Editorial

Feucht-fröhlicher Publikationserfolg

  O'zapft is – so heißt es derzeit nicht nur auf der Wiesn, sondern auch im täglichen Leben eines jeden erfolgreichen Ökologen oder Umweltwissenschaftlers.  

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Das behaupten zumindest John Parker vom National Center for Ecological Analysis and Synthesis der University of California in Santa Barbara und Kollegen in ihrem kürzlich veröffentlichten Artikel „Characterizing a scientific elite: the social characteristics of the most highly cited scientists in environmental science and ecology“ (Scientometrics 2010, 85:129-43).  

  

Wohl aus einer Bierlaune heraus wollten die Soziologen „insights into the conditions that foster highly cited work“ ergründen. Die Ergebnisse waren glasklar: Alkoholkonsum steht in direktem Zusammenhang mit publizistischem Erfolg. 124 noch aktiv forschende Ökos aus Nordamerika und Westeuropa, handsortiert mit Thomson Scientific's ISIHighlyCited.com Webseite, wurden zum Rapport gebeten, um unter anderem über ihre Trinkgewohnheiten Auskunft zu geben. Resultat: mehr als die Hälfte der Studienobjekte im Alter zwischen 50 und 70 erwiesen sich als überaus trinkfreudig.

 

Im Durchschnitt tranken die Umfrage-Teilnehmer sieben alkoholische Getränke in Form von Wein und/oder Bier pro Woche – 2,5 Getränke mehr als der Durchschnitts-Amerikaner. Ausgewertet wurde gemäß des amerikanischen Standards, bei dem ein Glas Wein vier ounces und ein Bier 12 ounces entspricht. Im Einzelnen ermittelten die Autoren, dass mehr als die Hälfte der Befragten 10 oder mehr Getränke, 20% 12 oder mehr, 10% 21 oder mehr Getränke pro Woche zu sich nahmen. Ein Teilnehmer schaffte es gar, sich 31 Getränke/Woche hinter die Binde zu kippen. Prösterchen! Ein Fünftel, also 24 der vielzitierten Wissenschaftler gaben an, überhaupt keinen Gefallen an Alkoholika zu finden. Für sie müssen dann wohl andere Gesetze gelten oder wie die Autoren vermuten, gibt es wohl „multiple pathways to becoming highly cited“.

 

Parker et al. geben allerdings zu, dass weitere Tests nötig sind, bevor „a firm link between alcohol consumption and scientific accomplishment“ eindeutig nachgewiesen werden kann“. Vielleicht auch im praktischen Selbst-Test?

 

Bereits im Jahre 2008 gab's eine ähnliche Studie unter bierseligen Ökologen aus Tschechien „A possible role of social activity to explain differences in publication output among ecologists” (Oikos 2008, 117:4, 484-87 und LabTimes 03/2008 ). Da sich Tschechien gemeinhin unter den besten Bierproduzenten befindet und laut des Reports „Beer Consumption in Major Countries in 2004“ des Kirin Research Institute of Drinking and Lifestyle auch den höchsten Pro-Kopf-Bierkonsum der Welt aufweist, waren also perfekte Studienbedingungen gegeben. Im Gegensatz zu Parker et al. stellte Grim jedoch hier das genaue Gegenteil fest: „Increased levels of beer consumption is associated with lower numbers of papers, total citations, and citations per paper“. Ja, was denn nun?

 

Unklar bleibt auch, wie bierernst die Autoren die Studie selbst genommen haben, denn beide Paper weisen einiges an Verschwommenheit in Studiendesign und Auswertung auf. Können die Wissenschaftler, alle zwischen 50 und 70, überhaupt mit dem Durchschnitts-Amerikaner verglichen werden? Wie befangen war Ökologe Grim selbst bei seiner Studie, bei der er seine (befreundeten?) Fachkollegen ausquetschte? Gaben diese ihm ehrliche Antworten?

 

Schön wär's allerdings, wenn es tatsächlich eine so einfache und schnell umzusetzende Lösung gäbe, wissenschaftlich erfolgreich zu sein. Eines ist aber definitiv sicher und hier kann der ehemalige Doktorand der Molekularbiologie dem Kommentarschreiber im Nature Blog „The Great Beyond“ nur zustimmen: „It's all good fun, of course, but it does make me think how nice it must be to work in a field where it is apparently so easy to generate papers, compared with other perhaps more demanding fields of research. And that does make me reach for a drink in the evenings.“


In diesem Sinne, Kopp in Nacken!


Kathleen Gransalke

(Foto: Wikimedia Commons/Gerhard Piezinger)



Letzte Änderungen: 04.03.2013