Mehr Mut zur Kultur

9. Januar 2015 von Laborjournal

Die Mikrobiologen gelten als einer der Hauptgewinner des explosiven Fortschritts in der Genomsequenzierung. Endlich, so frohlockten viele von ihnen, brauchen wir nicht mehr den lästigen und oftmals erfolglosen Weg über die Kultivierung im Labor gehen, sondern können Mikroorganismen direkt über ihre Genome im Computer studieren — insbesondere da viele von ihnen unter Laborbedingungen offenbar gar nicht kultivierbar sind.

Sicher öffneten die genomischen Methoden mannigfach Tür und Tor zum Studium von Mikroorganismen, die sich bis dato der Untersuchung mit herkömmlichen Methoden widersetzten — vielen kam man gar auf diese Weise überhaupt erst auf die Spur ihrer Existenz. Aber sorgten die neuen Möglichkeiten, auf vergleichsweise schlanke Art Genom- und Metagenom-Daten zu generieren, nicht womöglich auch dafür, dass man sich zu sehr von der Kultivierung und dem Studium der ganzen, lebenden Mikroorganismen abwandte? Lag vor diesem Hintergrund die Versuchung nicht allzu nahe, eine Bakterien- oder Pilzart kurzerhand und vorschnell für nicht-kultivierbar zu erklären — nur weil sie nicht umgehend auf der Platte wuchsen und man sie ja ohnedies auch „genomisch“ studieren konnte?  Diesen Beitrag weiterlesen »

Rattenqualle

26. Juli 2012 von Laborjournal

Ein Kind würde womöglich fragen: Lebt das?

Nein, tut es nicht! Was sich hier durch’s Wasser pumpt, sieht aus wie eine Qualle, funktioniert wie eine Qualle — ist genetisch aber eine Ratte, jedenfalls zum Teil. Genauer gesagt sind es Ratten-Herzmuskelzellen, die Caltech-Grad Student Janna Nawroth im Labor von Kit Parker derart über einen achtstrahligen Silikonschirm wachsen ließ, dass die gesamte Struktur am Ende den Körper einer jungen Ohrenqualle imitierte. „Medusoid“ nannten die Bio-Ingenieure das Ganze passend.

Und tatsächlich — jagten Nawroth und Co. Stromstöße von etwa 5 V durch die Flüssigkeit, zogen sich die Muskeln wie geplant zusammen und komprimierten den Medusoid, so dass er sich Quallen-gleich vorwärts pumpte. Diesen Beitrag weiterlesen »