Editorial

Sieben goldene Regeln

Bilder besser präsentieren (Teil 1)

Katharina Hien und Steffen Rümpler


Abbildungen sind das Herz jeder Textbotschaft, und wissenschaftliche Veröffentlichungen sind oft Musterbeispiele dafür, wie man's nicht machen soll. In den nächsten Monaten erfahren Sie an dieser Stelle, wie man seinen Lesern oder seinem Auditorium bildhafte Botschaften perfekt übermittelt.

Bilder und Abbildungen übernehmen wichtige Aufgaben in Papern, Postern oder Powerpoint-Vorträgen. Ein Beispiel: Ohne die zwanzigstufige Enzymkaskade bildlich darzustellen, kann man sich die entsprechenden komplexen Zusammenhänge kaum einprägen oder sie nachvollziehen. Anstelle unverständlicher Zahlenkolonnen prangt in des Wissenschaftlers Paper daher besser eine Spektralkurve oder eine Röntgenstruktur. Darüber hinaus werten Bilder ein Paper auch aus dekorativen Gründen auf. In Bleiwüsten verdurstet der Leser.

Physiologisch gesehen ist der Mensch ein Augentier. Mit Mess-Ergebnissen in Form von Tonhöhen hätten wir größte Schwierigkeiten. Darüber hinaus sind wir inzwischen auch durch die Medien und die vielen optischen Messverfahren an die Informationsübertragung durch Bilder gewöhnt.

In wissenschaftlichen Veröffentlichungen sind zwei Arten von Bildern zu finden: Abbildungen und logisch-analytische Bilder. Abbildungen, also Fotos, Zeichnungen, Film und Video, ähneln dem Original. Sie sind bei Beschreibungen von Äußerlichkeiten sinnvoll, etwa wenn man zwei Finkenarten aufgrund äußerlicher Merkmale voneinander unterscheiden will. Das logisch-analytische Bild dagegen stellt abstrakte Strukturen dar in Form von Schemazeichnungen, Diagrammen oder Formeln. Sinnvoll ist dies, wenn Wirkmechanismen oder zeitliche Abläufe wie Signalketten dargestellt werden sollen. Auch die dreidimensionale Darstellung eines Moleküls erklärt oft mehr als eine lange Beschreibung.

Für aussagekräftige Abbildungen, die eingängig und angenehm anzuschauen sind, gibt es sieben goldene Regeln:

7 goldene Regeln für das perfekte wissenschaftliche Bild
  1. Planen: Werkzeugwahl, Unwichtiges weglassen, Zielgruppe beachten.
  2. Optimale Aufmerksamkeit erzeugen: Ausschnitt, Größenkontrast, Abstraktionsgrad.
  3. Farbigkeit nach Natur, starke Kontraste, ruhige Hintergründe.
  4. Umrahmung und Outline nutzen.
  5. Wenig Pfeile, Beschriftung in max. zwei Richtungen.
  6. Eine Schriftart und -größe, keine Inversschrift.
  7. Blicksteuerung: Wichtiges in die Mitte und entlang der Blickrichtung.

Planen des Bildes

Elementar für die Erstellung des Bildes ist das passende Tool. Damit sparen Sie Zeit und sind flexibel in der Darstellung. Der Goldstandard sind derzeit "Microsoft Visio" für Diagramme und schematische Zeichnungen sowie "Adobe Photoshop" für Fotos.

Sie sollten überlegen, welche Inhalte Sie im Bild vermitteln wollen. Ihre innere Vorstellung sollte der äußeren Darstellung entsprechen. In der Praxis werden jedoch ungewollt oft Nebensächlichkeiten hervorgehoben. Stellen Sie das Wesentliche heraus, keine Kinkerlitzchen. Nebenaussagen und grafische Schnörkel wie Schattierungen und Reliefschrift lenken von der eigentlichen Aussage ab. Nutzen Sie dreidimensionale Darstellungen nur, wenn diese für die Bildaussage auch benötigt werden. Fragen Sie sich, wer Ihr Bild anschauen wird und verstehen muss. Für die Presseerklärung wird ein Bild benötigt, das auch Laien verstehen, Ihre Abbildung in Science richtet sich hingegen an Kollegen.


Aufmerksamkeit erzeugen

Wählen sie optimale Ausschnitte, um Informationen zu fokussieren. Sollen Vorgänge an der DNA dargestellt werden, lenken Kernstrukturen in der Umgebung nur ab. Mit Größen- und Farbkontrasten können Sie Aufmerksamkeit gezielt steuern. Stellen Sie großen Bildelementen kleine gegenüber, kennzeichnen Sie wichtige Strukturen durch eine Farbwahl, die besonders stark mit der Hintergrundfarbe im Kontrast steht - dann sticht die kleine gelbe Polle auf dem blauen Blütenblatt sofort ins Auge. Je abstrakter ihr logisches Bild oder die Elemente darin dargestellt sind, umso mehr liegt der Fokus auf dem Inhalt. Wenn es zur Aussage ausreicht, kann ein komplexes Enzym lediglich als Kreis dargestellt werden.


Farbe, Kontrast, Hintergründe

Die Farbe der Abbildung sollte mit dem abgebildeten Gegenstand zu tun haben. Orientieren Sie sich nicht nur an Ihrem persönlichen Geschmack, beispielsweise Ihrer Lieblingsfarbe. Eine quietschbunte Farbgebung, die manche Menschen für "fröhlich" halten, ist zu vermeiden. Sie erzeugt keine visuelle Fokussierung und lenkt den Betrachter vom Wesentlichen ab. Verwenden Sie nur so viele Farben, wie zum Transport der Informationen nötig sind.

Gefährlich sind auch bestimmte Farbkombinationen. Besonders Komplementärfarben wirken irritierend: Die Zusammenstellungen Orange und Blau, Lila und Gelb, Grün und Rot, aber auch Rot und Grau sollten vermieden werden. Bei der Farbwahl ist auf einen hohen Farbhelligkeitskontrast zu achten, damit die Objekte auch auf einer Schwarz-Weiß-Kopie noch erkennbar sind. Schwierigkeiten erzeugen beispielsweise Kombinationen von bestimmten Rot- und Grüntönen oder Grün- und Blautönen mit ähnlicher Farbhelligkeit. Helles Gelb verschwindet gerne auf Kopien. Um sicher zu gehen, sollten Sie die Grafiken unter Photoshop im Graustufen-Modus betrachten oder eine Kopie anfertigen, denn die Farben am Bildschirm weichen meist von den tatsächlich gedruckten ab.

Verwenden Sie zur besseren Lesbarkeit Ihrer Abbildung einen ruhigen Hintergrund ohne Muster oder Strukturen. Die dargestellten Objekte müssen sich vom Hintergrund stark abheben um gut erkennbar zu sein. Dabei ist es sinnvoll, einen hellen (aber nicht strahlend weißen) Hintergrund zu wählen. Ein dunkler oder schwarzer Hintergrund ermüdet die Augen.

Umrahmungen und Outline

Mit einem Bildrahmen heben Sie das Bild vom Text ab. Allerdings ist hier Vorsicht geboten - das Ergebnis sollte nicht aussehen wie eine Traueranzeige. Wählen Sie einen schmalen Rand, der zur vorhandenen Bildgröße passt.

Bei abstrakten oder logischen Bildern ist es vorteilhaft, die einzelnen Strukturen mit einer Kontur zu versehen, der so genannten "Outline". Diese sollte dicker sein, als man sie von sich aus zeichnen würde, das lässt die Figur geschlossen wirken. Lassen Sie Schraffuren und Schatten, sowie andere überflüssige Details weg - das lenkt den Betrachter nur vom Eigentlichen ab.


Pfeile und Beschriftungen

Um einen zeitlichen Vorgang oder ein Ursache-Wirkungsgefüge dazustellen, sind Pfeile wichtig. Diese sollten nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Durch Farbe und Form verdeutlichen Sie unterschiedliche Aussagen. Beispielsweise verweist der grüne Pfeil ("Weiter geht's") auf einen Vorgang, der weiter fortschreitet oder ein roter Pfeil ("Stopp!") auf das letzte Substrat im Wirkgefüge. Dünne Pfeile könnten verschiedene Schritte einer Kette aneinanderreihen, ein dicker Pfeil jedoch zeigen, dass sich Substrat A in Substrat B verwandelt. Grundsätzlich sind Pfeile oder Boxen sparsam zu verwenden.

Für die Beschriftung einer Abbildung sollten möglichst dünne Striche zwischen der zu beschriftenden Struktur und dem erläuternden Text gewählt werden. Es muss jedoch zweifelsfrei erkennbar sein, welche Struktur gemeint ist. Beschriften Sie die Abbildung nicht wahllos von allen Seiten aus, sondern wählen Sie einen Rand, an dem die Beschriftungstexte stehen.


Schriften

Benutzen Sie in Ihrer Abbildung möglichst nur eine Schriftart und wenig unterschiedliche Schriftgrößen. Begrenzen Sie die Auszeichnungen auf "fett", "kursiv" und "unterstrichen". Für kurze Texte können Schriften ohne Serifen genutzt werden (z.B. Arial oder Tahoma), für längere Texte sind Schriften mit Serifen (z.B. Times New Roman, Courier New) besser lesbar. Verwenden Sie keine Comic- oder andere Motivschriftarten. Sie sind in der Regel schlecht lesbar und erzeugen statt Auflockerung eher Unglaubwürdigkeit. Wählen Sie eine dunkle Schriftfarbe für eine gute Lesbarkeit. Helle Schrift auf dunklem Grund (Inversivschrift) ermüdet die Augen und ist schwierig zu lesen. Lediglich bei genügend hoher Schriftgröße erzeugt sie auf dunklem Untergrund starke Kontraste. Daher eignet sie sich gut für Schlagwörter und Überschriften.

PopUp: Alles so schön bunt hier? Wie man's (nicht) machen sollte

Blicksteuerung: die visuelle Story

Während wir ein Bild betrachten, folgen wir meist einer bestimmten Blickrichtung. Legt der Autor die wichtigen Bestandteile des Bildes in diese Blickrichtung, führt er das Auge des Betrachters so, dass er den Inhalt optimal aufnehmen kann. Diese Linie führt von links oben nach rechts unten im Bild. Entlang dieser Linie sollten Sie eine "visuelle Geschichte" erzählen. Die Kerninformation sollte dabei in der Mitte stehen.

Wie man mit Bildern wissenschaftliche Befunde unscharf oder gar falsch darstellen kann, hat zuletzt der koreanische Stammzellforscher Hwang gezeigt. Er veröffentlichte u.a. Fotos angeblich geklonter humaner Stammzelllinien - und was daraus wurde, das wissen Sie ja...


Steffen Rümpler ist Diplom-Biologe und Diplom-Grafik-Designer. Er ist Dozent an der Grafikschule Freiburg und erstellt in seiner Firma mediastart Internet-Seiten und wissenschaftliche Abbildungen.

Katharina Hien ist Diplom-Biologin und freie Wissenschafts-Journalistin. Sie erstellt wissenschaftliche TV-Beiträge und arbeitet seit 2002 für Laborjournal.



Letzte Änderungen: 24.04.2006