Editorial

Würmer vom Wühlen

Parasiten können dem Menschen auch indirekt schaden – zum Beispiel, indem sie seine Nutztiere plagen. Dank der Ergebnisse von Wiener Tiermedizinern könnte für Schweine diesbezüglich jedoch bald eine gewisse Erleichterung in Sicht kommen.

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(7. Juni 2013) Schweine wühlen gerne, das ist bekannt. Dumm nur, dass in so mancher Tierstall-Einstreu die Larven des so genannten Knötchenwurms, Oesophagostomum dentatum, lauern. Nimmt ein Tier diese beim Wühlen auf, wandern die Larven zunächst über den Verdauungstrakt in den Dickdarm der Schweine. In den nächsten 6 bis 17 Tagen graben sich die Larven in die Darmschleimhaut, kapseln sich infolge der ausgelösten Immunreaktion in erbsengroßen Knötchen in der Darmwand ein und entwickeln sich dort zu den Endlarven. Diese verlassen wieder die Darmschleimhaut, kapseln sich erneut ein und reifen innerhalb weniger Tage zu den 7 bis 15 mm langen, geschlechtsreifen Nematoden. Deren Eier werden wiederum in die Einstreu ausgeschieden, entwickeln sich zu Larven... –  und dann kommt sicher bald das nächste Schwein und wühlt.

Dass es den Schweinen nach Knötchenwurm-Befall schnell schlechter geht, ist somit kein Wunder: Die ausgelösten Durchfälle führen zu Gewichtsverlust und können sogar das Wachstum der Tiere drosseln. In einigen Fällen bringt der Wurm die Paarhufer gar um. 

Vor allem mit Methoden der Proteomik rückten nun Doktorandin Martina Ondrovics und ihr Team um Anja Joachim vom Institut für Parasitologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien den lästigen Würmern zu Leibe. Gemeinsam mit australischen und US-amerikanischen Kollegen identifizierten sie zunächst mithilfe eines In-vitro-Kultursystems spezifische Inhibitoren der Oesophagostomum-Proteinsynthese, die gleichsam die Wurmentwicklung störten. Vier davon, allesamt Hydrolase-Inhibitoren, wählten sie schließlich aus für den „Proteomik-Teil“ ihrer Studie (PLoS ONE 8(5): e63955. doi:10.1371/journal.pone.0063955).

Darin verglichen sie die Proteomprofile von Larven, deren Entwicklung durch  die Inhibitoren ausgebremst war, mit denjenigen von „ungehemmten“ Kontroll-Larven. Am Ende der Auswertung waren dem Team insbesondere 22 Wurmproteine aufgefallen, deren Expression in den entwicklungsgestörten Larven deutlich herunter gedrosselt war. Zwölf davon steuern offenbar auf unterschiedliche Weise verschiedene Stadien der Larvenentwicklung mit, während drei weitere für deren Einkapselung essentiell zu sein scheinen. Zu ersteren gehören etwa Regulatoren des Fett- und Energie-Stoffwechsels, zu letzteren zwei Filament-assozierte Proteine.

Welche Erwartungen die Autoren nun an diese Ergebnisse knüpfen, beschreibt Martina Ondrovics folgendermaßen: „Die Parasiten werden zunehmend gegen resistent die Mittel, die wir zur Hand haben. Daher brauchen wir dringend neue Zielstrukturen für spezifische und wirksame Eingriffe in deren Treiben. Die Proteine, die wir jetzt identifiziert haben, scheinen nun in fundamentale Entwicklungs- und Reifungsprozesse des Wurms eingebunden. Daher hoffen wir, dass einige davon sich als ideale Kandidaten entpuppen werden, gegen die wir neue und vor allem selektive Inhibitoren entwickeln können.“

Womit auch so manches Schwein „Schwein haben“ würde.

Ralf Neumann



Letzte Änderungen: 11.07.2013