Editorial

Tipp 198: Immer schön den Deckel drauf - Western Blots vor intensivem Halogenlicht schützen

Wer in der Dunstwolke zwischen Molekularbiologie, Biochemie und Proteinchemie unterwegs ist, wird früher oder später mit Immunoblots (Western Blots) konfrontiert. Die sind an sich kein großes Ding, ihr Prinzip lernt man schon im Praktikum. Verstehen tut man sie spätestens nach den ersten paar Wiederholungen im „echten Laborleben“.

Aber erst einmal die Fakten, zur Auffrischung. Western Blots dienen dem Nachweis spezifischer Proteine in einer Probe. Ein Probengemisch wird zunächst denaturiert und im elektrischen Feld über SDS-Gele aufgetrennt. Dabei werden die Proteine der Größe nach sortiert. Anschließend nimmt man das Gel und legt es auf eine Membran. Am besten macht man diesen Handgriff mit angehaltener Luft – aus Respekt vor dem fragilen Gel. Luft anhalten ist optional, aber Handschuhe sind ein Muss. Denn wer mit nackten Fingern auf die Membran fasst, wird wenig Freude am Endergebnis haben. Im „Tank“ oder „Semi dry“-Blotting-Apparat wandern die Proteine danach auf die Membran.

Nun werden die „freien Bindestellen“ an der Membran blockiert. Am billigsten geht dies mit einem TBST-Milch-Cocktail (Tris pH7.5 20mM; NaCl 150mM; Tween20 0.1%; Milch 1-5%). Je höher der Milchgehalt, desto stärker die Blockierung, desto geringer unspezifische Bindungen. Eine Milch-Alternative ist BSA (Bovine Serum Albumin); BSA riecht jedoch nach Tier und ist teuer.

Blockieren mit Kraftfutter

Als Veganerin und Pflanzenfreak ist für mich Sojaprotein die optimale Blockierungssubstanz. Ein nettes Erlebnis ist immer wieder, als zartes Persönchen ins Fachgeschäft für Body-Builder zu gehen und einen Muskelpaket-Angestellten nach diesem Kraftfutter zu fragen. Ich habe verschiedene Marken getestet, am besten geeignet fürs Blockieren ist Sojaprotein von Activelab (www.vipsportnahrung.at/eiweiss-protein/soja-eiweiss.html).

Nach dem Blockieren wird die Membran in einer Verdünnung aus primärem Antikörper inkubiert. Dieser erkennt das „Protein of Interest“. Anschließend wäscht man die Membran und inkubiert sie mit dem sekundären Antikörper. Dieser ist mit einem Enzym oder Farbstoff gekoppelt und bindet an den primären Antikörper.

Nach weiteren Waschgängen haften Enzymaktivitäten oder Farbstoffe an den spezifischen Positionen auf der Membran und sind bereit für die Detektion. Angenommen, der Antikörper ist an eine Peroxidase gekoppelt. Dann gibt man eine Lösung aus Luminol und H2O2 auf die Membran. Bei der Reaktion von Luminol mit H2O2, die von der Peroxidase katalysiert wird, entsteht ein Lichtsignal, das eine Kamera oder ein Röntgenfilm „auffängt“. Als improvisierte Dunkelkammer eignet sich ein fensterloser Raum (Toilette, Kopierraum) und das abnehmbare Rücklicht eines Fahrrads.

So weit, so gut. In meinen mehr als zehn Jahren im Labor habe ich geschätzte 200 Immunoblots gemacht, mit verschiedenen Antikörpern und Detektionsmethoden, mit Film, mit Kamera, mit PVDF und Nitrocellulose. Es entstanden hübsche und weniger hübsche Western Blots. Erstere ließen sich gelegentlich publizieren, letztere unterlagen früher oder später meiner Sturheit und stiegen nach x-facher Wiederholung in die erste Kategorie auf.

Für einige Monate war ich jedoch vollständig mit Vorlesungen und Genotypisierungen beschäftigt. Nach dieser Immunoblot-freien Zeit kam der Herbst –und mit ihm die Phase der „blanken Blots“. Auf einmal ging nichts mehr. Leere, nichts als gäääähnende Leere! Egal was ich versuchte, es gab keine Signale mehr.

Systematisch legte ich los, die experimentellen Bedingungen zu verändern: Ich wechselte von TBST zu PBST, stieg von Milch auf BSA oder Sojaprotein um und kam dann wieder auf Milch zurück; in höheren oder niedrigeren Konzentrationen. Ich tauschte die Antikörper (andere Charge, anderer Hersteller, anderes Tier) sowie die Membranen aus und varierte ­Inkubationstemperaturen und -zeiten. Ich habe mir sogar Proteinproben von Kollegen inklusive passender Antikörper und Protokoll geben lassen. Es half alles nichts, der Blot blieb blank.

Verzweifelte Ursachenforschung

Nicht dem ärgsten Feind wünsche ich diese sechswöchige Tortur (gefühlt: sechs Monate); sie hat am Nervengerüst gekratzt und Selbstzweifel geweckt. Freilich, durch die intensive Leserei und Ursachensuche habe ich einiges über Blots gelernt. Die Eingebung kam am Ende, und war als solche nicht pronto zu erkennen: Wir haben eine wunderbare Fensterfront und reichlich Tageslicht im Labor, so dass zu üblichen Arbeitszeiten kaum Kunstlicht nötig ist, zumindest nicht im Sommer. Im Herbst und an trüben Tagen ballerte jedoch eine Halogenlampe, direkt über dem Blot-Schüttler, unbarmherzig auf die Membranen. Zwischen den Waschschritten hatte ich jeweils die Deckel der Inkubationsschälchen weggelassen, schließlich bin ich eine flotte und Effizienz-orientierte Arbeiterin. Dass Halogenlampen aber die Kraft haben, Antikörper zu inaktivieren, war mir neu. Ein Parallelexperiment mit abgedeckter und offener Membran lieferte jedoch den Beweis: Im ersten Fall, 1A-Signale in Publikationsqualität, im zweiten das wohlbekannte „Blank-Blot-Phänomen“.

Und die Moral von der Geschicht: Vergiss den Western-Deckel nicht. Lieber eine Alufolie oder leere Styroporkiste drüber stülpen, man weiß ja nie.

Andrea Pitzschke
(Universität Salzburg)



Letzte Änderungen: 11.06.2016