Blick zurück nach vorn

9. Januar 2012 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. A. N. Gestaubt, Praeteriologisches Institut Universität Trübingen.

LJ: Hallo, Herr Gestaubt, Sie kommen aus dem Seminar. Worum ging’s?

Gestaubt: Wissenschaftsgeschichte. Heute waren die Chromosomen inklusive der Entwicklung der Cytogenetik als Disziplin dran.

LJ: Klingt nett. Apropos „nett“: Viele qualifizieren ja die Wissenschaftsgeschichte etwas süffisant als reine „Nice-to-know“-Forschung ab — also ohne großen Nutzen, und damit in bewusstem Gegensatz zur „Need-to-know“-Forschung. Wie sehen Sie das?

Gestaubt: Ach ja, das alte Vorurteil. Jetzt mal ehrlich: Wir brauchen auch keinen „Harry Potter“ und auch keinen „Faust“ zum Überleben der Menschheit. Dennoch sind verdammt viele Leute froh, dass wir die Beiden haben. Ich kann diesen Quatsch von wegen „Umso besser, je mehr Nutz“ nicht mehr hören. Zumal es in unserem Zusammenhang sowieso nicht stimmt.

LJ: Inwiefern?

Gestaubt: Schauen Sie sich doch mal die aktuelle Forschungsförderung an. Was würden die maßgeblichen Leute nicht dafür geben, wenn man ihnen sagen könnte, nach welchen Mustern und unter welchen Rahmenbedingungen ich potentiell maximale Erkenntnisse bekomme? Diesen Beitrag weiterlesen »

Transpar-buntes Getier

9. Dezember 2011 von Laborjournal

Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.

So zitiert der japanische Künstler Iori Tomita zu Beginn seines Buches ‘Transparent Silence’ den Philosophen Ludwig Wittgenstein. Was er damit einleitet, ist eine fotografische Sammlung von Präparaten wie etwa diesen hier:

Der Künstler Tomita nutzt also nichts anderes als eine Reihe von Standard-Labortechniken, etwa zum enzymatischen Verdau von Proteinen oder spezifische Färbetechniken, um nach seiner Sicht Wissenschaft und Kunst zu verbinden: Diesen Beitrag weiterlesen »

BIOTECHNICA (2): Tipps & Tricks

11. Oktober 2011 von Laborjournal

… und dann kam ein Arbeitsgruppenleiter aus Halle vorbei. Gefragt, welche Rubriken er in Laborjournal besonders mag, legte er sich unter anderem fest auf…: Tipps & Tricks. Diese kleinen aber feinen Verbesserungen, Vereinfachungen und Verkürzungen von regelmäßigen Standardprozeduren würden ja in „normalen“ Papers nicht veröffentlicht. Von daher wäre es total hilfreich, dass Laborjournal dafür eine Plattform biete.

Der Laborjournal-Redakteur hörte das nicht zum ersten Mal — und daher fragte er nach, ob sein Gegenüber den ein oder anderen „Tipps & Trick“ tatsächlich im Labor ausprobiert habe. „Mehrere“, versicherte dieser. „Alle haben klasse funktioniert und sind jetzt Standard bei uns im Labor.“

Solches Feedback zu den Labortricks hatten wir bisher noch nicht. Gut zu wissen, dass sie offenbar tatsächlich funktionieren. Schließlich haben wir kein Labor, um sie selbst vorweg zu testen.

Übrigens: Die „Labortricks“ stehen allesamt auf Laborjournal online. Und wer immer noch welche hat, darf sie gerne an redaktion@laborjournal.de schicken. Falls es sich noch nicht herumgesprochen hat: Für die Veröffentlichung gibt es ein Laborjournal-T-Shirt.

Schlümpfe verboten!

30. September 2011 von Laborjournal

Wir hatten ja bereits im letzten Jahr begonnen, Pannen und Missgeschicke im Labor zu sammeln. Jetzt fragen wir uns aber: Warum klebt das unten folgende „Schlümpfe verboten“-Schild auf der Mikrowelle?

 

Deswegen:…. Diesen Beitrag weiterlesen »

Schön schlicht

7. Juni 2011 von Laborjournal

Bienenkönigin inmitten von Arbeiterinnen: Keine Frage der Gene, sondern des Royalactins

Früher waren „One-Author-Paper“ üblich, heute sind sie eine aussterbende Gattung — gerade in den Life Sciences. Der globale Durchschnitt nähert sich gerade dem Wert von fünf Autoren pro Paper, und Publikationen mit mehr als fünfzig Autoren sind schon lange keine Seltenheit mehr.

Vor kurzem jedoch verirrte sich wieder einmal solch ein seltenes „Ein-Autor-Exemplar“ in Nature (Band 473, 478-83). Und auch in diesem Fall konnte man fast schon ergriffen feststellen, dass es doch noch geht, große Fragen ohne viel Hightech, sondern vielmehr mit verblüffend einfachen Ansätzen zu lösen.

Es ging um die Frage, wie die Bienenkönigin zur Bienenkönigin wird. Diese unterscheidet sich in ihrer Genomsequenz kein bisschen von den Arbeiterinnen ihres Stocks — und wird dennoch so sehr anders. Das Geheimnis ist ihre Ernährung. Drei Tage lang bekommen die frisch geschlüpften Larven einen Kraftmix aus Proteinen, Zucker, Fetten und Vitaminen, den die Arbeiterinnen ordentlich mit eigenen Drüsensekreten aufpeppen. Danach jedoch werden die künftigen Arbeiterinnen auf ein schlichtes Mahl aus Honig, Pollen und Wasser gesetzt, während die angehende Königin weiterhin „Gelee Royal“ schmausen darf. Mit den bekannten Folgen.

Was jedoch ist drin in diesem „Gelee Royal“, dass es ein und dieselben Gene so „königlich“ anders orchestriert? Ein Japaner namens Masaki Kamakura vom Biotechnology Research Center in Toyoma hat das „gewisse Etwas“ nun gefunden. Und das auf recht einfache Weise. Diesen Beitrag weiterlesen »

Ohne Werkzeug geh‘ ich da nicht ran

8. Februar 2011 von Laborjournal

Schon mal was vom Harlow-Knapp-Effekt (H-K-Effekt) gehört? Nein? Nicht schlimm, denn den Begriff gibt es erst seit kurzem — genauer gesagt seit den Artikeln von Grueneberg et al. 2008 in PNAS sowie Fedorov et al. 2010 in Nat. Chem. Biol. über die Forschungsaktivitäten zu den einzelnen Proteinkinasen im menschlichen Proteom.

Und was beschreibt nun der H-K-Effekt? Eigentlich nichts wirklich Spektakuläres. Die beiden Gruppen fanden lediglich, dass drei Viertel aller Kinase-Paper lediglich 10 Prozent der insgesamt 518 humanen Kinasen abdecken. Umgekehrt tauchten etwa 60 Prozent dieser Kinasen gerade mal in 5 Prozent der Kinase-Paper auf — was heißt, dass etwa 300 Kinasen bisher von der Community praktisch ignoriert wurden. Im Prinzip ist’s also genauso wie mit der Verteilung des sogenannten Wohlstands innerhalb der Bevölkerung, oder der Nutzungshäufigkeit der einzelnen Wörter einer Sprache.

Interessanter wird die Sache mit dem H-K-Effekt nun aber mit einem neuen Paper von Ruth Isserlin et al., das sie im Open Access Archiv arXiv veröffentlichte. Dies vor allem, weil sie noch genauer hinschaute. Zuerst einmal stellt sie fest, dass das Feld im Jahre 2002 förmlich explodierte, als ausgehend von der Human-Genomsequenz die gesamte Familie der menschlichen Kinasen — das Human-Kinom — identifiziert und publiziert wurde. Entsprechend fanden Isserlin und Co. bis 2002 etwa 80.000 Kinase-Paper in den Datenbanken, von 2002 bis heute dagegen 120.000.

Der Clou an der Geschichte ist jedoch, dass sich die relative Verteilung auf die einzelnen Kinasen bis heute nicht signifikant geändert hat. Diesen Beitrag weiterlesen »

Optogenetik — vom ‚Stichwort‘ zur ‚Methode des Jahres‘

4. Januar 2011 von Laborjournal

In Laborjournal 5/2010 beschrieben wir Optogenetik als „Stichwort des Monats“. Darauf stieß uns offenbar nicht der schlechteste Riecher, denn jetzt wählte Nature Methods Optogenetics zur „Method of the Year 2010„. Wie Optogenetik funktioniert und was so toll daran ist, das erklären unsere englischen Kollegen extra in einem Special Feature ihrer Januar-Ausgabe — wie auch in folgendem sehenswerten Video:

Molekularköchelnde Postdoks

24. November 2010 von Laborjournal

Hand auf’s Herz: Wer hat nicht schon mal im Labor gekocht? Zum Essen, wohlgemerkt. Und natürlich nur, wenn der Sicherheitsbeauftragte des Instituts nicht in der Nähe war.

Der „Klassiker“ ist natürlich folgender: Das Versuchsprogramm sieht eine Vier-Stunden-Kinetik vor — alle fünf Minuten Probe entnehmen und messen. Keine Zeit um „auswärts“ zu essen, und die Mitarbeiterküche ist im Gebäudeflügel gegenüber. Der Hunger nagt! Also greift Doktorand K. wieder einmal in seinen Fertigsuppen-Vorrat, schüttet eine Nudelsuppe von Knorr ins nächste Becherglas und zündet darunter den Bunsenbrenner. Schnell einen Wert nehmen, Brenner runterregulieren, köcheln lassen, noch zwei Werte nehmen — und Mahlzeit! Teller sind gerade keine in der Nähe, also löffelt K. direkt aus dem Becherglas. Und nimmt dazwischen noch zwei Werte…

Nicht ganz so „klassisch“: Schnellgaren im Autoklaven, der ja im Prinzip ein großer Dampfkochtopf ist. Gewisse Belegschaften sollen für ihre jeweiligen Feiern ganze Truthähne samt Gemüse, Kartoffeln und Sauce darin zubereitet haben. Andere Gerüchte berichten gar von kompletten Schweinehälften. Diesen Beitrag weiterlesen »

Bombe geplatzt: Roche gibt RNAi auf

19. November 2010 von Laborjournal

Das ist der Biotechhammer des Jahres: Roche kippt seine komplette RNAi-Forschung und gibt gleichzeitig auch die Entwicklung von RNAi-Therapeutika auf. Der Kulmbacher Standort, bis vorgestern (17. November) noch marketinggerecht als „Center of Excellence for RNA Therapeutics“ bezeichnet und damit das erklärte Prunkstück der hauseigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, steht damit vor dem urplötzlichen Aus. In der Roche-Pressemeldung von vorgestern liest sich das so:

Roche announces implementation plans for its Operational Excellence Program. [The] measures aim to strengthen innovation and ensure sustained success in a fast changing market environment.

Äh — „Innovation und Exzellenz“ stärken dadurch, dass man die „innovative und exzellente“ RNAi-Technologie in die Tonne kickt? Ist die nobelpreisgekrönte und in-den-Himmel-gehypte Technologie ab sofort also nicht mehr „exzellent und innovativ“? Egal, lesen wir weiter: Diesen Beitrag weiterlesen »

Ein Flussdiagramm der Alternativen Medizin…

22. Oktober 2010 von Laborjournal

…, das tatsächlich funktioniert (also das Flussdiagramm, die Therapien dagegen….?). Draufklicken vergrößert!

Erstellt und veröffentlicht von Crispian Jago.

Hier findet jeder die pseudomedizinische Alternativtherapie, die zu seinem „Leiden“ passt — so man überhaupt danach sucht. Ob sie dann aber auch hilft, ist eine völlig andere Frage.