Corona-Weichei

6. Mai 2020 von Laborjournal

In unserer Reihe „Forscher Ernst und das Coronavirus“ …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

Nach dem Lab-Lockdown…

29. April 2020 von Laborjournal

In unserer Reihe „Forscher Ernst und das Coronavirus“ …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

Corona-Experten

22. April 2020 von Laborjournal

In unserer Reihe „Forscher Ernst und das Coronavirus“ …

(Gezeichnet von Rafael Florés. Jede Menge weiterer Labor-Abenteuer von „Forscher Ernst“ gibt es hier.)

Regel-Mogeleien

5. Februar 2020 von Laborjournal

Bevor die Gelder eines bewilligten Förderantrags fließen, muss man einen gewissen Regelkatalog unterschreiben — unter anderem mit dem Ziel, dass man ja kein Schindluder mit den Fördermitteln treibe. Einige dieser Regeln können in der Praxis jedoch leicht zu gewissen Absurditäten führen…

Ein Beispiel hierfür liefert wiederum die Umfragestudie „Normal Misbehavior: Scientists Talk About the Ethics of Research“, aus der wir uns schon für den letzten Beitrag be­dien­ten (J. Empir. Res. Hum. Res. Ethics 1(1): 43-50). Diese zitiert einen Befragten — sinngemäß übersetzt — folgender­ma­ßen:

Sagen wir, ich habe zwei verschiedene Grants. Jetzt muss ich zwei Flaschen der gleichen Chemikalie kaufen, weil ich etwas, das ich mit Geldern des einen Grants angeschafft habe, nicht für Projekte verwenden darf, die von einem anderen Geldgeber gefördert werden. Wenn ich also Grants von fünf ver­schie­de­nen Förderern habe, muss ich theoretisch auch fünf Flaschen der gleichen Chemikalie kaufen. Und ich muss jedes Mal unterschreiben, dass der aufgewendete Betrag aus dem Topf mit denjenigen Mitteln stammt, die genau für dieses Projekt bewilligt wurden. Womit ich zugleich umgekehrt bestätige, dass ich das Zeug auch ausschließlich für dieses eine Projekt kaufe und einsetze… Aber natürlich mache ich das nicht so, sondern benutze ein und dieselbe Flasche in allen Projekten.

Wäre ja auch völlig verrückt, für jedes einzelne Projekt jeweils ein eigenes Set an Standard-Chemikalien wie etwa NaCl oder Agarose anzuschaffen.

Natürlich steht diese Regel irgendwo unter vielen, die allesamt dazu dienen sollen, potenziel-­lem Grant-Missbrauch vorzubeugen. Was ja tatsächlich ein gerechtfertigtes Ziel ist. Wenn die Einhaltung dieser Regeln allerdings in der Praxis wiederholt zu derart abstrusen Situationen führt, wie hier geschildert, dann dürfte man wohl eher etwas anderes erreichen: Dass die Betroffenen sich stets überlegen, wie sie sich um solche Regeln herummogeln können.

Entsprechend schlussfolgern auch die Autoren der Umfrage aus dem geschilderten und weiteren Beispielen:

Es gibt zu viele solcher Regeln. Und viele versuchen, sie zu umgehen, ohne dabei eine gewisse Grenze zu überschreiten. […] Dennoch hielten unsere Befragten fest, dass diese Fülle von Regeln — von denen sie viele als unnötig und zu weit gehend empfinden — am Ende leicht zu tatsächlichem Fehlverhalten führen kann.

Ralf Neumann

 

Können Maschinen bald TAs ersetzen?

2. November 2017 von Laborjournal

In unserer aktuellen Printausgabe 10/2017 stellt Hartmut Böhm, Sprecher des „Bündnis TA“, auf den Seiten 14-16 die bange Frage:Biologisch-technische Assistenten ohne Zukunft oder Zukunft ohne biologisch-technische Assistenten? Eine der großen Gefahren, die den Beruf des Technischen Assistenten im Labor bald überflüssig machen könnten, sieht er darin, dass offenbar immer mehr typische TA-Tätigkeiten durch Maschinen ersetzt werden können — mit weiterhin stark steigender Tendenz. Wörtlich schreibt er am Ende seines Essays:

Vielmehr scheint es jetzt schon klar zu sein, dass [Technische Assistenten] wegen der rasanten Digitalisierung künftig zunehmend durch Computer verdrängt werden, die an ihrer Stelle Tätigkeiten im biologischen Labor durchführen. Schon 2013 stellten Carl B. Frey und Michael A. Osborne in ihrer Untersuchung „The future of employment: How susceptible are jobs to computerization?“ fest, dass die Tätigkeiten der amerikanischen biologischen Technicians zu etwa 30 Prozent durch Computer zu ersetzen sind. Zwei Jahre später folgte der Forschungsbericht „Folgen der Digitalisierung für die Arbeitswelt. Substituierbarkeitspotenziale von Berufen in Deutschland“ des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, verfasst von Katharina Dengler und Britta Matthes. Darin heißt es, das Substituierbarkeitspotenzial für Fachkräfte der Berufshauptgruppe 41, also auch für die Arbeit im biologischen Labor, sei in Deutschland auf 85,6 Prozent gestiegen.

Auch der „Job-Futuromat“, ein Online-Tool der ARD zum Test, in welchen Berufen Maschinen bald die Menschen ersetzen könnten, sieht das Schicksal der BTA nicht wesentlich günstiger. Nach Eingabe von „Biologischtechnische/r Assistent/in“ erfährt man dort, dass schon heute über die Hälfte aller BTA-Tätigkeiten (genau 56 Prozent) von Maschinen übernommen werden könnten. Das riecht nach einer beängstigenden Zukunft für BTA.

Eine Vision, die natürlich nicht unwidersprochen bleibt. So schrieb uns etwa eine Leserin dazu:

Liebes Laborjournal-Team,

ich arbeite nun seit zehn Jahren als TA (gelernt Biotechnologische Assistentin, welche in Ihrem Artikel leider fehlt) und kann Ihrem Artikel nur widersprechen. […] In der Realität übernehmen TAs meist die gesamte Labororganisation. Sie kümmern sich beispielsweise darum, dass Wartungsperioden eingehalten werden, stellen Stock-Lösungen her und unterstützen zusätzlich die Wissenschaftler bei ihren Experimenten.

Jedes Labor ist daher froh über eine langjährig verbleibende Assistentin, da diese die Abläufe im Labor kennt und auf Probleme reagiert. Maschinen werden die Arbeit jeder TA zwar erleichtern und verändern, aber notwendig bleibt diese dennoch. Dies zeigt sich unter anderem auch dadurch, dass bei gleichzeitiger Bewerbung von Bachelor-Absolventen auf TA-Stellen dennoch meist ausgebildete TAs bevorzugt werden, da die Ausbildung in der Praxis deutliche Vorteile gegenüber dem Studium hat.

Mensch oder Maschine? — das ist hier also die Frage. Weitere Meinungen dazu gerne unten im Kommentarfenster, oder auch als Mail an die Laborjournal-Redaktion.

 

Etwas Schwund ist immer…

16. Mai 2017 von Laborjournal

(Eine typische Labor-Geschichte, erzählt von Valerie Labonté)

Nach längerer Abwesenheit im Labor rechnet man ja damit, dass manches nicht mehr an seinem Platz ist. Aber dass es gleich so schlimm kommen muss wie in diesem Beispiel…

Doktorandin Petra kommt nach einigen Wochen Schreibarbeit zu Hause wieder ins Labor, um für den nächsten Tag ein Experiment vorzubereiten, das ihr für das Paper noch fehlt. Das Vorhaben beginnt natürlich mit… Suchen! Ihre Pipetten sind auf andere Arbeitsplätze und in fremde Schubladen verteilt. Neben der Waage hat jemand eine Dauerpipette für alle eingerichtet — natürlich ist es eine von ihren. Also erstmal die Pipetten zusammensammeln, putzen und eichen.

Petra hat schon fast keine Lust mehr, aber sie muss ja nur vorbereiten heute. Nächste Aufgabe: Chemikalien zusammensuchen. Zwar gibt es diesen gut geordneten Chemikalienraum, doch hat jeder seine Stammchemikalien am Platz oder im Kühlfach gebunkert — oder wo es sonst gerade praktisch scheint. Normalerweise weiß man trotzdem, wo etwas zu finden ist — nur ist erstens Petras eigene Sammlung inzwischen geplündert, und sind zweitens diejenigen der Kollegen nicht mehr in dem selben Zustand wie vor Monaten.

Nach „Wo sind meine Pipetten?“ heißt also die zweite Laborrunde: „Wo sind meine Chemikalien?“. Zu allem Überfluss sind einige der nachbestellten Chemikalien inzwischen in anderen Flaschen als gewohnt gekommen, weshalb es noch länger dauert, bis Petra alles zusammengekratzt hat.

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Vorsicht, ihr Biohacker und DIY-Biologen!

9. Februar 2017 von Laborjournal

Erst jetzt haben wir mitbekommen, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) bereits vor zwei Wochen eindringlich vor Do-It-Yourself (DIY)-Baukästen warnte, mit denen interessierte Laien echte Bakterien-Gentechnik in ihren eigenen vier Wänden machen können. Die Meldung mit dem Titel „Gentechnik mit Biologiebaukästen: Einfach, aber möglicherweise strafbar“ im Wortlaut:

Durch Genome-Editing-Verfahren wie etwa CRISPR-Cas ist es einfach und preiswert möglich, das Erbgut von lebenden Organismen gezielt zu verändern. Mittlerweile können insbesondere im Internet komplette Biologiebaukästen (so genannte „Do-it-yourself“, bzw. DIY-Kits) aus dem Ausland gekauft werden, mit denen daheim und ohne zusätzliche Geräte das Erbgut von Organismen, z. B. E. coli-Bakterien, verändert werden kann.

Derartige Experimente im heimischen Hobbykeller mögen lehrreich und spannend sein. Abhängig vom konkreten DIY-Kit gilt dafür jedoch das Gentechnikrecht. Dies ist immer dann der Fall, wenn das DIY-Kit gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthält oder wenn damit GVO erzeugt werden. Solche gentechnischen Arbeiten dürfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Gentechnikgesetz (GenTG) nur in gentechnischen Anlagen durchgeführt werden, also in geeigneten, behördlich überwachten Laboren unter Aufsicht eines sachkundigen Projektleiters.

Das heißt, wer DIY-Kits bestellt und außerhalb gentechnischer Anlagen entsprechend anwendet, riskiert gemäß § 38 Absatz 1 Nummer 2 GenTG eine Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro. Falls im Rahmen der Nutzung der DIY-Kits GVO freigesetzt werden, droht gemäß § 39 Absatz 2 Nummer 1 GenTG sogar eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe.

Für Nachfragen steht Ihnen die zuständige Landesbehörde zur Verfügung.

Warum das BVL diese Warnung aktuell für notwendig erachtet, fasst dieser Artikel der Zeitschrift „Make:“ recht gut zusammen. Nach der Recherche des Autors kamen gerade im vergangenen Jahr vor allem im Ausland zahlreiche Geräte und Kits auf den Markt, die dem Kunden nicht nur genetische Analysen, sondern auch gezielte genetische Veränderungen versprechen.

Als Beispiel nennt der Artikel unter anderem das Gerät „DNA-Playground“ der US-Firma Amino Labs. 325 Euro kostet die E. coli-Transformiermaschine, die es dem Kunden erlaubt, mit dem passenden „Engineer-Kit“ die Bakterien etwa derart genetisch umzubauen, dass sie im Dunkeln in allen möglichen Farben leuchten — siehe Video:

 

 

Noch drei weitere Beispiele beschreibt der Artikel, um dann am Ende allerdings auf die Warnung des BVL einzuschwenken:

Viele der Projekte richten sich neben Privatpersonen auch an Bildungseinrichtungen, da Schulen sich speziell eingerichtete Labore mit vielen Geräten kaum leisten können. In Deutschland gibt es allerdings eine Reihe an Forschungseinrichtungen und Museen, die in sogenannten Schülerlaboren biotechnologische Workshops anbieten. Sie halten dabei die Hygienemaßnahmen ein, entsorgen Abfälle sachgerecht und sind bei der zuständigen Behörde gemeldet. Erfolgt dies nicht, so warnt das Bundesamt, drohe eine Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro. Wer gentechnisch veränderte Bakterien in die Umwelt freisetzt, kann sogar mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden.

Ob die Warnungen gehört werden, darf bezweifelt werden angesichts des oftmals geradezu überschäumenden Enthusiasmus, den manche DIY-Biologen hinsichtlich ihrer Garagenlabor-Spielereien an den Tag legen. Vielleicht werden sie auch eher belächelt, da sich die weltweite Community der DIY-Biologen schon seit 2011 selbst einen Ethik-Code auferlegt hat. Genauso wie sie seither Mantra-artig beteuert, dass Biohacking nicht nur von Neugier, Spieltrieb und Ehrgeiz getrieben sei, sondern vielmehr ebenso gesteuert von Vorsicht, Vorausschau und in Kenntnis der jeweils geltenden Gesetzeslage. Schwer zu glauben allerdings, dass dies tatsächlich allen Biohackern weltweit in genügendem Umfang bewusst ist.

Sicher, das BVL muss auf die Gesetzeslage aufmerksam machen. Naturgemäß riecht dies aber immer stark nach Drohung. Vielleicht sollte es sich lieber mal die Mühe machen, die potentiellen Befürchtungen und Gefahren konkret und greifbar zu thematisieren — und damit letztlich das Problembewusstsein der vielen DIY-Zauberlehrlinge nachhaltig zu schärfen. Denn selbst die fänden das Szenario wahrscheinlich ziemlich gruselig, wonach „selbstgebastelte“ Bakterien oder was auch immer wild aus irgendwelchen Haus- und Garagentüren kriechen.

(DIY-Bio-Logo via diybio.org)

Heikle Geldfragen

26. Juli 2016 von Laborjournal

Money makes research go ’round. Der frischgebackene Diplomand merkt das erstmals, wenn er voller Elan die nötigen Vektorkonstrukte für sein Projekt zusammenbastelt. Nach Klonierungsansatz und eifrigem Studium der entscheidenden Sequenzabschnitte wählt er für den analytischen Verdau — völlig klar — das Restriktionsenzym FatI. Erwartungsvoll präsentiert er den Plan seinem Prof — und der schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „FatI, ja klar! In der Tat das fetteste Enzym von allen. 250mal teurer als EcoRI. Und das, nur um ein Plasmid zu überprüfen? Nee, das geht ganz sicher auch mit viel billigeren Enzymen.“

budgmoney

Woher sollte der arme Diplomand das wissen? Denn auch in der Forschung gilt die weitverbreitete Etikette: Über Geld spricht man nicht! Selbst Postdocs haben meist keine Ahnung, was ihr eigenes Projekt kostet. Geschweige denn, wieviel Geld das gesamte Labor zur Verfügung hat und wie es budgetiert ist. Dabei müssten genau diese Dinge — Budgetierung und Grant Management — eigentlich zwingender Bestandteil des Postdoc-Trainings sein. Schließlich müssen diese in der Regel bald selbst die vollen Kosten für geplante Projekte zuverlässig kalkulieren und daraufhin die passenden Anträge stellen können.

Der Laborleiter, der einmal im Jahr mit seinen Leuten eine komplette „Haushaltssitzung“ macht, ist jedoch die rühmliche Ausnahme. Die Realität spiegelt sich eher in der folgenden Forums-Frage eines Postdocs:

Kann ich meinen Chef einfach ansprechen, nach dem Motto: „Ich würde gerne mehr über Labor-Budgetierung und -Management lernen, um besser auf meine akademische Zukunft vorbereitet zu sein. Kannst Du mir daher mal das Jahresbudget für unser Labor grob erklären und aufschlüsseln, wie es sich auf die einzelnen Posten verteilt?“ Wäre das womöglich genauso unverschämt, wie ihn nach seinem Gehalt zu fragen? Oder so heikel, wie sich nach seiner letzten Zahnbehandlung zu erkundigen?“

Nein, es ist weder unverschämt noch heikel — es ist absolut angemessen. Allerdings kann es einem dann auch ergehen wie Postdoc Müller, dem sein Chef auf Nachfrage nach anfänglichem Zögern das Finanzmanagement der Gruppe umfassend erklärte — … und der seitdem die komplette Buchhaltung des Labors am eigenen Hals hat.

Foto: Fotolia / Andrey Popov

Doktorarbeit netto

18. Juli 2016 von Laborjournal

Fast jeder Ex-Doktorand stellt sich irgendwann die Frage: „Wenn jedes Experiment, das in meiner Doktorarbeit steht, gleich genau so geklappt hätte — wie schnell hätte ich fertig sein können?“ Sicher spielt die Art der Arbeit und des experimentellen Systems eine entscheidende Rolle — aber am Ende ist wohl jeder zu dem Schluss gekommen: „Viiiiiel kürzer als die Jahre, die ich tatsächlich gebraucht habe.“

documweg

So rechnete uns beispielsweise kürzlich ein ehemaliger Doktorand in einer E-Mail vor, dass er mit „magischen Fingern“ netto gerade mal drei Monate für sämtliche Ergebnisse seiner Doktorarbeit hätte experimentieren müssen — inklusive zweimal Reproduzieren.

Natürlich hatte er aber keine „magischen Finger“, und so brauchte er tatsächlich knapp fünf Jahre. Zieht man noch drei Monate für’s Zusammenschreiben ab, kommt er damit bezüglich seiner Zeitinvestition auf eine „Erfolgsrate“ von grob fünf Prozent. So gesehen hätte er also nur etwa alle drei Wochen jeweils am richtigen Tag ins Labor kommen müssen. Sein Fazit daher: „Es sieht so aus, als ob in der experimentellen Forschung die Dinge gewöhnlich nicht funktionieren. Und es scheint, als wäre das ganz normal.“

Dass solche Rechnungen allerdings in der Realität nicht aufgehen, ist klar. Selbst der „Fünf-Prozent-Rechner“ von oben räumte ein, dass die anderen 95 Prozent für das Gesamtergebnis sicher auf andere Weise ebenso essentiell sind — auch wenn deren Resultate am Ende nicht in Doktorarbeit oder Paper stehen. Warum? Weil man Techniken erst lernen muss; weil einem zuweilen erst negative Resultate — oder gar Fehler — den richtigen Weg weisen; weil unzählige Vorversuche notwendig sind, um die optimalen Bedingungen für die experimentellen Systeme zu ermitteln; und und und…

So machte denn auch unser Ex-Doktorand am Ende seinen Frieden mit der realen Dauer seiner Dissertation. Und ergänzte versöhnlich: „Ein Experte ist man sowieso erst dann, wenn man jeden Fehler wenigstens einmal selbst gemacht hat.“

Foto: fotogestoeber – Fotolia.com

Vom tieferen (Un-)Sinn des Lab Meetings

7. Juli 2016 von Laborjournal

 

roundtable

Kommt ein „Frischling“ ins Labor, wird er schon bald in ein allseits lieb gewonnenes Ritual eingeführt — das Lab Meeting. Sinn und Zweck dieser Veranstaltung leuchten ihm schnell ein: Regelmäßig kommen die pipettierenden Einzelkämpfer einer Gruppe zusammen, um mit den Kollegen ihre Fortschritte, Pläne oder Probleme kreativ zu diskutieren.

Doch nicht selten ist das nur die halbe Wahrheit. Oft genug sind Lab Meetings zugleich verkappter Höhepunkt des Soziallebens einer ansonsten vor Einzelgängertum nur so strotzenden Arbeitsgruppe. Da bringt mindestens jeder sein Getränk mit, meist stehen Kekse und andere Leckereien bereit, oder man zelebriert das Ganze gar rund um den gemeinsamen Verzehr des mitgebrachten Mittags-Imbisses. Arbeiten mit möglichst hohem Wohlfühlfaktor, heißt das Prinzip. Denn ist es nicht so, dass einem die besten Ideen in möglichst entspannter Atmosphäre kommen? Wie auch immer, von der TA bis zum Prof müsste demnach eigentlich jeder die Lab Meetings lieben.

Solange man es nicht übertreibt. Ein verdienter Postdoc jedenfalls berichtete uns einmal folgendes: „Manche Gruppen machen mehrere Meetings pro Woche, die jeweils gut zwei Stunden dauern. Dazu noch jeweils in der Mitte des Tages, so dass man vorher kein Experiment anfangen kann. […] Mit etwas Sarkasmus stellten wir daher folgende These auf: Lange und zahlreiche Lab Meetings veranstalten Chefs, die keine Kinder (mehr) zu Hause haben oder frisch geschieden sind — kurzum also Chefs, die unter sozialer Deprivation leiden. Junge Gruppenleiter ohne soziale Deprivation hingegen bevorzugen kurze und fokussierte Lab Meetings.“

Sei dies, wie es wolle — im ersteren Fall bleibe damit jedenfalls für das schlichte Experimentieren immer weniger Zeit, schrieb der Autor weiter. Und am Ende leide darunter schnell die Performance der gesamten Gruppe. „Das geht sogar so weit“, so schloss er, „dass mancher Postdoc interessierten Bewerbern beim Gehen durchaus sarkastisch zuraunt: «Überleg’ dir gut, ob du zu uns kommen willst — unser Chef hält uns nämlich ziemlich oft vom Pipettieren ab!»“

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