Mehr Zitate durch Open Data

18. Juli 2019 von Laborjournal

Wie kann ich mit jedem Artikel 25 Prozent mehr Zitierungen ein­sammeln? Jedenfalls im Schnitt, und ohne allzu großen Mehraufwand…

Hand auf’s Herz — das klingt verlockend, oder? Welcher Forscher checkt heutzutage nicht regel­mäßig sein Zitatekonto — auch wenn es viele nicht wirklich zugeben? Und wenn dann einer ganze 25 Prozent „Rendite“ verspricht…

Das Rezept, wie man sich diese Rendite „ver­dienen“ kann, hat gerade ein englisch-nie­der­lädisches Team unter dem Titel „The citation advantage of linking publications to research data“ in arXiv verkündet (arXiv:1907.02565v1) — und es ist denkbar einfach: Stelle sämtliche Daten, die deinem Paper zugrunde liegen, öffentlich für alle zur Verfügung — und schon wirst du dafür durchschnittlich ein Viertel mehr an Zitierungen einstreichen.

Für ihre Studie nahmen sich die Autoren über eine halbe Million Artikel vor, die zwischen 1997 und 2018 in 350 Open-Access-Zeitschriften der Verlage Public Library of Science (PLoS) und BioMed Central (BMC) erschienen waren. Etwa ein Drittel davon enthielt Data Availability Statements und beinhaltete somit jeweils einen Link zu einem Repositorium, in dem die Autoren sämtliche relevante Originaldaten öffentlich zugänglich hinterlegt hatten. Ganz im Sinne von Open Data also. Und siehe da, dieses Drittel an Papern wurde nachfolgend im Schnitt um 25 Prozent häufiger zitiert als die anderen zwei Drittel, die keine Daten offengelegt hatten.

Schöne Sache, oder? Zumal dadurch die Forscher landauf landab erst recht dazu motiviert werden könnten, ihre Daten für alle offenzulegen. Sicher, man sollte das Konzept von Open Data eigentlich aus ganz anderen Beweggründen beherzigen, als dass ich dadurch ein paar Zitate mehr auf mein Konto hieve — aber hier kann man es vielleicht einfach mal so stehen lassen, dass über nicht ganz saubere Incentives am Ende dennoch das Richtige gepusht wird. Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.

Zumal die Studie der wahren Bedeutung von Zitierzahlen ja eigentlich kein gutes Zeugnis ausstellt, wenn man nur ein bisschen weiter denkt. Schließlich bleibt das publizierte Paper mit den präsentierten Ergebnissen und Schlussfolgerungen ja punktgenau dasselbe — ob ich nun die zugrundeliegenden Daten dahinter offenlege oder nicht. Dennoch bekomme ich dadurch 25 Prozent mehr Zitierungen. Womöglich nur, weil die Open Data hinter dem Paper etwas mehr Aufmerksamkeit darauf lenken? Wie auch immer, bei derart leicht verursachbaren Schwankungen kann die Zitierzahl eines bestimm­ten Papers wohl kaum ein direktes Maß für die Qualität der darin beschriebenen Ergebnisse sein.

Aber das wissen wir ja eigentlich schon lange — siehe etwa hier, hier und hier.

Ralf Neumann