Editorial

Karrieresprung am Weltfrauentag

Verleihung der Berta Karlik-Professuren der Uni Wien

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(8. März 2012) Auch heute noch stoßen zu viele Wissenschaftlerinnen in Universitäten oder Instituten an die sogenannte „Gläserne Decke“ – nach einem mittleren Karriereschritt geht es  nicht mehr weiter. Mit der heutigen Verleihung von drei Berta Karlik-Professuren will die Uni Wien Wissenschaftlerinnen auf dem Weg nach oben unterstützen. Die Molekularbiologin Verena Jantsch-Plunger von den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien bekommt eine der drei Professuren.

Um die Berta Karlik-Professuren hatten sich 63 Wissenschaftlerinnen beworben. Vorraussetzungen dafür waren, dass sie erstens an der Uni Wien angestellt waren und zweitens internationale Förderung in einem Exzellenzprogramm nachweisen konnten. Neben Verena Jantsch-Plunger wurden die Physikerin Paola Ayala und die Sprachwissenschaftlerin Brigitta Busch ausgewählt. Mit den Professuren will die Uni Wien die Chancen der drei Wissenschaftlerinnen auf eine spätere Berufung im In- oder Ausland erhöhen und sie somit auf den nächsten Karriereschritt vorbereiten.

Die Biowissenschaftlerin unter den dreien, Verena Jantsch-Plunger, kam schon einmal in den Genuss einer Karriere-Fördermaßnahme speziell für Frauen. 2005 baute sie mit einem Elise-Richter-Stipendium des österreichischen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) ihre Arbeitsgruppe auf. 2008 habilitierte sie sich an der Uni Wien für Genetik und Zellbiologie und wurde 2010 Assistenzprofessorin. Mit ihrem heute achtköpfigen Team untersucht sie an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) in Wien die Mechanismen, wie sich homologe Chromosomen in der Meiose erkennen und paaren, an dem Fadenwurm C. elegans.

Die erneute Förderung wird ihr und ihren beiden Mitstreiterinnen heute symbolträchtig am Weltfrauentag verliehen. Der Weltfrauentag wurde auf Initiative der deutschen Sozialistin Clara Zetkin 1911 erstmals mit der Forderung nach einem freien, geheimen und gleichen Frauenwahlrecht gefeiert. Seit 1975 wird er jährlich unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen mit wechselnden Themenschwerpunkten begangen, dieses Jahr unter dem Motto „Empower Rural Women – End Hunger and Poverty“.

Ob von nun an auch an den folgenden Weltfrauentagen weitere Berta Karlik-Professuren verliehen werden ist noch nicht klar, es hängt von den Budgets der Leistungsvereinbarungsperiode 2013-2015 ab. Die Uni Wien strebt jedenfalls an den Anteil an Professorinnen weiter zu erhöhen. Inzwischen sind über zwanzig Prozent der Professuren dort mit Frauen besetzt, im Jahr 2000 waren es noch unter zehn.

Die erste ordentliche Professorin an der Uni Wien war 1956 übrigens Berta Karlik. Die 1904 geborene Karlik studierte Physik an der Uni Wien, promovierte 1927 über Szintillationen und begann 1931 am Wiener Institut für Radiumforschung als Wissenschaftlerin. Vom zweiten Weltkrieg unbehelligt, konnte sie ihre Karriere fortsetzen, habilitierte sich und erhielt 1937 die Lehrberechtigung. 1973 ernannte die Österreichische Akademie der Wissenschaften sie als erste Frau zum vollwertigen Mitglied. Nach ihrer Emeritierung 1974 arbeitete sie bis zu ihrem Tod 1990 an ihrem Institut weiter. Ihr größter wissenschaftlicher Erfolg war die Entdeckung dreier Isotope des Elements Astat.

 

 

 

Valérie Labonté
Bild: Universität Wien/Österreichische Zentralbibliothek für Physik



Letzte Änderungen: 20.03.2012
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