Let’s Have a Party — um der Forschung willen

29. November 2012 von Laborjournal

Vielleicht sollten wir mal eine lockere Reihe zum Thema „Ungewöhnliche Abbildungen in Originalveröffentlichungen“ machen. Beispiele dafür hatten wir ja bereits hier oder hier. Jetzt kommt folgende dazu:

Fastnacht, oder was? Nein, gar nicht. Die Fotos bilden die Figure 1 im Paper „Towards measuring brain function on groups of people in the real world“ (PLoS One 2012; 7(9): e44676). Diesen Beitrag weiterlesen »

Zitat des Monats (15)

1. Oktober 2012 von Laborjournal

Terran Lane schreibt über zunehmende Kurzsichtigkeit und Zwänge in der freien Grundlagenforschung (in „On Leaving Academe„; Chronicle of Higher Education, 19. August 2012):

The problem is that creativity is all about exploratory risk. The goal is to find new things — to go beyond state-of-the-art and to discover or create things that the world has never seen. It’s a contradiction to simultaneously forge into the unknown and to insist on a sure bet. […]

In the current climate, however, all of those entities, as well as scientists themselves, are leaning away from exploratory research and insisting on sure bets. Most of the money goes to ideas and techniques (and researchers) that have proven profitable in the past, while it’s harder and harder to get ideas outside of the mainstream to be accepted by peer review, supported by the university, or financed by grant agencies. The result is increasingly narrow vision in a variety of scientific fields and an intolerance of creative exploration.

Förderung nur bei „Nature-Niveau“?

21. August 2012 von Kommentar per Email

(Kürzlich erhielten wir den unten folgenden Erfahrungsbericht zum Thema DFG-Anträge. Wir haben ihn anonymisiert und überarbeitet — und stellen das Thema hiermit zur Diskussion.)

Mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel „Außer Kontrolle“ in Laborjournal 6/2012, S. 21-25, über die Forschungsförderung der DFG gelesen. Aus diesem Grund möchte ich Ihnen meine Situation und Erfahrungen mit der DFG schildern.

Ich war mehrere Jahre wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem biochemischen Institut; zur Zeit bin ich in der Position als Vertretungsprofessorin bis voraussichtlich Ende September 2012 eingestellt. Seit einigen Jahren versuche ich für meine Forschung Drittmittel einzuwerben, was bis auf eine Ausnahme leider erfolglos war. 2009 stellte ich schließlich wieder einen Antrag auf Sachbeihilfe bei der DFG (inklusive Beantragung meiner eigenen Stelle). Ich hatte gehofft, dass der Antrag diesmal genehmigt wird, da er auf schon veröffentlichten Daten, unter anderem im Journal of Cell Science, basierte und ich weiterhin eine interessante, neue In vivo-Methode in Deutschland etablieren wollte. Die finanziellen Mittel für die Geräte, die dafür notwendig sind, wurden mir zuvor von meiner Universität im Rahmen eines Antrags auf „Einrichtung einer eigenen Arbeitsrichtung“ genehmigt.

Im September 2010 erhielt ich den Bescheid über die Ablehnung des Antrags, obwohl die Gutachten grundsätzlich eine Förderung empfohlen haben. Diesen Beitrag weiterlesen »

Zitat des Monats (9)

1. März 2012 von Laborjournal

In seinem Blog-Artikel „Basic science is about creating opportunities“ schrieb der US-Neuroforscher Bradley Voytek zur Verteidigung der ungerichteten, durch reine Neugier und Faszination getriebenen Grundlagenforschung:

You can’t legislate innovation and you can’t democratize a breakthrough. You can, however, create a system that maximizes the probability that a breakthrough can occur.

Und in einem Kommentar dazu ergänzt sein Kollege Zen Faulkes — vor allem hinsichtlich der „Bringschuld“ an die Steuerzahler, die solche Forschung finanzieren (Vorsicht: Zitat im Zitat!):

[…] it’s not why many scientists do science. Richard Feynman said it about physics, but it’s true of all sciences: „Physics is like sex. Sure, it may give some practical results, but that’s not why we do it.“

And I don’t think it’s why people support science. People will support science just because it’s cool, and it enlivens and informs their minds. A lot of people have fun learning new things and gaining a better understanding of the way the world works.

I don’t know why we always try to justify science by utilitarian bookkeeping and number crunching (which is kind of dull), when people will support us because they are interested in the universe (which is awesome).

Blick zurück nach vorn

9. Januar 2012 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. A. N. Gestaubt, Praeteriologisches Institut Universität Trübingen.

LJ: Hallo, Herr Gestaubt, Sie kommen aus dem Seminar. Worum ging’s?

Gestaubt: Wissenschaftsgeschichte. Heute waren die Chromosomen inklusive der Entwicklung der Cytogenetik als Disziplin dran.

LJ: Klingt nett. Apropos „nett“: Viele qualifizieren ja die Wissenschaftsgeschichte etwas süffisant als reine „Nice-to-know“-Forschung ab — also ohne großen Nutzen, und damit in bewusstem Gegensatz zur „Need-to-know“-Forschung. Wie sehen Sie das?

Gestaubt: Ach ja, das alte Vorurteil. Jetzt mal ehrlich: Wir brauchen auch keinen „Harry Potter“ und auch keinen „Faust“ zum Überleben der Menschheit. Dennoch sind verdammt viele Leute froh, dass wir die Beiden haben. Ich kann diesen Quatsch von wegen „Umso besser, je mehr Nutz“ nicht mehr hören. Zumal es in unserem Zusammenhang sowieso nicht stimmt.

LJ: Inwiefern?

Gestaubt: Schauen Sie sich doch mal die aktuelle Forschungsförderung an. Was würden die maßgeblichen Leute nicht dafür geben, wenn man ihnen sagen könnte, nach welchen Mustern und unter welchen Rahmenbedingungen ich potentiell maximale Erkenntnisse bekomme? Diesen Beitrag weiterlesen »

Machtmoloch DFG?

21. Oktober 2011 von Laborjournal

Es hatte bereits im Juli diesen Jahres „gesessen“: Damals setzten sich fünf Wissenschaftler im Foyer des Berliner Ensembles aufs Podium und wetterten gegen die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), was das Zeug hielt. Die Süddeutsche Zeitung fasste die „Attacke der Wut-Wissenschaftler“ damals zusammen:

Glaubt man den Anwürfen der Fünf, ist sie [die DFG] zu einem bürokratischen Monstrum verkommen, das unkontrolliert, nach Regeln, aber im rechtsfreien Raum agiert, in erster Linie die Interessen der Apparatschiks im Auge hat und die vom Grundgesetz geschützte Autonomie der Forschung gefährdet.

Jetzt hat die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zweien der Fünf Gelegenheit zum Nachsetzen gegeben. Sie bat den Heidelberger Germanisten Roland Reuß und den Münchner Juristen Volker Rieble ihre Argumente nochmals aufzuschreiben, „um in dieser Frage eine umfassende Diskussion zu ermöglichen“.

Gesagt, getan. Und so findet der geneigte Leser nun im FAZ-Text eine saubere Auflistung nicht gerade angenehmer Vorwürfe, was aus der DFG geworden ist und wie sie heute agiert. Diesen Beitrag weiterlesen »

„Not amused“ über Asterix-Studie

28. Juli 2011 von Laborjournal

Verkehrte Welt. Da zeigen deutsche Forscher mal Humor und wer beschwert sich? Engländer! Dabei sind doch gerade die für diese Art Humor bekannt.

Worum geht’s? Eine Gruppe von Neurochirurgen von der Universität Düsseldorf um den Assistenzarzt Marcel Kamp analysierte alle Fälle von potentiellen Schädel-Hirn-Traumata in den insgesamt 34 Asterix-Bänden. Die Ergebnisse veröffentlichten sie schließlich in Acta Neurochirurgica (Vol. 153(6), 1351-1355). Marcel Kamp erklärte, dass sie das Paper eigentlich als Weihnachts-Artikel vorgesehen hatten, und zwar „irgendwo zwischendrin — natürlich nicht ganz ernst, aber auch nicht nur als Witz“.

Der Spiegel fasste die Studie schließlich folgendermaßen zusammen:

Die Risikofaktoren für das Auftreten einer anfänglichen Bewusstseinsstörung nach einem Schädel-Hirn-Traum sind demnach:

Antrags-Timing

17. Juli 2011 von Laborjournal

Wie man im Laufrad der Antragsstellerei am ehesten das Tempo hält, ist ein offenes Geheimnis: Man hat das Projekt möglichst schon fast fertig, bevor man den Antrag dazu schreibt. Allerdings sollte man es damit nicht zu weit treiben — denn sonst rügt einen die DFG.

Im letzten Laborjournal schreiben wir unter „Inkubiert“ (S. 8):

Nach dem Antrag ist vor dem Antrag. […] Kaum ist ein Antrag durch, muss man schon den nächsten vorbereiten. Vor allem größere Gruppen haben daher schon seit einiger Zeit eine Art Patentrezept entwickelt: Projekt und zugehörigen Antrag zeitlich gegeneinander verschieben. Heißt also, man beantragt zwar Projekt n, startet mit den bewilligten Mitteln aber bereits (hauptsächlich) Projekt n+1. Konkret bedeutet das, dass man einen Antrag erst stellt, wenn das darin beantragte Projekt n so gut wie fertig ist — und dabei so tut, als wolle man Experimente machen, die man größtenteils schon längst in der Tasche hat. Diesen Beitrag weiterlesen »

Nepper, Schlepper, Forscherfänger

8. Juli 2011 von Kommentar per Email

„Liebe Laborjournal-Redaktion,

ich wende mich an Sie, weil ich gestern einen dubiosen Anruf von jemandem bekommen habe, der offensichtlich versucht, Wissenschaftler mit der Verlockung einer ganz dringend erforderlichen Publikation in einem ganz wichtigen Organ zur Bezahlung von € 9.000 zu überreden.

Die Geschichte ging in etwa so: Kurz vor 18 Uhr — ich war schon in Eile, um mich auf den Weg nach Hause zu machen und dort meine Kinderbetreuung abzulösen — klingelt das Institutstelefon. Eine anonyme Nummer. Der Englisch-sprechende Anrufer erkundigt sich: Sind Sie Professor Lunger, Leiterin der Abteilung Neurobiologie [Name und Abteilung geändert, die Red.]? Es folgt eine Erklärung des Anrufers, er arbeite für ein Publikationsorgan (Zeitung? Buch?) des Public Service Review. Dieses würde daran mitwirken, Entscheidungsträger der EU darüber aufzuklären, in welche Forschungsgebiete diese zukünftig mehr Geld stecken müsse. Und das treffe für mein Fachgebiet ja zweifellos zu. Diesen Beitrag weiterlesen »

Zitationsrankings — eine sensible Sache

28. Juni 2011 von Laborjournal

Ein Beitrag in etwas eigener Sache. In einer E-Mail schrieb uns jemand kürzlich zum Thema Zitations-Ranking:

Vielleicht solltet ihr allerdings beim Laborjournal mal etwas kritisch überdenken. Zu recht kritisiert ihr die vielen fragwürdigen Autorenschaften. Andererseits ist der Druck auf den Wissenschaftlern hoch viele Paper zu produzieren. Er ist unter anderem deswegen so hoch, weil es Listen gibt wie Eure Rankings mit Zitationsvergleich, in denen jeder im Feld danach geiert möglichst weit vorne zu stehen. Außerdem lasst ihr z. B. in eurem letzten Ranking jemand hochleben, der 180 Paper in drei Jahren publiziert hat. (Mehr als ein Paper pro Woche… Respekt)

Diese „Kritik“ ist uns nicht neu. Jede Menge solcher Rückmeldungen haben wir bekommen, seit wir solche Rankings machen. Und wir sind uns der angesprochenen Problematik durchaus bewusst. Schon lange werden unsere Listen für ganz andere Dinge benutzt, als wir zunächst dachten. Diesen Beitrag weiterlesen »