Schön schlicht

7. Juni 2011 von Laborjournal

Bienenkönigin inmitten von Arbeiterinnen: Keine Frage der Gene, sondern des Royalactins

Früher waren „One-Author-Paper“ üblich, heute sind sie eine aussterbende Gattung — gerade in den Life Sciences. Der globale Durchschnitt nähert sich gerade dem Wert von fünf Autoren pro Paper, und Publikationen mit mehr als fünfzig Autoren sind schon lange keine Seltenheit mehr.

Vor kurzem jedoch verirrte sich wieder einmal solch ein seltenes „Ein-Autor-Exemplar“ in Nature (Band 473, 478-83). Und auch in diesem Fall konnte man fast schon ergriffen feststellen, dass es doch noch geht, große Fragen ohne viel Hightech, sondern vielmehr mit verblüffend einfachen Ansätzen zu lösen.

Es ging um die Frage, wie die Bienenkönigin zur Bienenkönigin wird. Diese unterscheidet sich in ihrer Genomsequenz kein bisschen von den Arbeiterinnen ihres Stocks — und wird dennoch so sehr anders. Das Geheimnis ist ihre Ernährung. Drei Tage lang bekommen die frisch geschlüpften Larven einen Kraftmix aus Proteinen, Zucker, Fetten und Vitaminen, den die Arbeiterinnen ordentlich mit eigenen Drüsensekreten aufpeppen. Danach jedoch werden die künftigen Arbeiterinnen auf ein schlichtes Mahl aus Honig, Pollen und Wasser gesetzt, während die angehende Königin weiterhin „Gelee Royal“ schmausen darf. Mit den bekannten Folgen.

Was jedoch ist drin in diesem „Gelee Royal“, dass es ein und dieselben Gene so „königlich“ anders orchestriert? Ein Japaner namens Masaki Kamakura vom Biotechnology Research Center in Toyoma hat das „gewisse Etwas“ nun gefunden. Und das auf recht einfache Weise. Er verwahrte Gelee Royal bei konstanten 40 Grad und prüfte, wie lange dessen „Königin-machendes“ Potential erhalten blieb. Und siehe da, nach dreißig Tagen bei 40 Grad waren die „königlichen“ Eigenschaften des Gelees dahin.

Nachdem Kamakura dies wusste, schaute er sich vor allem mit HPLC (okay, ein bisschen Hightech war dabei) an, wie sich die Zusammensetzung des Gelee Royals bei 40 Grad über die gleiche Zeit änderte. Und da die meisten Gelee-Komponenten schon vorher abgebaut wurden, konnte er nach dreißig Tagen tatsächlich ein prominentes 57kDa-Protein als „Königinnen-Protein“ identifizieren. Witzigerweise hatte er dieses bereits zuvor in anderem Zusammenhang beschrieben und Royalactin genannt.

Die nachfolgenden Tests lieferten dann ein eindeutiges Bild: Royal Gelee ohne Royalactin „machte“ keine Königinnen — und bestimmte Drosophila-Mutanten, denen sowohl Gelee Royal oder Royalactin alleine gefüttert wurde, wurden daraufhin größer und fruchtbarer und lebten länger. Schaltete Kamakura allerdings in den Fliegen den Epidermal Growth Factor-Rezeptor (Egfr) aus, blieb dort der Roaylactin-Effekt aus. Sein Fazit daher: Royalactin wirft das „Königin-Programm“ über den Egfr-Signalweg an.

Wie gesagt: Schön schlicht das Ganze. Vor allem, wenn man es mit einem Paper zum selben Thema von vor einem Jahr vergleicht. Darin hatten sechs Autoren nachgeschaut, welche Gene in den Hirnen von Bienen-Arbeiterinnen und -königinnen unterschiedlich methyliert werden — deren Hirn-Epigenome also. Viel Deep Sequencing, viele Maschinen, viel Rechnereinsatz, alles vom neuesten Stand — aber irgendwie doch mit „schlichterem“ Ergebnis.

 

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