Wer braucht Konferenzbände?

11. März 2014 von Laborjournal

Also Conference Proceedings auf englisch. Schaut tatsächlich jemand in solche Tagungs- oder Konferenzbände rein? Oder anders gefragt: Hat darin wirklich schon mal jemand etwas Wertvolles für seine eigene Arbeit gefunden? Und selbst wenn: Wartet man nicht doch lieber die „richtige“ Veröffentlichung in einem Originalartikel ab?

Schließlich ist es ein offenes Geheimnis, dass das ganze Geschäft oftmals so — oder zumindest ähnlich — abläuft, wie es der Neuroforscher Bill Skaggs kürzlich in einem Kommentar auf Retraction Watch formulierte:

[…] The larger issue here relates to conference proceedings in general. In most cases they are unreviewed, and their value is minimal. The situation is particularly bad in computer science, where the general story is (1) a group of organizers decide to hold a conference in some nice vacation spot; (2) lots of corporate employees attend in order to have fun; (3) they write up some bullshit and submit it to the proceedings in order to justify attending, knowing that nobody will ever look at it; (4) the organizers pay a journal to publish the proceedings in order to justify the scientific value of the conference.

Worauf ihm Kollege Dan Zabetakis gleich im nächsten Kommentar zur Seite springt:

[…] This is the key point. I never look at proceedings, and I don’t think many people do either. The work hasn’t been seriously reviewed, and if it doesn’t rapidly appear in the literature, that is a sure sign that it wasn’t true in the first place. Perhaps it would be better to stop publishing these proceedings at all, at least under the name of the formal journals.

Aber vielleicht läuft es ja tatsächlich hin und wieder ganz anders. Wir nehmen gerne Gegenbeispiele zur Kenntnis…

(Foto: goodluz/Fotolia.com, Montage: LJ)

„Lieber keine Eier als faule Eier“

16. Oktober 2013 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. E. Isern, Striktologisches Institut Universität Hochlattburg.

LJ: Hallo Herr Isern, so tiefe Falten zwischen den Augenbrauen. Warum?

Isern: Ach, ich habe mich mal wieder über einen Kollegen geärgert, dessen Manuskript ich begutachten musste.

LJ: War es so schlecht?

Isern: Die weit verbreitete und scheinbar unausrottbare Schlamperei, dass die Zahl der Proben einfach zu klein war. Die Leute kapieren einfach nicht, dass man auf diese Art keine belastbare Statistik bekommen kann. Und dass die Ergebnisse auf diese Art nur Anekdoten bleiben, die keinerlei allgemein gültige Schlussfolgerungen erlauben.  Diesen Beitrag weiterlesen »

AutorenReviewer am Rande des Nervenzusammenbruchs (20)

6. September 2013 von Laborjournal

Auf „My Chrobial Romance“ fasst der US-Pflanzenforscher und Assistant Professor David Baltrus unter anderem folgende Erfahrung mit dem Peer Review eines eingereichten Manuskripts zusammen:

Baltrus erhielt das Manuskript von einer Zeitschrift, deren weitaus wichtigstes Kriterium zur Annahme die technische Korrektheit und Schlüssigkeit der Studie ist. Womit die besagte Zeitschrift bei weitem nicht alleine steht.

Damit hatte Baltrus überhaupt kein Problem — technisch war das Manuskript völlig okay. Einleitung und Diskussion dagegen stießen ihm ziemlich unangenehm auf. Er fand, dass die Autoren ihre Resultate ziemlich „überverkauften“ und dabei die einzelnen Aspekte der Studie auch noch verzerrt gewichteten. Aus diesem Grund empfahl er schließlich, das Manuskript vorerst abzulehnen. Zugleich schlug er aber den Autoren sehr detailliert vor, auf welche Weise sie ihre Ergebnisse angemessener gewichten und schlüssiger interpretieren könnten — um damit am Ende auch mehr wirklich relevante Leser zu erreichen.

Den Editoren jedoch war’s egal. Immerhin betonte Baltrus in seinem Gutachten ja mehrfach, dass das Manuskript „technically OK“ sei. Und da dies ja erklärtermaßen das Königskriterium des Journals war, wurde das Paper am Ende ohne jegliche Änderungen akzeptiert.

Ein Beispiel, das ganz klar die Nachteile dieser weit verbreiteten „Publish if experiments are technically OK“-Maxime aufzeigt. Und das zugleich illustriert, wie wertvoll offener Post-Publication Review — zumindest als Zusatz-Option — sein kann. Denn da könnte Baltrus jetzt allen seine — wohl berechtigten — Einwände gegen das Paper mitteilen.

Zitat des Monats (12)

24. Mai 2013 von Laborjournal

In Zeiten, in denen sich Journals bisweilen allzu arg gegen die Veröffentlichung von Widerlegungen und „negativer“ Ergebnisse sperren, erscheinen die folgenden Worte von Karl Popper aus dem Jahre 1963 aktueller denn je:

(Aus Karl R. Popper (1963) „Conjectures and Refutations, The Growth of Scientific Knowledge“.)


Zitat des Monats (10)

22. März 2013 von Laborjournal

Geoffrey Boulton, Edinburgh University, im Wall Street Journal.

 

Journal-Cover, mal etwas anders (1)

13. Februar 2013 von Laborjournal

ccccccccc

Schon mal ein Cover der Zeitschrift Genes to Cells gesehen? Nein? Hier ist eins:

 

Die Erklärung dazu, auf der Innenseite des Covers:

“The cover art of this month […] describes how cellular slime molds assemble into a dragon. Diesen Beitrag weiterlesen »

Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (18)

17. Dezember 2012 von Laborjournal

Da haben unsere Lab Times-Kolumnisten von Retraction Watch wieder mal eine nette Paper-Korrektur ausgegraben. Korrekturgrund war diesmal das schlechte Englisch Düsseldorfer Neuroforscher. Diese titelten im Jahr 2011 einen Artikel mit „Chronic progesterone treatment of male rats with unilateral 6-hydroxydopamine lesion of the dorsal striatum exasperates parkinsonian symptoms” (Neuroscience 196 (2011): 228-36). Statt „exasperate“ (jemanden verärgern, auf die Palme bringen) meinten sie aber vielmehr „exacerbate“ (etwas verschärfen, verschlimmern), wie sie jetzt in der Korrektur schreiben.

Klar, „Parkinson-Symptome verschlimmern“ macht ja auch deutlich mehr Sinn als „Parkinson-Symptome verärgern“. Gut also, dass das jetzt, 14 Monate später, endlich richtig gestellt ist. Die naheliegende Frage, warum die relativ blödsinnige Überschrift im Vorfeld keinem Reviewer oder Editor auffiel, wollen wir indes an dieser Stelle gar nicht weiter vertiefen.

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Apropos Humor in Originalartikeln…

10. November 2012 von Laborjournal

Der schottische Molekular-Paläontologe Ross Barnett stellt per Twitter fest:

Brilliant! More papers should have figures like this!…

… und meint diese Abbildung (Draufklicken vergrößert):

Der Comic erscheint als „Figure 7“ im Paper „Nina G. Jablonski, Ji Xueping, Liu Hong, Li Zheng, Lawrence J. Flynn, Li Zhicai; Remains of Holocene giant pandas from Jiangdong Mountain (Yunnan, China) and their relevance to the evolution of quaternary environments in south-western China (Historical Biology 24(5): 527-536)“ — und beschreibt ein Szenario, wie einstmals Riesenpanda-Knochen zu einem bestimmten Ort tief unter der Erde gekommen sein könnten. Diesen Beitrag weiterlesen »

Peer Review macht Paper besser

16. Oktober 2012 von Laborjournal

Anekdoten über die Ineffizienz und Willkür des Peer-Review-Systems gibt es massenweise. Dennoch scheint die klassische Begutachtung vor Veröffentlichung die biowissenschaftliche Literatur insgesamt tatsächlich zu verbessern — wenigstens ein bisschen. Zu diesem Ergebnis kommt eine kürzlich veröffentlichte Mammutstudie französischer Ökologen um Vincent Calgagno (Science, Publ. Online 11. Okt. 2012, DOI: 10.1126/science.1227833).

Mit entsprechenden Datenbanken und Software zur Hand „meta-analysierten“ die Autoren insgesamt 80.748 Artikel der Jahre 2006 bis 2008 aus 923 biowissenschaftlichen Zeitschriften, recherchierten deren jeweilige „Submission History“ — und konstruierten aus den Daten ein „Netzwerk der Manuskriptflüsse“. Diesen Beitrag weiterlesen »

Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (17)

27. September 2012 von Laborjournal

Ob berechtigt oder nicht — manchmal beißen einen die Bienen des Peer Review allzu arg. Manuskript bei drei, vier, fünf Journals eingereicht und jedes Mal abgelehnt. Gar nicht mal wegen irgendwelcher Schwächen, sondern vor allem mit der Begründung „does not adequately fit the scope of the journal“. Und das wiederum nur, weil keiner diesen Organismus kennt. Und auch nicht kennen lernen mag…

Wem kommt heutzutage bei solchen Erlebnissen nicht in den Sinn, das Paper einfach ohne Peer Review und Journal selbst zu veröffentlichen — auf der eigenen Homepage, dem eigenen Blog,… oder was auch immer? Dummerweise — so  müsste man denken — wird es dort aber wohl keiner finden…

Falsch! Zen Faulkes hat es ausprobiert — er veröffentlichte sein Paper „The distal leg motor neurons of slipper lobsters, Ibacus spp. (Decapoda, Scyllaridae)“ auf seinem eigenen Blog „Neurodojo“ und erklärte auch ausführlich, warum. Nach nur einer Woche erschien das Paper mit den richtigen Suchbegriffen bei Google Scholar ganz oben.

Ob Faulkes diesen Ausgang seines Experiments aber ausschließlich positiv finden soll — darüber ist er selbst unsicher:

I’m ambivalent about this paper showing up so readily in the search results. Good for me, obviously, but definitely reminds people that you always have to keep your wits about you with any resource. It may well be that Google Scholar will end up changing its algorithms to exclude papers like mine that explicitly advertise themselves as “not peer reviewed.”

Dennoch könnte Faulkes damit weitere „verschmähte“ Autoren leicht zur baldigen Nachahmung motivieren.