Vor einiger Zeit lästerte ein Gastautor in Laborjournal über die schiere Masse an Wissenschaftspreisen. Es sei heutzutage schon schwierig, schrieb er süffisant, eine lange Forschungskarriere bis zum Ruhestand komplett ungepreist zu durchlaufen — so viele Preise würden inzwischen vergeben.
Als Hauptgrund hatte er damals ausgemacht, dass inzwischen alle möglichen Firmen und Organisationen immer mehr völlig unbedeutende und teilweise lächerlich gering dotierte Auszeichnungen ausloben würden — nur damit sie anschließend Ihren Preis samt Verleihungszeremonie groß per Pressemitteilung hinausposaunen konnten. Kaum mehr als reine Marketingblasen also.
Zu einem gehörigen Teil war (und ist?) da sicherlich was dran. So besuchte ich vor Jahren einmal während der BIOTECHNICA die breit angekündigte Presseveranstaltung eines großen deutschen Laborausrüsters. Ein Marketing-Mitarbeiter nach dem anderen verkündete dort in Kurz-Vorträgen gleich mehrere Dinge hintereinander — bis ganz zum Schluss eine junge Dame stolz verkündete, dass die Firma übrigens demnächst einen neuen Preis ausloben würde. Natürlich ging es um die vermeintlich beste, schönste, eleganteste und originellste Anwendung eines aktuellen Gerätes der Firma. Nicht wirklich interessiert fragte daraufhin einer der Medienvertreter, welchen Betrag der Preisträger denn erwarten dürfe. Worauf die junge Dame etwas an Gesichtsfarbe gewann, noch kurz zögerte und schließlich mit wenig glücklicher Stimme hervorbrachte: „500 Euro.“ Wie gesagt, es war eine große Firma. Nicht zuletzt deshalb war auch das Gelächter unter den Presseleuten groß.
Einem der allerfrischesten Preise kann das nicht passieren. In dieser Woche erst hat die deutsche Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS) aus Anlass des 25. Todestages von Else Kröner Fresenius, Stifterin und Gründerin des weltweit tätigen Gesundheitskonzerns Fresenius, erstmals den gleichnamigen Preis verliehen. Und mit 4 Millionen Euro Prämie katapultiert sich der Else Kröner-Fresenius Award umgehend an die Spitze der höchstdotierten Wissenschaftspreise für eine einzelne Person überhaupt.
Jüngstes Beispiel, dass sich gerade doch wieder ein Trend zu höher dotierten Preisen entwickelt — ganz im Gegenzug zu dem in der Einleitung Gesagten?
Vielleicht. Dafür spräche jedenfalls, dass bereits im Februar eine illustre Spendergruppe, die sich vorwiegend aus dem Social Media-Bereich rekrutierte, bei der Premiere des Breakthrough Prize in Life Sciences gleich elf Forscher auszeichnete — und jeden von ihnen (!) mit 3 Millionen US-Dollar Preisgeld wieder nach Hause entließ.
Vielleicht aber auch nicht. Die Gewinner der im letzten Herbst frisch vergebenen und medial sehr offensiv vermarkteten Golden Goose Awards bekamen dagegen offenbar kaum mehr als eine Trophäe. Von Preisgeld war jedenfalls in keiner der vielen Verlautbarungen und Berichten die Rede.
Doch Geld ist natürlich nicht alles — vielleicht gerade bei Wissenschaftspreisen. Ironischerweise verdeutlicht dies insbesondere eine kleine Randnotiz zum neuen Preisgeld-Spitzenreiter, dem Else Kröner-Fresenius Award. Premieren-Preisträger ist Ruslan Medzhitov, russisch-stämmiger Immunologe an der Yale University und klarer Co-Entdecker des Toll-like Rezeptors TLR in Säugetieren. Den Nobelpreis bekam er für diese „tolle“ Entdeckung nicht, den strich 2011 stattdessen Bruce Beutler ein. Da er damals allerdings nur die Hälfte des halben Preises erhielt, blieben Beutler am Ende „nur“ etwa 300.000 US-Dollar Preisgeld — weniger als ein Zehntel dessen, was Medzithov jetzt erhält.
Dennoch würde Medzithov ganz sicher gerne tauschen.
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