Editorial

Probier's mal mit Fiji

Open Source Bildauswertung

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(30. August 2012) Moderne Mikroskope liefern tausende von Bildern, die kein Mensch mehr allein per Auge auswerten kann. Dazu braucht man Bildverarbeitungsprogramme. Fiji ist eine neue Distribution des altbekannten Open Source-Programms ImageJ. Das Akronym Fiji steht zwar für Fiji is Just ImageJ, bietet aber einige Extras, die speziell für Biologen interessant sein könnten.

Auf den ersten Blick kann Fiji natürlich alles, was ein normales Bildbearbeitungsprogramm können muss: ausschneiden, einfärben, ansprühen, aber auch Winkel ausmessen oder Längen bestimmen und etliche Bildformate lesen, die einem im Laboralltag begegnen können, zum Beispiel JPEG, TIFF und FITS, DICOM oder Raw-Dateien. Doch zudem hält Fiji viele bereits eingebaute Plugins bereit, kleine Softwarekomponenten, die zusätzliche Funktionen bieten. „ImageJ wurde nicht für biologische Bildauswertung gemacht, sondern für generelle Bildauswertung, wie man sie auch in der Astronomie und den Materialwissenschaften macht. Die Biologie war nur ein Teil davon, den Fiji jetzt voll ausfüllt“, erklärt Projektkoordinator Pavel Tomancak vom Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) in Dresden, Mitautor eines kürzlich erschienenen Papers über Fiji (Nat Methods 2012, 9(7):676-82).

Eines dieser Plugins ist zum Beispiel TrakEM2, mit dem ohnehin das ganze Fiji-Projekt anfing. „Albert Cardona schrieb TrakEM2, eines der größten ImageJ-Plugins, für die Rekonstruktion von Elektronenmikroskopie-Daten (PLoS ONE 7(6): e38011). Doch TrakEM war so komplex, dass die Standard-Version von ImageJ es nicht unterstützte und es schwierig zu installieren war“, erklärt Tomancak. Also musste ein neuer Ableger von ImageJ her, den Albert Cardona zusammen mit Johannes Schindelin, dem jetzigen Hauptentwickler von Fiji anging. „Albert erzählte mir von der Idee und ich fand es großartig!“, schwärmt Tomancak.

Mit TrakEM2 lassen sich einzelne Elemente aus einer Serie von Mikroskopaufnahmen zu 3D-Bildern zusammensetzen, zum Beispiel einzelne Zellen aus Gewebeschnitten (hier geht’s zum Tutorial). Zudem lassen sich Flächen und Volumina von unregelmäßig geformten Objekten bestimmen oder Aufnahmen bequem einfärben. Um diese und noch mehr Funktionen auszuprobieren bietet Fiji allerlei Beispielbilder an (File > Open Samples): Animierte Bildsequenzen von Schnitten durch ein Fliegenhirn oder eine 3D-Animation der Cochlea einer Fledermaus. Aber auch Bilder von fluoreszenzmarkierten HeLa-Zellen, Baumringen oder einer Galaxie finden sich in der Sammlung.

Doch Fiji ist vor allem auch ein freies, quelloffenes Programm, das die Nutzer kostenlos und ohne Beschränkungen für ihre Zwecke verwenden dürfen, das sie ihren Laborkollegen einfach so weitergeben dürfen, ohne darauf achten zu müssen, ob noch Lizenzen frei sind, dessen Arbeitsweise sie – zumindest theoretisch – genau unter die Lupe nehmen können und das sie so verändern dürfen, dass es ihren Bedürfnissen entspricht. „Für uns fing das als kleines Projekt an, wir haben die Plattform benutzt, um Lösungen für unsere eigenen Probleme zu finden. Mit der Zeit kamen immer mehr Nutzer dazu“, so Tomancak über Fiji.

Auch, wenn Fiji für die Nutzer kostenlos ist, kostet die Entwicklung natürlich Geld. Der Server muss am Laufen gehalten werden, Programmierer müssen bezahlt werden. Tomancak dazu: „Open Source-Projekte fallen leider nicht in die Förderkategorien, die von Grants abgedeckt werden. Das sollte sich ändern!“ Viele Förderorganisationen zahlen demnach lieber für teure Software-Lizenzen, statt Projekte zu fördern, die freie, für alle kostenlos erhältliche Software produzieren. Cardona und Tomancak kommentieren dazu spitz in Nature Methods: „Bemerkenswerterweise haben Förderorganisationen nichts dagegen zehntausende von Dollars für kommerzielle Lizenzen zu zahlen, für Software-Pakete, die starr und undurchsichtig sind, was ihre Arbeitsweise angeht, und unter großen Schwierigkeiten nur im Batchbetrieb laufen und viel kosten.“ (Nat Methods 2012, 9(7):661-5)

Zum Vergleich: Die Arbeit, die Schindelin, Cardona, Tomancak und Co. in den letzten vier Jahren für Fiji geleistet haben, hätte sich eine Software-Firma – gemessen in der Menge an Programm-Code, der entstanden ist – mit schlappen 15 Millionen Euro bezahlen lassen.


Valérie Labonté
Bild: dioxin / photocase.com



Letzte Änderungen: 12.09.2012
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