„Ein bisschen Eigeninitiative sollte schon sein“

28. Januar 2014 von Laborjournal

(Zum Thema „Angespannte Arbeitsmarktsituation für promovierte Biowissenschaftler“ schickte uns unser Autor Leonid Schneider die folgende bitterböse SATIRE (!) im Stile der Heute Show)

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Die Arbeitsmarktsituation für junge Akademiker in den Lebenswissenschaften wird zunehmend kompetitiver. Stellen für Hochqualifizierte verschwinden stetig, während immer mehr junge Leute studieren und promovieren. Im Auftrag der Bundesregierung arbeitet daher der hochkarätig besetzte Think-Tank „Zukunft für Lebenswissenschaftler“ an Vorschlägen, die Akademikerschwelle kreativ und produktiv zu lösen. Leonid Schneider hat für das Laborjournal Blog den Leiter dieses Think-Tanks, Dr. Ford Prefect, interviewt.

Herr Dr. Prefect, wie würden Sie die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Lebenswissenschaftler beschreiben?

Prefect: Es gibt meiner Meinung nach zu viel Alarmismus. Ich persönlich finde die aktuelle Situation nicht so dramatisch.

Aber es gibt doch unglaublich viele arbeitsuchende Promovierte…

Prefect: Ja, aber andererseits sind Leute wie Sie, die den ganzen Tag zuhause sitzen und sinnlose Bewerbungsschreiben von ihren Heim-Computern verschicken, vollkommen sicher vor all diesen ansteckenden und gefährlichen Krankheiten, die durch Menschenkontakt am Arbeitsplatz, in den Kantinen und bei den Konferenzen übertragen werden. Alles hat also auch sein Gutes.

Aber was würden Sie den jungen Wissenschaftlern raten, die gerade ihre Promotion beenden? Wo es doch heutzutage auf jede ausgeschriebene Stelle Hunderte Bewerber gibt?

Prefect: Ich rate den jungen Leuten abzuwarten. Die Arbeitssituation ist zurzeit tatsächlich alles andere als erfreulich. Selbst mit Beziehungen schafft man es oft nicht mehr, einen anständigen Job zu finden. Dennoch sehe ich die Zukunft der Lebenswissenschaften positiv. Durch die gewohnt zyklische Entwicklung wird es auf dem Akademiker-Arbeitsmarkt später sicherlich viel besser.

Aber ist Aussitzen denn wirtschaftlich sinnvoll für den Betroffenen? Als Arbeitsloser, ohne Einkommen?

Prefect: Natürlich nicht, das ist keine Option. Man könnte wieder zu Eltern ziehen. Allerdings ist nicht jeder Über-Dreißigjährige bei seinen Eltern willkommen. Außerdem wird man währenddessen immer älter — und wenn die Zeit für die Arbeitssuche wieder günstig ist, ist man schon zu alt.

Was meinen Sie also mit Abwarten?

Prefect: Ich dachte dabei eher an „Suspended Animation“, so eine Art hibernierende Winterstarre, bis die Zeiten wieder gut sind.

Eine Winterstarre? Für Doktoranden?

Prefect: Natürlich, warum nicht? Viele Lebewesen können so was. Bärtierchen können auf diese Weise sogar im Weltall überleben — und die haben nicht mal einen Abitur. Von einem Promovierten kann man eine solche Leistung wohl ebenfalls erwarten! Ein bisschen Eigeninitiative sollte schon bei der Arbeitssuche dabei sein. Die Zeiten, in denen einem ein toller Arbeitsplatz in den Schoss fiel, sind vorbei.

Ich habe aber nie von einem tiefgefrorenen Wissenschaftler gehört, der wieder zum Leben erwachte.

Prefect: Ich bitte Sie. Ich kenne Postdocs, die stehen den ganzen Tag im Kühlraum und reinigen dort Proteine auf. Die Konditionierung ist also schon da. Mit etwas mehr Training könnten sie dort auch länger überdauern — ein Paar Jahre oder Jahrzehnte.

Ist das wirklich die einzige Lösung? Und wenn man das doch nicht hinbekommt? 

Prefect: Natürlich haben wir auch andere erfolgversprechende Ansätze diskutiert. Zeitreisen zum Beispiel.

Zeitreisen?

Prefect: Ja. Ich kannte beispielsweise zwei Doktoranden, die haben rechtzeitig begriffen, dass es für sie keine Zukunft in den Lebenswissenschaften gibt. Dann haben die Beiden sich in der Zeitdimension rückwärts bewegt und sind stattdessen Ingenieur und Zahnmediziner geworden. Wirtschaftlich höchst erfolgreich, sie wissen jetzt gar nicht wohin mit dem Geld.

Und wie haben die Beiden das angestellt?

Prefect: Sie haben rückwirkend einfach eine andere Studienrichtung eingeschlagen. Also sich statt in Biologie in Mechatronik eingeschrieben. Also… hrmm… beziehungsweise Zahnmedizin. War ganz einfach, wenn man wieder 18 Jahre alt ist. Das einzige Problem, das ich sehe, ist: Würden das alle machen, hätten wir statt zu vielen Biologen bald zu viele Ingenieure und Zahnärzte.

Sehen Sie denn keine anderen, mehr praktischen Probleme? Wie geht denn eine Zeitreise überhaupt technisch?

Prefect: Ich bitte Sie, jeder der es nur wünscht, kann sich in der Zeit bewegen — vorwärts zumindest.

Und rückwärts? Und Zeitsprünge?

Prefect: Was die Raumdimension angeht, können kleine Kinder anfangs auch nur vorwärts stampfen. Später können sie dann rückwärts laufen und springen. Wir haben berechnet, dass man dies für die Zeitdimension ebenso lernen könnte. Wir trainieren momentan mehrere Dutzend Freiwillige, allesamt gescheiterte 40-jährige Biologen.

Kann ich das auch lernen? 

Prefect: Der Trick ist: positiv denken, immer wieder versuchen und nicht aufgeben.

Haben Sie denn keine kurzfristig machbaren Karriere-Vorschläge?  

Prefect: Gut, Auswandern wäre auch eine Möglichkeit. Viele Doktoranden wurden an einem neuen Heimatort höchst erfolgreich. Hauptsache, man ist bereit, dafür große Entfernungen zurückzulegen. Sehr große.

Aber sind Nordamerika, Asien oder Australien denn wirklich eine Option? Sind die Stellen dort nicht ebenfalls hochkompetitiv?

Prefect: Ach was, nichts davon. Amerika und so weiter sind inzwischen keine wirkliche Option mehr für all die Tausende arbeitsuchender Biologen hier in Deutschland. So etwas würde ich doch nicht ernsthaft vorschlagen.

Haben Sie also einen Geheimtipp? Brasilien oder Südafrika etwa?

Prefect: Seien Sie bitte nicht albern. Denken Sie mal: die weltweite Wirtschaft entwickelt sich zyklisch — mal gibt es, wie jetzt, nicht genug Arbeit, mal zu viele offene Stellen. Wenn Sie Hibernieren oder Zeitreisen nicht hinbekommen, dann wandern Sie doch dorthin aus, wo es gerade Arbeit gibt.

Und wohin?

Prefect: Die Weltwirtschaft auf der Erde stagniert nun mal oder befindet sich gar in Rezession. Statistisch gesehen muss es aber alleine in unserer Galaxie haufenweise bewohnte Planeten mit intelligentem Leben geben. Noch wahrscheinlicher ist dann, dass es auf einem großen Prozentteil dieser Planeten exzellente Karrieremöglichkeiten für jeden arbeitslosen Biologen und Biochemiker gibt. Auf das gesamte Universum gerechnet, sind die Optionen sogar unendlich. Hätte ich nicht bereits vor drei Jahren ein Eigenheim gebaut, würde ich mit meiner Familie sofort nach Alpha Centauri oder einen ähnlichen Planeten umziehen.

Und wie soll man dorthin kommen?

Prefect: Ich glaube, die Dinger heißen Raumschiffe. Ich bin aber kein Fachmann, meine Kollegin Dr. Trillian leitet ein Astrophysiker-Team zu diesem Thema.

Das sind also die Optionen, die Sie sich in ihrem Think-Tank „Zukunft für Lebenswissenschaftler“ bislang ausgedacht haben?

Prefect: Das sind zumindest die praktikabelsten Vorschläge. Mein anderer Kollege, Dr. Strangelove, hatte — ziemlich absurd — einen neuen Weltkrieg vorgeschlagen, um dadurch den Arbeitsmarkt durch Reduzierung der Arbeitsuchenden zu entlasten.

Schrecklicher Vorschlag…

Prefect: Genau, die Unterstützung in der Bevölkerung wäre wohl minimal.

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3 Gedanken zu „„Ein bisschen Eigeninitiative sollte schon sein““

  1. Carsten sagt:

    Liebe Laborblogger,

    dieses etwas länglich geratene Opus ist ungefähr so bitterböse wie die Knollennasen-Cartoons in Eurem Heft, nämlich gar nicht. Habt Ihr wirklich so viele humorlose Leser (und Leserbriefschreiber), dass dieses harmlose Geplänkel extra als angeblich „bitterböse“ Satire (in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen) markiert werden musste? Harte Zeiten…

  2. Wasi sagt:

    Hmmm, ja in diesem Bereich sieht es wohl schlecht aus. Doch ganz anders sieht es im Bereich Finanz und Rechnungswesen aus.
    Einen sehr guten Arbeitsmarkt finden auch Mitarbeiter aus dem Finanz- und Rechnungswesen vor. Mehr als ein Drittel der deutschen CFOs wollen in diesem Jahr ihre Finanzabteilungen personell verstärken. [Quelle: http://www.finance-magazin.de/persoenlich-personal/personal/mitarbeiter-gesucht-cfos-stellen-wieder-mehr-ein/ ]
    Aber auch von anderen Bereichen hört man immer mehr gutes. Vielleicht gibt es bald auch hier einen Aufschwung.

    Gruß,
    W.

  3. chri40 sagt:

    Der 3. Weltkrieg ist offenbar sowieso in Vorbereitung. Nach dem Krieg können Wissenschaftler in der Steinzeit 2.0 das Rad neu erfinden; Stellen satt…
    Man sollte vielleicht mal über die diskriminierenden Stellenangebote aus dem öffentlichen Dienst diskutieren: „Schwerbehinderte und Frauen bei gleicher Eignung werden bevorzugt.“ Ausserdem wird man bei fortgeschrittenem Alter automatisch (ob man will oder nicht) in eine höhere Gehaltsstufe eingruppiert, was die Chancen wieder minimiert.
    Ach und für Unternehmensberater mit unglaublichen Gehältern ist ja offenbar immer Geld da.

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