ist und wie sie heute agiert. Hier nur eine durchaus aussagekräftige Auswahl im Text verwendeter Schlagworte:
- Fehlende Transparenz
- Externe Kontrolle nicht existent und nicht erwünscht
- Undemokratische Strukturen
- Behördenähnliche Züge mit von Eigeninteressen gelenktem Funktionärsdenken
- Sebstbedienung und Kungeleien
- Zentraler Drittmittelmonopolist
- Reglementierung von Argumentationsstrukturen und Denkmustern
- Selbstermächtigte Macht- und Kompetenzausweitung
- Bedrohung der Wissenschaftsfreiheit
- Fehlende Aufdeckungs- und Strafmoral
Klar, dass die DFG dazu umgehend Stellung nimmt. Erstaunlich jedoch, wie dünn diese ausfällt und wie wenig sie auf die durchaus diskussionswürdigen Punkte eingeht. (Immerhin reagierte sie damals etwas „gehaltvoller“ auf die Berichterstattung über die oben erwähnte Podiumsdiskussion.)
Zumal die Vorwürfe keineswegs neu sind und auch uns gegenüber immer wieder von Forschern geäußert werden. Wie oft hieß es schon im Recherchegespräch sinngemäß: „Wenn die DFG meinen Namen in diesem Zusammenhang liest, kann ich anfangen auf meine Taxi-Lizenz zu lernen.“ Und als erklärenden Zusatz: „Probieren Sie mal in Deutschland eine biomedizinische Forscherkarriere ohne die DFG zu machen.“ Die Angst vor dem „monopolistischen Herrscher über Deutschlands Drittmittel“ haben wir folglich vielfach als sehr real erlebt.
Andererseits gab es aber auch immer wieder Wissenschaftler, die die DFG klar in Schutz nahmen. „Verglichen mit analogen Institutionen in anderen Forschungsnationen ist die DFG geradezu Gold wert“, hieß es etwa einmal. Wobei der Betreffende zwar selbst im DFG-Hauptausschuss saß, aber dennoch über reiche Erfahrung mit Drittmittelförderern in anderen Ländern verfügte.
Die „Wahrheit“ wird also wieder mal irgendwo in der Mitte liegen. Und die Diskussion darüber ist damit hoffentlich tatsächlich eröffnet. Gerne auch hier.
Schlagworte: DFG, Drittmittel, Förderung, Strukturen, Wissenschaftsfreiheit
Heute kam die ausführliche inhaltliche Stellungnahme der DFG zu den Vorwürfen der FAZ-Autoren. Die Pressemitteilung im Wortlaut, mit Link zur 15-seitigen Stellungnahme (ganz unten):