Editorial

Würmer und Protozoen

Zitationsvergleich 2001 bis 2004: Parasitologie
von Lara Winckler, Laborjournal 03/2007


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Die Top 50-Parasitologen des deutschsprachigen Raums rekrutieren sich vor allem aus der Tropenmedizin Hamburg, Tübingen und Basel. Lieblingsthema ist Malaria, mit weitem Abstand folgt Leishmaniose.

Die Parasitologie oder "Schmarotzerkunde", wie sie früher auch genannt wurde, untersucht eukaryotische Parasiten. Das sind in erster Linie Protozoen wie der Malaria-Erreger, aber auch Platt-, Faden- und Ringelwürmer, Milben und Zecken, blutsaugende Insekten, Läuse und Flöhe. Parasitologen befassen sich mit deren Lebens- und Umweltverhältnissen, Parasit-Wirt-Beziehungen sowie möglichen Strategien zu deren Bekämpfung. Bakterien und Pilze, die ebenfalls zumindest fakultativ parasitisch leben, werden in der Bakteriologie und Mykologie als Teilgebiete der Mikrobiologie behandelt.

Parasiten kann man sich aus mehreren Richtungen nähern, entsprechend vereinigt die Parasitologie Wissenschaftler so verschiedener Forschungsgebiete wie Medizin, Genetik, Biochemie und Ökologie.


Vor allem Plasmodium

Die Protozoen sind eindeutig die liebsten Forschungsobjekte der Top 50 unter den deutschsprachigen Parasitologen: 37 Wissenschaftler widmen ihre Arbeit diesen einzelligen Parasiten. Mit dabei ist Christian Bogdan (11.), Medizinische Mikrobiologie der Uni Freiburg, und Martin Röllinghoff (5.), Leiter des Instituts für Klinische Mikrobiologie & Immunologie an der Uni Erlangen und bis 2002 Bogdans Chef.

Beide sind von Haus aus Immunologen und befinden sich damit in schwierigem Grenzgebiet. Sie forschen jedoch fast ausschließlich über den einzelligen Parasiten Leishmania major. Sie haben somit ihren Forschungsschwerpunkt deutlich auf der Parasitenimmunologie - Röllinghoff hat diese überhaupt erst in Erlangen eingeführt.

Knapp die Hälfte der Top 50-Parasitologen befasst sich mit der Malaria-Forschung, unterteilt in die Erforschung des Erregers Plasmodium falciparum und des Malaria-Vektors Anopheles gambiae. Vorneweg der Ex-Drosophila-Forscher Fotis Kafatos (1.), der 2005 vom EMBL Heidelberg ans Imperial College in London wechselte. Er analysiert das Genom von Anopheles gambiae und untersucht unter anderem die physiologischen und immunologischen Reaktionen des Moskitos auf eine Malariainfektion. Allein vier von Kafatos' Artikeln zur Genomsequenz von Anopheles brachten knapp 1000 Zitierungen ein. Da diese Paper von immenser Bedeutung für die Malaria-Community sind, stehen sie auch unter den meistzitierten Parasitologie-Artikeln.

Peter Kremsner (2.), Leiter der Humanparasitologie an der Tübinger Tropenmedizin sowie der Forschungsabteilung im Albert Schweitzer Hospital in Lambaréné in Gabun, untersucht mit seinen Mitarbeitern Bertrand Lell (25.) und Jürgen Kun (26.) die Unterdrückung von Allergien durch Parasiteninfektionen wie Wurmbefall und Malaria.

Die Tübinger Tropenmedizin schickt mit der AG Kremsner vier Top 50-Parasitologen ins Rennen, doch den ersten Platz im Instituts-Ranking nimmt das Bernhard-Nocht-Institut (BNI) für Tropenmedizin in Hamburg mit acht Top 50-Wissenschaftlern ein. Der Humanmediziner Achim Hörauf (9.), der bis 2003 die Helminthologe am BNI leitete und nun Direktor der Bonner Medizinischen Parasitologie ist, schafft es denn auch unter die Top 10.

Die Gießener Biochemiker Hassan Jomaa (7.) und Ewald Beck (16.) gehen den Malaria-Erreger aus Stoffwechsel-Sicht an. Vor einigen Jahren fand Jomaa in Plasmodium den DOXP-Stoffwechselweg, ein Bakterien-spezifischer Weg zur Synthese von Isoprenoiden. Dieser kommt neben Plasmodium noch in weiteren Humanpathogenen vor, wie etwa Mycobacterium tuberculosis und Helicobacter pylori. Die speziellen am DOXP-Weg beteiligten Plasmodium-Enzyme erwiesen sich als empfindlich für das Antibiotikum Fosmidomycin. Jomaa ließ sich daraufhin Fosmidomycin als Malaria-Medikament patentieren, seine Firma Jomaa Pharmaka GmbH ging jedoch 2002 Pleite.

Vier von insgesamt zehn Schweizer Top 50-Parasitologen arbeiten am Schweizer Tropeninstitut in Basel. Am höchsten platziert ist Reto Brun (3.), der Medikamente gegen Plasmodium und Trypanosoma brucei, den Erreger der Schlafkrankheit, sucht. Ihm folgt Institutsdirektor Marcel Tanner (4.), der gemeinsam mit Jacques Chollet (47.) neben Malaria auch die durch Pärchenegel verursachte Schistosomiase erforscht.

Echinococcus multilocularis, der Kleine Fuchsbandwurm, ist der gefährlichste Bandwurm der Schweiz, entsprechend sind auch drei der vier Echinokokken-Forscher unter den Top 50 Schweizer: Bruno Gottstein (12.) und Andrew Hemphill (20.) von der Berner Parasitologie sowie Peter Deplazes (18.) von der Molekularen Parasitologie Zürich.


Evolutionäres Wettrüsten

Nicht zu vergessen die Evolutionären Ökologen, die sich vor allem dem koevolutionären Wettrüsten zwischen Wirt und Parasit widmen. Zu ihnen zählen der Zürcher Paul Schmid-Hempel (28.), der Wirt-Parasiten-Systeme in Hummeln erforscht, sowie der Berner Zoologe Heinz Richner (37.). Sein Thema sind Ektoparasiten von Vögeln sowie deren Anpassung von Verhalten und Immunabwehr.

Zu den Exoten in diesem Vergleich gehört sicherlich Bernd Sures (43.) von der Hydrobiologie an der Uni Duisburg/Essen, der intestinale Fischparasiten und die Anreicherung von Schwermetallen in Endoparasiten untersucht. Gleiches gilt für Joachim Kurtz vom MPI für Limnologie Plön. Er erforscht Bandwürmer in Ruderfußkrebsen sowie den Einfluss der angeborenen Immunabwehr bei Parasitenresistenz in Fischen, verfehlt die Top 50 jedoch haarscharf.


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Letzte Änderungen: 30.05.2007