„Re-Inkubiert“ (4)

16. August 2013 von Laborjournal

(Urlaubszeit in der Laborjournal-Redaktion. Nicht zuletzt deshalb machen wir es in den kommenden Wochen wie das TV: Wir bringen Wiederholungen. Bis Ende August erscheint jede Woche, jeweils im Wechsel mit einem weiteren „Best of Science“-Cartoon, eine bereits in Laborjournal print publizierte Folge unserer „Inkubiert“-Kolumne. Sicher, alle schon ein wenig älter — aber eigentlich noch immer aktuell.)

 

Was machbar ist, wird in der Regel auch gemacht. Vor allem wenn einem als Forscher, der ja immer etwas am Laufen haben muss, gerade nichts Originelles einfallen will, ist die Verlockung besonders stark. Nur allzu gerne folgt er dann diesem Imperativ der reinen Machbarkeit. Es hat ja auch Vorteile: Man braucht kaum komplizierte Konzepte, ein oftmals recht plakativer Zweck reicht meist schon aus. Und man kann es leicht verkaufen. Denn was machbar ist, bietet eine gewisse Ergebnisgarantie. Wenn ich ein Genom sequenziere, habe ich am Ende eine Sequenz — und das ist doch schon mal was. Welche Erkenntnisse mir die Sequenz bringt — nun, das kann man dann noch sehen. Sehr beliebt unter diesen konzeptionsarmen „Just do it, think later“-Ansätzen sind auch sogenannte „Fishing Expeditions“. Etwa einfach mal ein Genexpressionsmuster aufnehmen — geht ja leicht heutzutage –, Konzepte entwickeln sich dann (hoffentlich) mit den Daten. Oder auch nicht. Vor kurzem wurde dieses Thema in einem Weblog im Zusammenhang mit der Schlafforschung diskutiert. Ein wenig erfolgreiches Feld, wie die Teilnehmer meinten. Immer noch weiß man nicht, was Schlaf eigentlich ist und warum er sich evolutionsgeschichtlich entwickelt hat. Und weil einem vor lauter Konzeptionsleere nichts mehr einfiel, begann man „nach Schlafgenen zu fischen“. Die lächerliche Beute? Die üblichen allgegenwärtigen Verdächtigen in Hirnzellen: Proteinkinasen, Dopaminrezeptoren, Serotonintransporter, und so weiter. Einer der Blogger fuhr daraufhin aus der Haut: „Verstehen die nicht, dass Schlaf eine emergente Eigenschaft des multizellulären Gehirns ist? Nicht einzelne Neuronen schlafen (oder sind wach) — die Gehirne tun das. Der „Schlafmechanismus“ ist kein molekularer Mechanismus, sondern das Ergebnis eines speziellen Musters neuronaler Aktivität und Konnektivität.“ Gutes Beispiel, dass ein wenig konzeptionelles Denken sich durchaus lohnen kann, bevor man einfach macht, was eben geht.

(aus Laborjournal 10-2006, Foto: © cameraman — Fotolia.com)