Editorial

Tipp 190: Thermoskannen Thermocycler

Als Kary Mullis die ersten PCR-Reaktionen durchführte, tauchte er die Reaktionsansätze noch von Hand in verschieden warme Wasserbäder. Auf diesem archaischen Prinzip basiert ein einfacher DIY-Wasserbad-Thermocycler.

Immer häufiger stößt man in der biowissenschaftlichen Literatur auf Anleitungen für kostengünstige Do-it-Yourself Thermo­cycler, die aus überall erhältlichen Standardbauteilen zusammengebaut werden. Die Zielgruppe dieser Low-Tech Cycler sind zumeist Labore in ärmeren Ländern, für die die üblichen, kommerziellen High-Tech Thermocycler zu teuer sind.

Jüngstes Beispiel hierfür ist ein Thermoskannen-Thermocycler, den sich Mitarbeiter des amerikanischen Start-ups AI Biosciences in Texas ausgedacht haben (Wong et al., PLoS ONE 10(7): e0131701). Auch ihr Modell zielt auf den diagnostischen Einsatz in Entwicklungsländern ab − mit ein bisschen Phantasie und einer guten feinmechanischen Institutswerkstatt könnte man den Thermoskannen-Cycler aber auch in einen selbstgebauten Hochdurchsatz-Thermocycler umwandeln.

Holzausleger auf Blechbüchse

Die Grundidee des Thermoskannen-Cyclers ist äußerst einfach: Ein elektronisch geregelter, schwenk- und kippbarer Servomotor bewegt einen Ausleger, an dessen Ende PCR-Röhrchen hängen, zwischen zwei offenen, wassergefüllten Thermosflaschen hin und her. Hierdurch tauchen die PCR-Röhrchen abwechselnd in das 93-98 °C beziehungsweise 55-65 °C heiße Wasser ein. Um die Wassertemperatur in den Thermoskannen konstant zu halten, ist das Wasser mit einer Ölschicht bedeckt.

Trick 190

Ein Servo-Ausleger taucht die an einem Draht hängenden PCR-Röhrchen in zwei Wasserbäder. Ganz ähnlich funktionieren auch kommerzielle Wasserbad-Cycler.

Für den Bau des Thermoskannen-Cyclers benötigt man also zwei kleine Thermoskannen (drei, wenn ein zusätzliches Wasserbad mit 72 °C Annealing-Temperatur gewünscht ist), einen Holz- oder Metallstab, der als Ausleger dient, etwas Draht um die PCR-Röhrchen an dem Ausleger aufzuhängen, einen Servomotor sowie einen Mikrocontroller zur Steuerung des Servos, eine Dose als Kranlager und natürlich eine Batterie für die Stromversorgung.

Die texanische Gruppe hat sich diese Bauteile in entsprechenden Läden oder bei Online-Händlern besorgt und dafür knapp 130 Dollar hingeblättert, das entspricht derzeit etwa 115 €. Zu einem ähnlichen Preis sollte man die Teile auch hierzulande auftreiben können.

Man könnte aber auch etwas mehr investieren und den Thermoskannen-Cycler mit Hilfe der Institutswerkstatt ein klein wenig aufpeppen, um seinen Durchsatz zu erhöhen. Hierzu müsste man sich lediglich an den kommerziellen High-Tech Wasserbad-Cyclern orientieren, die es tatsächlich schon längst gibt.

Wong et al. erwähnen diese kommerziellen Wasserbad-Thermocycler in ihrer Publikation nicht. Offensichtlich ist ihnen entgangen, dass Wasserbad-Cycler, die so groß sind wie Liquid-Handling Workstations, bereits heute abertausende PCR-Reaktionen auf einen Schlag erledigen.

Editorial

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Ganz so viele müssten es bei einem selbstgebauten Hochdurchsatz-Wasserbad­Thermocycler ja nicht sein. Mit einem etwas solideren Kransystem aus Metall, oder einer anderen Hebevorrichtung, sollte es jedoch möglich sein, mehrere PCR-Microtiterplatten auf einmal in die Wasserbäder einzutauchen.

Mit einem aktiven Heizsystem könnte man auch auf das Nachfüllen von heißem Wasser in die Thermoskannen verzichten. Und auch an der elektronischen Steuerung ließe sich sicher so manches verbessern, um den Durchsatz anzukurbeln.

Aber wer weiß, vielleicht existiert so ein selbstgebauter Hochdurchsatz-Wasserbad-Thermocycler bereits irgendwo in einem Labor − die Grundidee dafür könnte jedenfalls simpler nicht sein.

Harald Zähringer



Letzte Änderungen: 02.09.2015