Es kann einem schon angst und bange werden, wenn man sich anschaut, was die japanische Seite http://blog.m3.com/Retraction derzeit an offensichtlich manipulierten Paper-Abbildungen aufdeckt. Beinahe täglich (ja, wirklich!) stöbern deren Autoren „dubiose Machenschaften“ wie diese auf:
Auch ohne japanische Schrift lesen zu können, müsste klar sein, wie die Autoren hier ihre Abbildung frisiert haben — oder?
Anderes Beispiel:
Auch klar, oder?
Und weil’s gerade so schön ist,…:
Wie man dagegen Gelabschnitte tarnen und für eine andere Publikation in völlig neuem Zusammenhang wiederverwenden kann, zeigt durchaus eindrucksvoll dieses Beispiel:
Das waren jetzt nur vier der eingängigsten Beispiele aus den zahlreichen Einträgen der letzten zwei Monate. Wer sich noch mehr und teilweise noch ausgefuchsteres „Photoshopping“ von Abbildungen anschauen möchte, wird mit der japanischen Seite (leider) auf seine Kosten kommen — auch wenn er kein Japanisch kann.
Die Referenzen der vier hier vorgestellten Beispiele haben wir übrigens erstmal verschwiegen, da die „Fälle“ zum Teil schon offiziell untersucht werden (die Japaner haben sie natürlich dabei). Dennoch sei hier schon verraten, dass nicht gerade die hinterletzten Zeitschriften betroffen sind. Vielmehr stammen die vier Beispiele aus Nature, Cancer Research, Journal of Immunology und Experimental Eye Research. Weitere, hier nicht gezeigte Beispiele auf der japanischen Seite stammen aus Cell, Science, Nature Immunology und anderen „Hochkarätern“.
Angesichts der unbeantworteten Frage, wieviel Fälschung wohl tatsächlich in der wissenschaftlichen Literatur steckt, müssen einen diese Offenbarungen schlichtweg beunruhigen. Vor allem die Dreistigkeit, mit der offenbar öfter als einem lieb ist Abbildungen zerschnitten, gedehnt, gestaucht, rotiert und neu zusammengesetzt werden, lässt einem bisweilen die Spucke im Mund gefrieren.
Wen die obigen Beispiele jetzt allerdings womöglich selbst zum Datenfrisieren animieren — dem kann man immerhin entgegenhalten: Vorsicht, es gibt da ein paar fleißige und clevere Japaner, die so manchem Paper sehr genau auf die Finger schauen. Und sie sind nicht … die … einzigen!
Schlagworte: Datenfälschung, Japan, Journals, Paper, Photoshop, Publikationsethik
was ich noch nicht verstanden habe: gerade bei gelbildern kann man ja auch eine probe zweimal auftragen. also wieso stellen sich die betrüger so dumm an?
was zur nächsten frage führt – wie oft kommt es vor dass leute sich nicht dumm anstellen und deshalb veröffentlicht werden?
Die zweite Frage ist genau die, die (und der) sich Deutschlands Wissenschaftsgremien endlich mal stellen sollten. Aber derlei Betrug findet halt ausschließlich in Japan und anderswo statt – und falls doch mal in D, sind’s absolute Einzelfälle. Wussten Sie das nicht?
Eine der vorgestellten frisierten Abbildungen stammt tatsächlich aus einem „deutschen“ Paper – und der „Fall“ wird auch bereits untersucht (mehr darüber demnächst im gedruckten Laborjournal).
Grundsätzlich jedoch muss man sagen, dass der Schwarze Peter nicht nur den Wissenschaftsgremien zukommt, sondern oft vielmehr noch den betreffenden Journals. Oft werden die zuerst wegen Fälschungsverdacht kontaktiert – und tun nicht viel bis gar nix. Was dann natürlich auch den arbeitgebenden Institutionen der inkriminierten Forscher die Hände bindet.
Beim letzten Satz möchte ich meinem Kollegen Neumann widersprechen: Die eine Sache ist in der Tat die, dass ein Journaleditor im Falle einer offensichtlichen Manipulation nichts unternimmt.
Eine ganz andere ist es jedoch, wenn die Arbeit- bzw. Geld gebenden Institutionen (die Uni, die DFG, etc.) EBENFALLS nichts unternehmen. Denn wieso sollte eine Untersuchung oder eine Sanktion von der erfolgten oder unterlassenen Reaktion eines Journals abhängen – vor allem, wenn nachweislich betrogen wurde? (was sich anhand der Laborbücher doch meist eindeutig nachweisen lässt)
Ein Vergleich mit dem „echten“ Leben ist dabei aufschlussreich: Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue sind in Deutschland grundsätzlich Offizialdelikte – das bedeutet, sie werden stets von Amts wegen verfolgt.
In der Wissenschaft ist dies anders. Ich frage mich, warum?
Ich habe einige Fälle erlebt, bei denen die Journals die Originaldaten angefordert haben, um auf welche Art auch immer eine mögliche Datenfälschung zu prüfen. Schließlich muss ja auch das Journal im positiven Fall das entsprechende Paper zurückziehen (die Institutionen können nicht, die Autoren wollen nicht). Tja, und da verstaubten die Originaldaten dann – und die, die auch hätten prüfen wollen, wie etwa die arbeitgebende Institution, hatten einfach nix zum Prüfen.
Meiner Meinung nach ist das lediglich eine billige Ausrede dieser Institutionen. Ich gebe als Uni etc. doch keine Originale aus der Hand, ohne mir vorher Kopien zu machen (zumindest von den Seiten, die zur Diskussion stehen). Da braucht das Zeug nicht mal hinterher bei einem Journal verstauben – was, wenn schon beim Versand der Daten/Laborbücher die Post schludert und die Daten verloren gehen? Kopien sorgen dem vor.
Und zweitens sind heutzutage doch sehr viele Daten bereits digital – und davon lassen sich noch viel einfacher 1:1 Kopien anfertigen. Insofern kann ich den Institutionen, die derartige „Erklärungen“ als Grund einer Nicht-Untersuchung vorschieben, nicht so recht glauben.
Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat mitgelesen — ihr Redakteur Jörg Albrecht verfasste für die letzte Ausgabe:
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 25.09.2011, Nr. 38 / Seite 59
„Die Referenzen der vier hier vorgestellten Beispiele haben wir übrigens erstmal verschwiegen, da die “Fälle” zum Teil schon offiziell untersucht werden.“
Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun?
Uns ging es an dieser Stelle erstmal grundsätzlich um die Methode und um die Dreistigkeit ihrer Anwendung — nicht um „konkrete Fälle“. Die müssen dann schon sorgfältiger untersucht werden, als dass man nur mal schnell Bildchen nebeneinander stellt. Und genau das versuchen nicht nur „offizielle“ Gremien in dem ein oder anderen Fall zu tun — sondern auch wir, wie demnächst in print zu lesen sein wird.
Frisch, heiß und hoch gefeiert „Exogenous plant MIR168a specifically targets mammalian LDLRAP1: evidence of cross-kingdom regulation by microRNA“ ( Cell Reserch impact 10). Wenn man genau hinschaut, WOW! Keine Erratum und keine Retraction.
Doch, jetzt gibt es eine Correction. Und nach dem zugehörigen Nature News-Artikel „Mis-paste: it’s the new typo“ war es wohl tatsächlich ein Versehen beim Zusammenstellen der Abbildungen.