„Mein“ Paper musst du selber schreiben!

14. Juli 2021 von Laborjournal

Zählen wir mal alle diejenigen zusammen, die die akademische Welt sofort nach der Doktorarbeit oder dem ersten Postdoc ein für allemal verlassen. Oder gar mittendrin die Segel streichen. Damit wäre sicherlich bereits die klare Mehrheit all derer beisammen, die jemals eine Doktorarbeit oder einen Postdoc begonnen haben.

Und jetzt überlegen wir mal weiter, wie viele potenzielle Paper deswegen niemals geschrieben worden sind. Es dürften ziemlich viele sein!

Bei den Abbrechern ist es klar: Sie haben eine Weile Daten produziert, bis sie aus verschiedenen Gründen der Forschung plötzlich Knall auf Fall „Adieu“ sagen. Nur die allerwenigsten dürften danach noch erhebliche Zeit des neu begonnenen Lebensabschnitt dafür opfern, um dem Ex-Chef die „alten“ Daten für ein Manuskript aufzubereiten. Mit welcher Motivation auch?

Dummerweise haben aber ebenso oft diejenigen, die gleich nach abgeschlossenem „Doktor“ oder abgelaufenem „Postdoc“ umschwenken, noch genug selbstproduziertes und spannendes Daten-Rohmaterial für die eine oder andere weitere Veröffentlichung übrig. Doch haben diese Umsteigerinnen und Umsteiger jetzt noch genug Motivation, damit „posthum“ noch das eine oder andere Paper-Manuskript zu verfassen? Neben dem neuen und womöglich völlig anders gelagerten Job? In ihrer Freizeit? Sicherlich sehr selten!

Oftmals hilft dann auch kein Bitten und kein Flehen – vehementes Fordern oder gar Drohen sowieso nicht. Und auch ein schlechtes Gewissen lassen sich die Abwandernden kaum noch einreden – nach dem Motto: „Sowohl die Forschergemeinde als auch die Öffentlichkeit, die dich finanziert hat, haben ein Recht darauf, deine Erkenntnisse mitgeteilt zu bekommen.“

Also bleibt den Bossen und Chefinnen schließlich nichts, als über ehrlose Ex-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zu jammern und deren Daten selbst zu einem Manuskript zusammen zu puzzeln.

Doch wie kommt es überhaupt soweit? Vielleicht, weil erstere das Manuskriptverfassen nie mit in die Vertragslaufzeiten einplanen? Weil sie stattdessen alle und jeden bis zum Vertragsende experimentieren lassen – und darauf bauen, dass man die Paper ja irgendwie auch danach noch schreiben kann? Und dies wiederum, weil sie davon ausgehen, dass ihre Schützlinge selbstverständlich auch danach noch in der Forschung weitermachen – und die Veröffentlichungen daher für die eigenen Karriere brauchen?

So gesehen könnte es also durchaus sein, dass mancher Boss und manche Chefin selber schuld an dem Dilemma sind.

Ralf Neumann