Editorial

Das Kalenderblatt des Monats September

Die Laborheilige des aktuellen Monats ist die heilige Marion, die Schutzpatronin aller ehrgeizigen Forscher ohne Ergebnisse. Ihr Symboltier: Die Schnecke.

(06.09.2004) 1. Die Laborheilige des Monats September: Die heilige Marion, die Schutzpatronin aller ehrgeizigen Forscher ohne Ergebnisse. Symboltier: Die Schnecke.

Schon als Kind zeichnete sich Marion durch großen Ehrgeiz aus. Zuerst richtete sich der auf Sport. Doch dann brach sie sich das rechte Schienbein. Monatelang mußte sie zuschauen, wie andere die Aschenbahn entlanghechelten und das Lob des verehrten Turnlehrers einheimsten. Diese Qual veränderte Marions Leben. Statt ans Reck warf sie sich auf Biologie und Deutsch. Ihre phantasievollen Aufsätze waren berühmt. Und Biologie erst: Marion konnte sämtliche Arten und Unterarten des Genus Schnecke auswendig aufsagen.

Angehende Genies studieren bekanntlich Medizin - so auch Marion. Das Studium war einfach: einige Bücher auswendig lernen, bei Prüfungen verführerisch lächeln und die Beine übereinander schlagen. Aber die Doktorarbeit! Dieses ewige Pipettieren, diese endlosen Enttäuschungen. Marion verzweifelte fast. Doch dann traf sie ihn! Ihn, der wußte, wo's lang ging. Den Mann ihres Lebens. Friedhelm hieß er und ähnelnde verblüffend ihrem alten Turnlehrer. Die gleiche Brille, der gleiche Bart, die gleichen schütteren strohgelben Haare. Friedhelm war ein großer Forscher und Marion wollte ihm gleichen. Man forschte zusammen, man publizierte zusammen, man schlief zusammen.

Doch Forschen ist schwer. Wer kann es sich schon leisten, jahrelang täglich 12 Stunden im Labor zu stehen, ohne ein publizierbares Ergebnis vorzuweisen? Doch Marion - oder war es Friedhelm? - hatte eine geniale Idee. Die meisten Ergebnisse sind voraussagbar. Warum nicht die Belege für diese Ergebnisse im PC erzeugen? Warum Material und Arbeit vergeuden? Die Quelle dieser Idee ist unklar. Marion schreibt sie selbstlos dem geliebten Friedhelm zu. Heilige sind eben bescheiden. Wie auch immer: Die Idee lief gut. Marion und Friedhelm ernteten die hohen Weihen der akademischen Zunft.

Doch das Böse schlief nicht. Ein Mitarbeiter verleumdete Marion. Sie wurde an den Pranger gestellt und mit Pfeilen des Neides und Hohns gemartert. Dennoch hilft der Märtyrerin Segen bis heute vielen medizinischen Forschern aus Publikationsnöten.

2. Dem Forscher zum Geleit

mit Ratten zahllos kämpf ich tief in der Keller stickgem Mief

und zagend schleich ich in die Kammern wo die Strahlenquellen lauern

wo meine Hoden danach jammern sich hinter massig Blei zu kauern

doch dann betracht ich blaue Gele weißlich schäumt des Puffers Flut

und meiner zarten Forscherseele tut dies stille Schäumen gut

3. Der Karrieretip

Wer seine Macht behalten will, sollte sie nicht zeigen (Unbekannt)

4. Forschers Trost

Keiner kann nichts und keiner kann alles. (Deutsches Sprichwort)

5. Unser Menüvorschlag: Gummibärchen nach Forscherart

Dieses Spezialität erfordert etwas handwerkliche Geschicklichkeit. Nehmen Sie eines Ihrer zahllosen SDS-Gele, die nichts geworden sind bzw. nichts aussagen. Das Gel wird sorgfältig in 15 mM Na-Citrat pH 5.0 gewaschen (mindestens dreimaliger Wechsel der Waschflüssigkeit) und danach auf sauberes Papier getrocknet.

Jetzt nehmen Sie eine Schere zur Hand und schneiden in Scherenschnittmanier soviele Gummibärchen aus wie möglich. Die ausgeschnittenen Bärchen lassen Sie über Nacht in 15 mM Na-Citrat pH 5.0, 10% Gelatine und 5% Sucrose quellen. Am nächsten Morgen die Bärchen in einem Sieb abtropfen lassen und vorsichtig die Papierreste entfernen. Danach im Labor herumreichen.

Siegfried Bär



Letzte Änderungen: 28.09.2004