Editorial

Mit Knoblauch gegen die Schweinegrippe

Chili und Knoblauch sind in China nahezu unbezahlbar geworden. Es liegt an der Schweinegrippe. Doch zumindest die Regierung spricht ein Machtwort gegen einen weit verbreiteten Aberglauben namens „Traditionelle Chinesische Medizin“.

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(21. Dezember 2009) Was manche deutsche Unternehmer seit Wochen befürchten – nämlich, dass die Schweinegrippe den Umsatz ihrer Firmen beeinflussen könnte – bewahrheitet sich derzeit in China. Dort allerdings jammert man nicht über zurückgehende Fluggastzahlen oder stornierte Urlaubsbuchungen. Ganz im Gegenteil. In Fernost reibt sich eine ganz bestimmte Branche zufrieden die Hände.

 

Es ist der Gewürzhandel.

 

Nach Meldungen der Zeitung „China Daily“ sei der Preis für 500 Gramm Knoblauch in den letzten Wochen von umgerechnet etwa 10 Cent auf 75 Cent gestiegen. Chili hätte vor dem Ausbruch der Schweinegrippe umgerechnet rund 4 Cent pro 500 Gramm gekostet; die scharfen Schoten kosteten inzwischen rund 75 Cent, so China Daily.

 

Der Grund für den Preisanstieg ist tatsächlich die Schweinegrippe. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gelten die Gewürze Knoblauch und Chili als Heilmittel gegen Grippeerkrankungen. Auch in Deutschland empfiehlt manch alternativer Schwachkopf den Verzehr von scharfen Suppen mit Knoblauch. Das solle vor einer Infektion schützen. In diversen Foren, in denen Laien sich gegenseitig Gesundheitstipps geben, geistert die altbekannte Hühnersuppe als Wundermittel gegen die Krankheit herum.

 

Doch die leckere Brühe hilft allenfalls gegen die Symptome einer banalen Erkältung, wie erst neulich Laborjournal-Webmaster und Diplom-Biologe Carsten Rees im LJ-Blog feststellte. Grippeviren wird man mit Omas Hausmitteln nicht beeindrucken.

 

Ähnliches hat das Hamburger Abendblatt aus Serbien berichtet: Auch dort würden die Preise für Knoblauch steigen, weil die Bevölkerung diesem Mittel eher vertraue als der Impfung. Und auch beim Ingwer gingen die Preise steil nach oben, heißt es.

 

Die Regierung in China versucht derweil, die Preissteigerung von Knoblauch und Co. zu bremsen: Wu Jiang vom „Beijing Center for Disease Control and Prevention“ soll in einem Podcast gesagt haben, dass weder Knoblauch noch Chili in der Lage seien, die Grippeinfektion mit Influenza A/H1N1 zu kurieren. Wu räumt zwar ein, dass die beiden Inhaltsstoffe dazu beitragen können, dass Menschen vitaler und gesünder seien, doch heilen ließe sich die Krankheit damit nicht. Laut dem Beitrag in China Daily am 8. Dezember 2009 wurde das Internetvideo auf dem Regierungsportal Qianlong.com veröffentlicht.

 

In Peking startete bereits im Oktober die Massenimpfung der Bevölkerung, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Diese laufe jedoch nicht so gut an wie von offizieller Seite aus erhofft. Am 11. Dezember 2009 schrieb Reuters, dass viele Bewohner Angst vor den Nebenwirkungen des Impfstoffes hätten.

 

Mag sein, dass eine staatlich verordnete Massenimpfung gegen die H1N1-Grippe übertrieben ist – zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Mindestens genauso sinnvoll wäre es, schleunigst den Aberglauben der Bevölkerung zu bekämpfen.

 

Doch gegen diesen gibt es keine Impfung.

 

Kerstin Artz



Letzte Änderungen: 04.03.2013