Zur Filterkraft von Literatur-Datenbanken

24. Januar 2024 von Laborjournal

Raub-Verlage (Predatory Publishers), gekaperte Zeitschriften (Hijacked Journals), Papiermühlen (Paper Mills), Citation Delivery Vehicles, … – schon oft berichteten wir, wie immer mehr „Unternehmen“ mit diesen und anderen windigen Manövern Profit aus den Zwängen und Nöten des wissenschaftlichen Publikationssystems schlagen. Siehe etwa hierhierhier
oder hier. Die Folge davon: Der Anteil an Publikationen von zumindest zweifelhafter Qualität, die diese Machenschaften in den Scientific Record spülen, schwillt immer stärker an.

Könnten die einschlägigen Literatur-Datenbanken für wissenschaftliche Publikationen hier nicht als Filter fungieren?

Ein internationales Autoren-Quartett hat in diesem Sinne Clarivate’s Web of Science und Google Scholar zumindest hinsichtlich eines Teilaspekts stichprobenartig  verglichen: Wie viele Zitierungen listen beide in ihren Datenbanken, die zu gekaperten Zeitschriften (Hijacked Journals) führen? (Equilibrium. Quarterly Journal of Economics and Economic Policy 18: No. 4).

Dazu halten die Vier zunächst einmal fest:  Diesen Beitrag weiterlesen »

Schriftsteller-Bingo im Fake-Journal

4. Januar 2023 von Laborjournal

Auf den ersten Blick kann es scheinen, dass dem British Journal of Research Sensationelles gelungen ist. Jedenfalls wenn man erstmal nur die Autoren wahrnimmt, die in dessen Nummer 9 vom 28. September des letzten Jahres schrieben: Charlotte Brontë, Hermann Hesse, Rainer Maria Rilke, Walt Whitman und William Faulkner. Hat die Zeitschrift womöglich bis dato verschollene Manuskripte dieser Giganten der Weltliteratur veröffentlichen dürfen?

Mitnichten!

Gleich beim zweiten Blick wird klar: Wir haben ein ganz besonders skurriles Fake-Journal aufgeschlagen. Da schreibt etwa der Literatur-Nobelpreisträger Hermann Hesse ein „Opinion Piece“ mit dem Titel Execution of the Qa Instrument to Decide the Recurrence of Radiographic Mistakes on Sidelong Radiographs. Unter der Dienstadresse „Department of Basic Sciences, University of Cologne, Germany“. Und via Mail erreichbar sei Herr Hesse unter Herman46@gmail.com.

Ja, sicher!

 

Rainer Maria Rilke schrieb 1902 über den Panther,
aber 2022 über Boden-Mikroben …?

 

Ähnlich sieht es beim Lyriker Rainer Maria Rilke aus. Zwar lobte ihn vor 120 Jahren der große Zoologe Jakob Johann von Uexkül auch fachlich für sein berühmtes Gedicht „Der Panther“, doch dass man jetzt ein Werk aus seiner Feder mit dem Titel Watery Living Spaces and Carbon Inputs Shape the Microscale Topography and Communication Scopes of Soil Microorganisms ausgegraben haben will …? Und dieses dann mit angeblicher Dienstadresse „Department of Basic Sciences, Free University of Berlin, Germany, E-Mail: Rainer75@gmail.com“ von Rilke publiziert?    Diesen Beitrag weiterlesen »

Zitatesammeln per Lieferfahrzeug

20. April 2022 von Laborjournal

Raub-Verlage (Predatory Publishers), Entführte Journale (Hijacked Journals), Papiermühlen (Paper Mills), … – schon öfter berichteten wir, mit welch windigen Manövern einige, meist asiatische „Unternehmer“ Profit aus den Zwängen und Nöten des wissenschaftlichen Publikationssystems schlagen. Siehe etwa hier, hier, hier oder hier. Die Ideen, das System zum eigenen Profit zu hintergehen, scheinen damit jedoch immer noch nicht erschöpft. Auf der Paper-Diskussionsplattform PubPeer wurde jedenfalls gerade eine weitere schräge „Geschäftsidee“ enthüllt: Zitate-Lieferfahrzeuge (Citation Delivery Vehicles).

Anfang des Jahres illustrierte dort ein User mit Pseudonym „Hoya camphorifolia“ anhand eines Papers chinesischer Autoren eine weit verbreitete Strategie des unlauteren Zitatevermehrens (J. Mater. Sci.: Mater. Electron., doi: 10.1007/s10854-021-05437-0):

Die Autoren dieser Gruppe haben die merkwürdige Neigung, ihre Arbeiten mit einem Schlusssatz abzuschließen, der als reines „Citation Delivery Vehicle“ fungiert – siehe https://pubpeer.com/search?q=“Jun+Zhao „+OR+“Zhiqin+Zheng“. In mindestens einem dieser Fälle stand der folgende, stark aufgeblasene Schlusssatz nachweisbar nicht in der Version, die die Peer-Reviewer sahen, sondern wurde erst in der Korrekturphase hinzugefügt:

„Diese Arbeit erweitert den Anwendungsbereich der persistenten Materialien auf das Feld der Photokatalyse und bietet überdies neue Einblicke in andere Bereiche, wie etwa die Abwasserbehandlung [46-48], die Elektrokatalyse [49-51] und die Photokatalyse [52-55].“

Anschließend folgen die entsprechenden Referenzen 46 bis 55, allesamt wiederum Veröffentlichungen chinesischer Gruppen. Diese jedoch haben – man ahnt es schon – mit dem Inhalt des Papers rein gar nichts zu tun. Diesen Beitrag weiterlesen »