Ein Märchen (!?)

29. Juni 2010 von Laborjournal

Vor langer, langer Zeit gab es irgendwo am Rande eines finsteren Waldes eine wunderschöne Wiese. Die Leute, die auf dieser Wiese lebten, widmeten sich damals vollständig der Erforschung ihrer Umgebung. Ausgerüstet mit einer Vielzahl von Geräten und Instrumenten bestimmten die einen sorgfältig die Länge der Grashalme; andere maßen die Gewichte der Steine, die sie in der Wiese fanden; und die Klügsten und Erfahrensten unter ihnen bestimmten gar Wachstumsraten oder Intensität der Blütenfarben verschiedener Wiesenkräuter in Abhängigkeit von der Niederschlagsmenge. Oft trafen sie sich dann am Abend um ihre neuesten Daten und Statistiken ausgiebig miteinander zu diskutieren.

In den dunklen Wald allerdings gingen sie nie.

Eines Tages jedoch kam ein junger Forscher, der so gar kein Interesse an Grashalmen, Steinen und Wiesenkräutern hatte, und berichtete, dass er im Wald etwas Großes sich bewegen gesehen habe. Und er fragte die versammelten Kollegen, ob er mit einigem Proviant und Geräten ausziehen dürfe, um der Sache auf den Grund zu gehen. Ein besonders geschätzter Forscher wandte daraufhin ein, ob er denn eine Hypothese habe, was dort im Wald sei und, wenn ja, wie er sie testen wolle. Unser junger Mann hatte natürlich keine, und so verweigerten die Kollegen ihm die Unterstützung.

Also zog er allein in den Wald — und stand bald vor einem riesigen Hirsch. Aufgeregt zog er an dem Tier, um es mit auf die Wiese zu nehmen. Aber es bewegte sich keinen Zentimeter. Frustriert machte er sich auf den Rückweg. Als er jedoch die Wiese schon fast erreicht hatte, sah er plötzlich eine abgeworfene Geweihstange auf dem Boden liegen. Glücklich nahm er sie auf und präsentierte seine Evidenz den Kollegen. Doch die lachten ihn nur aus.

Wütend ging er zurück in den Wald. Er fand den Hirsch, warf jetzt Steine nach ihm und trieb ihn so vor sich her. Schließlich brach der Hirsch aus dem Wald hervor und trabte über die Wiese. Alle Kollegen sahen das Tier, und jetzt begriffen sie, dass ihr junger Freund recht hatte.

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann vermessen sie auch heute noch freudig die Hufabdrücke des Hirsches auf ihrer Wiese…

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