Schlampige Zitate im Genom

16. März 2011 von Laborjournal

Bekam Beschwerden wegen unsauberer "DNA-Zitate": James Craig Venter

(Mit Update vom 16.3., 15 Uhr !)

Zitate sind eine sensible Sache. Herr zu Guttenberg musste dies erst kürzlich schmerzhaft lernen — während die Wissenschaft genau aus diesem Grund das Zitieren unter allerstrengste Regeln stellt.

Nicht ganz ohne Ironie daher, dass kein Geringer als Genom-Guru James Craig Venter kürzlich auf einer Tagung zugeben musste, dass er schlampig zitiert habe.

Wir erinnern uns: Im Mai letzten Jahres gab Venter bekannt, dass sein Team das Genom von Mycoplasma-Bakterien komplett und funktional durch DNA ersetzt habe, die sie zuvor mit ihren Maschinen synthetisiert hatten. Nicht wenige feierten die ganze Sache als „erste synthetisch geschaffene Lebensform„, andere waren dagegen durchaus kritischer.

Wie auch immer — Venters Kollegen hatten damals mehrere berühmte Zitate in den synthetischen DNA-Strang hineinkodiert, um ihn von der nativen Mycoplasma-DNA unterscheiden zu können. Zwei davon bescherten Venter später Post.

Eines der beanstandeten Zitate stammte aus James Joyce’s A Portrait of the Artist of a Young Man und lautete „To live, to err, to fall, to triumph, to recreate life out of life.“ Woraufhin sich die Erben des irischen Schriftstellers bei Venter beklagten, dass er das Zitat ohne Erlaubnis verwendet hätte. Dessen Glauben, dass er das Zitat frei verwenden dürfe, war jedenfalls falsch.

Weiterhin zitierten Venter und Co. den Physiker Richard Feynman mit “What I cannot build, I cannot understand.” Feynmans ehemaliger Arbeitgeber, das California Institute of Technology (Caltech), schickte daraufhin Venter das Originalbild von der Tafel, auf die Feynman die Worte damals aufgeschrieben hatte. Und darauf stand stattdessen: „What I cannot create, I do not understand.“

Venter selbst nahm die beiden Zitier-Fauxpas indes locker — und pragmatisch:

“We agreed what was on the Internet was wrong, so we’re going back to change the genetic code to correct it”,

wird er zitiert.

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Update (16.3., 15 Uhr):

Natürlich fragen jetzt viele, wie Venter und Co. diese Zeilen mit den vier DNA-Basen kodiert haben. Der Trick ist, dass jedem der 64 Basentripletts nicht eine Aminosäure, sondern ein Buchstabe oder Satzzeichen zugeordnet wird. Nur, welches Triplett steht für welchen Buchstaben? Unter anderen hat etwa der Mathematiker Ken Shirriff  den Code entschlüsselt — folglich steht etwa GCT für „S“, TGA für „T“ oder TCG für „@“.

Warum „@“? Weil Venters Team auch eine E-Mail-Adresse in dem synthetischen DNA-Strang versteckte, an die die erfolgreichen Code-Entzifferer ihr „Got it“ schicken können. (Die E-Mail-Adresse ist natürlich inzwischen ins Internet gesickert: mroqstiz@jcvi.org)

Und was steht neben dieser E-Mail-Adresse und den bereits erwähnten zwei Zitaten noch verschlüsselt darin? Das Zitat „“SEE THINGS NOT AS THEY ARE, BUT AS THEY MIGHT BE.” aus dem Buch American Prometheus über J. Robert Oppenheimer, sowie die Namen der 46 beteiligten Forscher.

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Ein Gedanke zu „Schlampige Zitate im Genom“

  1. Webmaster sagt:

    Tja, die schlampigen Zitate. So heisst es übrigens auch „A Portrait of the Artist AS a Young Man“ 😉

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