Der Beobachtereffekt — „Traue Deinen Augen nicht!“

15. September 2010 von Laborjournal

Augen können täuschen. Fixiere das Kreuz in der Mitte und die lila Punkte verschwinden.

Jennifer Rohn, Zellbiologin und Romanautorin aus London (siehe auch unser Lab Times-Interview mit ihr), schreibt gerade in ihrem Blog Mind the Gap über den sogenannten ‚observer bias‘ — sprich: über die Tendenz die eigenen Ergebnisse subjektiv in die Richtung zu verzerren, in der man sie haben will.

Ihr eigenes Beispiel dreht sich um die Beurteilung, wieviele Zellen unter dem Mikroskop nach einer gewissen Behandlung Seestern-artige Form annehmen — und wieviel nicht. Rein nach Augenmaß. Nicht leicht. Reichen etwa schon ein, zwei kleine Beulen in der Zelle um sie als positiv zu zählen? Der Drang, soviele Zellen wie möglich als ‚positiv‘ mitzunehmen ist natürlich mächtig. Und kommt der ‚Wirklichkeit‘ womöglich heftig in die Quere.

Der Autor dieser Zeilen hatte mal ein ähnliches ‚Problem‘. Er musste Krümmungswinkel von Reiskeimlingen (auf seitlichen Lichtreiz) messen. Die Keimlinge waren zu diesem Zeitpunkt noch ziemlich klein und man konnte das Lineal leicht ‚ein wenig günstiger‘ ansetzen. Worauf er die Probe auf’s Exempel machte. Er bestimmte die Winkel einer Versuchsreihe selbst und ließ danach einen Kollegen dieselben Pflänzchen nochmals nachmessen. Natürlich bemühte er sich vor diesem Hintergrund ganz besonders objektiv zu messen. Dennoch war der Unterschied erschreckend deutlich: Nach den eigenen Messungen hatten sich die Keimlinge um nahezu 20 Prozent mehr gekrümmt als nach den Werten des Kollegen.

Daraufhin ließ er nur noch den Kollegen seine Pflänzchen durchmessen. Als ‚Gegenleistung‘ verschlüsselte er regelmäßig die Proben des Kollegen vor der entscheidenden Messung (denn auch dieser war von dem Resultat sehr beeindruckt), ordnete danach die Werte den jeweiligen Proben wieder zu und lieferte ihm die entsprechenden Kurven.

Es war ein guter Deal. Beide hatten einfach ein besseres Gefühl mit ihren quasi verblindeten Daten — und ‚machten‘ am Ende gute Paper mit ihnen.

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