Problematischer Nachwuchs

3. Juni 2013 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Prof. T. Ortenbauer, Forschungszentrum Teilstadt.

LJ: Herr Professor Ortenbauer, ehrlich gesagt — Sie wirken niedergeschlagen?

Ortenbauer: Bin ich wohl auch.

LJ: Warum denn?

Ortenbauer: Schon wieder leer ausgegangen bei der aktuellen Antragsrunde. Wie beim letzten Mal.

LJ: Woran liegt’s?

Ortenbauer: Tja, die Konkurrenz ist zu stark. Beide Male hieß es, sie hätten in meinem Feld schon das Maximum an Projekten bewilligt. Und die wären alle erfolgversprechender als meines.

LJ: Und wie sehen Sie das?

Ortenbauer: Einige andere Gruppen kenne ich ja — und die sind schon sehr gut. Das Tragische dabei ist, dass da ein paar von meinen eigenen Ex-Studenten dabei sind. Leute also, die ich selber ausgebildet habe. Einer ist inzwischen Max Planck-Direktor, eine andere leitet eine große Gruppe an einem Helmholtz-Institut, und noch ein anderer ist inzwischen fest am EMBL in Heidelberg,…

LJ: Sie scheinen ein erfolgreicher Lehrer zu sein.

Ortenbauer: Ja. Dummerweise, muss man fast schon sagen. Denn wie es so geht, hat jeder von denen sozusagen ein Stück von meinem Projekt-Kuchen mitgenommen, um die eigenen Gruppen aufzubauen. Und damit waren sie letztlich so erfolgreich, dass ihre Gruppen und Projekte immer größer wurden — und das Stück, das letztlich noch bei mir blieb, im Vergleich dazu immer kleiner.

LJ: Sie sind also quasi in Ihrem eigenen Feld vom eigenen Nachwuchs an die Wand gedrückt worden?

Ortenbauer: So kann man es sagen. Und ich bin sicher nicht der Einzige. Denn irgendwie ist es doch paradox: Um mit seiner Gruppe produktiv und erfolgreich zu sein, ist es überlebenswichtig, die talentiertesten Doktoranden und Postdocs anzuwerben. Und im gleichen Atemzug zieht man sich so selbst die potentiell stärksten Konkurrenten heran.

LJ: Aber man kann doch weiter mit ihnen kooperieren.

Ortenbauer: Sicher, eigentlich schon. Hab‘ ich ja teilweise auch gemacht. Aber das geht in der Regel auch nur eine gewisse Zeit. Und glauben Sie mir: so einfach und reibungslos, wie man meinen könnte, laufen Kooperationen mit ehemaligen Mitarbeitern auch nicht.

Schlagworte: , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha loading...