Zweckentfremdet

27. Mai 2013 von Laborjournal

Oftmals sind es einzelne Anekdoten, die ein besonders scharfes Licht auf den Wissenschaftsbetrieb werfen. Dies sogar umso mehr, wenn es um etwaiges Schindluder geht, das mancher dort bisweilen treibt.

In diesem Sinne ist auch die folgende kleine Geschichte zum Thema Empfehlungsschreiben („Letter of Recommendation“) zu verstehen, die ein Forscher vor einigen Jahren im Rahmen einer Befragung  erzählte. Demnach hörte er in seiner Postdoc-Zeit über einen sehr bekannten Institutsdirektor, dass dieser solche „Letters of Recommendation“ komplett für seine eigenen Bedürfnisse zweckentfremdete: War jemand richtig gut, schrieb er absolut lausige Empfehlungen, um sie/ihn möglichst lange in seinem Labor zu halten; genügte dagegen jemand seinen Ansprüchen nicht, lobte er sie/ihn über den grünen Klee, um sie/ihn möglichst schnell loszuwerden.

Offenbar sprach sich dieses ethisch mehr als fragwürdige Gebahren jedoch ziemlich schnell hinter den Kulissen herum, so dass den meisten bald klar war: Stellte sich jemand aus dem Labor dieses Schlaumeiers mit lausiger Referenz vor — unbedingt nehmen!

 

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2 Gedanken zu „Zweckentfremdet“

  1. Tobias sagt:

    Ich finde, ein solches Verhalten soll mit Namen öffentlich gemacht werden. Referenzbriefe beeinflussen die wissenschaftliche Karriere des Nachwuchses außerordentlich und schon ohne böse Absicht oberflächliche oder nichtssagende Referenzschreiben entscheiden, ob ein Kandidat zum Vorstellungsvortrag eingeladen wird oder nicht.

  2. Ralf Neumann sagt:

    Wir sind derselben Meinung, aber leider kennen wir keine Namen dazu. Das Beispiel wurde adaptiert aus einem anonymisierten Bericht im Paper „Normal Misbehavior: Scientists Talk About the Ethics of Research“ (J Empir Res Hum Res Ethics vol. 1(1): 43–50). Hätten wir vielleicht gleich dazu schreiben sollen…

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