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Fotostudios für Gele
Produktübersicht: Geldokumentationssysteme

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Bei wenigen Laborgeräten ist die Bandbreite so groß wie bei Geldokumentationssystemen. Sie reicht von einfachen digitalen Nachfahren der guten alten GelCam bis zu Imaging-Stationen mit allen Schikanen, bei denen nur noch der Espresso-Automat fehlt.

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Foto: Hochschule Coburg

Die lange Zeit zur Standardausstattung molekularbiologischer Labore gehörende analoge GelCam in das digitale Zeitalter hinüberzuretten, war kein Hexenwerk für die Konstrukteure von Geldokumentations­systemen. Sie bestand im Wesentlichen aus zwei Bauteilen: einer haubenförmigen Dunkelkammer, die mit der breiteren Öffnung auf den Beleuchtungstisch gestellt wurde, sowie einer Polaroidkamera auf dem Haubendeckel, die ein Sofortbild des beleuchteten Gels schoss.

In den modernen Varianten ersetzt eine digitale Kamera die analoge Sofortbildkamera. Meist verwenden die Hersteller keine einfachen Photoapparate, sondern Kameras für wissenschaftliche Anwendungen, deren CCD-Detektoren sehr lichtempfindlich sind und mehrere tausend Graustufen erfassen.

Handy-Imager

Es geht aber noch simpler und preiswerter: Statt einer fest eingebauten Kamera enthalten einige Modelle nur eine Aufnahme für Smart Phone oder Tablet. Ein Handy-Gel-Imager lässt sich sogar mit zwei verschiedenen Filtern bestücken: einem 590-Nanometer-Bandpass-Filter für klassische Ethidiumbromid-gefärbte DNA-Gele sowie einem 535-Nanometer-Filter für die Anregung der als Ethidiumbromid-Ersatz immer populärer werdenden grünen DNA-Farbstoffe mit blauem Licht. Für Routineaufnahmen von Ethidiumbromid- oder grün-gefärbten DNA-Gelen sind diese günstigen Haubensysteme völlig ausreichend. Gruppen, die ihre Gele mit verschiedenen fluoreszierenden oder lumineszierenden Farbstoffen färben und neben DNA- auch Proteingele, 2D-Gele oder Immunoblots dokumentieren wollen, müssen jedoch etwas tiefer in die Taschen greifen.

Die erste Steigerungsstufe zu Haubensystemen sind Standgeräte mit eingebautem UV-Transilluminator sowie integrierter Dunkelkammer mit eingebauter Tür und Aufnahmetisch für verschiedene Gelformate. Das UV-Licht der häufig mit ­302 nm oder 312 nm-Röhren bestückten ­Transilluminatoren lässt sich meist mit entsprechenden Filterplatten auf die gewünschten Wellenlängen einstellen: Weißlichtplatten liefern weißes Licht für ­Coomassie-gefärbte PAGE-Gele, blaue Platten wandeln die UV-Strahlen in blaues Licht mit 470 nm um, das grünfluoreszierende Fluorophore anregt und UV-Platten machen aus 302/312 nm UV etwas weicheres 365 nm UV für die Gelpräparation.

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Verschiedene Filterplatten

Sind an den Wänden der Dunkelkammer zusätzliche UV-Lampen angeordnet, die den Aufnahmetisch von oben beleuchten, lassen sich neben Gelen auch Dünnschichtchromatographieplatten auswerten. In den Basisausführungen muss der Anwender die Systeme meist an einen Computer anschließen, der die Kamera über ein mitgeliefertes Bildaufnahme-Programm steuert.

Keine Wünsche offen lassen autonome Geldokumentations-Systeme mit integriertem Computer sowie Touch-Screen, der die aufgenommenen Gele anzeigt und als Bedienungszentrale dient. Diese Alleskönner kann man mit sämtlichen Funktionen aus- beziehungsweise aufrüsten, die der Experimentator für die Dokumentation seiner Gele benötigt: Transilluminatoren in unterschiedlichen Größen, die mit zwei oder drei UV-Röhren ausgestattet sind; diverse Filter- sowie Konverter- und LED-Platten für jede noch so ausgefallene Wellenlänge; oder zusätzliche Lampen, die weißes, blaues oder UV-Auflicht etwa für das Imaging von Western Blots oder 2D-Gelen liefern. Auch bei den Kameras hat der Käufer in der Regel mehrere Optionen.

Konkurrenz für Scanner

Inzwischen sind CCD-Kamera-basierte Geldokumentationssysteme auch in eine Imaging-Domäne vorgestoßen, die lange Zeit Laser-Scannern vorbehalten war: die Auswertung zweidimensionaler differentieller Gelelektrophorese ­(2D-DIGE)-Gele.

Die 2D-DIGE ist eine clevere Variante der klassischen 2D-Gelelektrophorese, die Jonathan Mindens Gruppe von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, USA, bereits 1997 vorstellte. Bei ihr markiert man zwei Protein-Proben sowie einen internen Standard, der aus einer Mischung der eingesetzten Proben besteht, mit verschiedenfarbigen Cyanin-Farbstoffen. Anschließend trennt man die Fluoreszenz-markierten Proteine durch Isoelektrische Fokussierung und danach auf einem PAGE-Gel.

Da alle Proben auf das gleiche Gel aufgetragen werden, eliminiert man Unterschiede zwischen verschiedenen Gel-Läufen, die bei der konventionellen 2D-PAGE zwangsläufig auftreten. Hinzu kommt, dass anhand des internen Standards und der sehr sensitiven Cyanin-Farbstoffe selbst kleinste Unterschiede in der Expression der Proteine messbar sind.

Als Standard-Gerät für die Auswertung von DIGE-Gelen verwenden Proteomiker zumeist einen sündhaft teuren Laser-Scanner. Der Laserstrahl des Geräts tastet das Gel Punkt für Punkt ab und regt die Cyanin-Farbstoffe der gelabelten Proteine zur Fluoreszenz an. Ein Detektor erfasst die emittierten Fluoreszenz-Strahlen und leitet sie für die Bildkonstruktion an eine Recheneinheit weiter.

Der Laser-Scanner wertet die DIGE-Gele sehr präzise aus, benötigt hierfür jedoch mehr als eine halbe Stunde pro Gel und speichert die Bilddaten in einer knapp ­12 MB großen Datei.

Deutlich schneller arbeitet ein neuentwickelter 2D-DIGE-Imager auf Basis einer CCD-Kamera. Die Gruppe des Proteomikers Ralf Rabus von der Universität Oldenburg testete den Imager auf seine Praxistauglichkeit (Strijkstra et al., Proteomics 16, 1975-79). Die Funktionsweise des DIGE-Imagers entspricht der eines Geldokumentationssystems mit zusätzlichem Auflichtsystem. Das Gel wird auf dem Probentisch am Fuß der Dunkelkammer platziert und seitlich von oben in einem exakt eingestellten Winkel mit farbigem LED-Licht bestrahlt.

Über einen Filter sowie eine Optik gelangt die von den Proben emittierte ­Fluoreszenz auf die CCD-Detektoren einer Kamera, die wie üblich auf dem Deckel der Dunkelkammer positioniert ist. Die einzelnen Pixel der CCD-Detektoren wandeln das Lichtsignal in einen elektrischen Strom um, der schließlich von einem Analog/Digital (A/D)-Umwandler in Graustufen übersetzt wird. Da der A/D-Konverter einer 16-Bit-Kamera 216 = 65.536 Werte darstellen kann, löst diese entsprechend viele Graustufen auf.

Praxistest

Rabus‘ Gruppe arbeitet in Oldenburg unter anderem an den Bodenbakterien Aromatoleum aromaticum sowie den Meeresbakterien Desulfobacula toluolica und Phaeobacter inhibens. Es lag also nahe diese Mikroorganismen verschiedenen 2D-DIGE-Experimenten zu unterziehen und die Gele anschließend mit dem ­Laser-Scanner und dem neuen CCD-Imager zu analysieren.

Das Team verglich zunächst die ­Linearität und das Detektionslimit, ohne hierbei einen wesentlichen Unterschied festzustellen. Ähnlich wie beim Laser-Scanner erstreckt sich der lineare Bereich der CCD-Kamera über vier Größenordnungen. ­Das ­Detektionslimit für Cyanin-gefärbte Proteine liegt unter einem Nanogramm.

Etwas schlechter als der Laser Scanner schnitt der CCD-Imager bei der Erkennung einzelner Protein-Spots ab. Seine Erkennungsquote lag bei 86 bis 90 Prozent der von dem Scanner registrierten Spots. Ebenbürtig war er jedoch bei der Analyse der Expressionsunterschiede zwischen den untersuchten Proteinproben – und das ist letztlich die entscheidende Aussage eines 2D-DIGE-Experiments. Rabus‘ ­Mannschaft untersuchte die Volumina von 793 Spots und die hieraus abgeleiteten Mittelwerts-Verhältnisse (Average Ratio), die ein Maß für die Expressionsunterschiede darstellen. 676 Spots zeigten mehr oder weniger identische Werte, etwas größere Abweichungen von den Mittelwerts-Verhältnissen des Laser-Scanners verzeichnete das Team lediglich in 55 Fällen.

Rabus‘ Gruppe sieht in dem CCD-Imager eine vielversprechende Alternative für die Auswertung von 2D-DIGE-Gelen. Dies umso mehr, da die Aufnahme und Analyse eines Gels nur drei Minuten dauert und die gespeicherte Bilddatei gerade mal drei MB Speicherplatz benötigt.

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(Erstveröffentlichung: H. Zähringer, Laborjournal 10/2016, Stand: September 2016, alle Angaben ohne Gewähr)




Letzte Änderungen: 12.10.2016