Editorial

Sorvall und Co. rotieren zu Thermo

Der US-Zentrifugenbauer Kendro SPX wird von Landsmann Thermo gekauft. Im Paket ist als Dreingabe auch die Oberschleißheimer H+P Labortechnik enthalten.

(24.01.2005) Bei achthundertdreiunddreissigeinhalb Millionen bar auf die Hand wurde SPX-Chef Christopher Kearney schließlich schwach: Soviele Dollars "in cash" will ihm sein Kollege Marijn Dekkers von der Thermo Electron Corporation (Boston, Massachusetts) für SPX' Life Science-Sparte zahlen. Diese rangiert im umfassenden SPX-Portfolio unter dem Namen "Kendro SPX".

Keiner weiß es: Sorvall und Heraeus "sind" längst Kendro

Der Zentrifugenbauer Kendro aus Charlotte/North Carolina dürfte den wenigsten Wissenschaftlern ein Begriff sein. Dabei arbeiten die meisten täglich mit Kendro-Geräten: Die populären Marken Sorvall und Heraeus kommen aus genau diesem Stall, sie wurden längst von Kendro SPX übernommen. Weitere Kendro-Marken sind Revco, Queue, Lindberg/Blue, Jewett, Harris, Cryonix sowie Puffer Hubbard.

Kendros Muttergesellschaft, die amerikanische SPX Corporation, ist ein Riesenkonzern mit weltweit mehr als 24.000 Angestellten und einem 5,1 Milliarden Dollar-Umsatz (Stand 2003; neuere Zahlen sind nicht verfügbar). Zwei Drittel des Gesamtumsatzes werden in den USA erzielt, immerhin ein Achtel (also gut 600 Millionen Dollar) in Deutschland. SPX verkauft technische und industrielle Produkte aller nur denkbaren Kategorien - die Produktpalette reicht von Funkantennensystemen über Stromtransformatoren für Kraftwerke, von Ölpumpen und Filtrationssystemen bis hin zu industriellen Kühlsystemen. Und jede Menge mehr.

Sechsjähriges SPX-Intermezzo in den Life Sciences beendet

Bis Januar 2005 gehörten innerhalb der Life Science-Sparte namens "Kendro SPX" auch Zentrifugen, Inkubatoren, Sterilbänke und derlei mehr zum Produktprogramm. Der Verkauf von Kendro an die ebenfalls amerikanische Thermo Corporation beendet ein eher kurzes Intermezzo im Hause SPX: Erst 1998 war die Life Science-Sparte innerhalb der "General Signal"-Übernahme (unter dem Namen "Revco") von SPX erworben worden. Für läppische 75 Millionen Dollar.

SPX hat die Sparte zuletzt stark gepusht: 2003 war Kendro SPX für einen Jahresumsatz von 365 Mio. Dollar verantwortlich, das entspricht gut 7 % am gesamten SPX-Geschäft. Die Gewinnmarge gibt der neue Besitzer Thermo mit 17-18 Prozent an, dem entsprächen 62-65 Mio. Dollar Gewinn/Jahr.

Zum Vergleich: Der neue Besitzer Thermo, der sich selbst als "World Leader in Analytical Instruments" bezeichnet, macht eigenen Angaben zufolge mit 10.000 Angestellten in 30 Ländern derzeit über zwei Milliarden Dollar Umsatz, ist also auch nicht gerade ein kleiner Fisch im großen Life Science-Teich. Im vergangenen Jahr 2004 dürfte der Reingewinn des Thermo-Konzerns bei über 300 Mio. Dollar gelegen haben (die genauen Zahlen sind noch nicht veröffentlicht).

Aktie: stabil, aber kaum Bewegung

Die Thermo-Aktie (WKN 857 209) befindet sich seit Mitte 2002 (damals um 16 Euro) in einem stabilen, wenn auch trägen Aufwärtstrend (derzeitiger Kurs: knapp 23 Euro). Die Kendro-Übernahme von Ende letzter Woche hat sich bisher kaum auf den Kurs ausgewirkt (minimaler 4 %-Hüpfer).

Übrigens ist auch eine Firma deutscher Herkunft direkt von der Kendro-Aquisition betroffen: Die Oberschleißheimer H+P Labortechnik wurde im April 2004 von Kendro übernommen und nun im Paket an Thermo weitergegeben.

Und falls Sie mal vorbeischauen wollen: Wo liegt eigentlich Thermo-Land? Die deutsche Niederlassung ist in Dreieich (Städtedreieck Frankfurt-Offenbach-Darmstadt), die schweizerische in Ecublens (Nähe Lausanne) beheimatet.

Winfried Köppelle



Letzte Änderungen: 24.01.2005