Editorial

Starke Männer, schlappe Spermien



Immer wieder schön, wenn Hypothesen, die doch ach so plausibel klingen, ins Wanken geraten. Geradezu bedrohlich schwankt gerade die "Gute Gene = fitte Spermien"-Hypothese.

(3. Juli 2009) Das Phänomen ist folgendes: Nach mehrfacher Begattung veranstalten die jeweiligen Spermien in den Genitaltrakten "vielmännernder" Weibchen geradezu ein Wettrennen zur Eizelle, an dessen Ende das fitteste Spermium gewinnt -- Motto: "The Winner takes it all". Klar, dass die Hypothese schnell formuliert war: Fitte Spermien können nur von fitten Männchen stammen, die somit auch viel bessere Chancen haben, ihre 'guten Gene' an Kinder und Enkelkinder weiterzugeben. Zum Wohle der ganzen Art natürlich.

Klingt plausibel, dennoch lohnt es sich immer genauer nachzuschauen. Trine Bilde und Co. von den Universitäten Uppsala und Aarhus haben dies nun zumindest bei Samenkäfern der Art Callosobruchus maculatus getan -- und siehe da, das Gegenteil war der Fall: Die Spermien von besonders "fitten" Männchen, die in einem Kontrollversuch ausgeprochen viele fitte Nachkommen zeugten, waren im "Spermienrennen" oft chancenlos. Umgekehrt erreichten die Spermien von Männchen, die im Kontrollversuch nur wenige und nicht besonders beeindruckende Nachkommen zeugten, auffallend oft zuerst das Ziel.

Als Männchen scheint man demnach nur folgende Wahl zu haben: Entweder selber fit, oder konkurrenzstarke Spermien -- beides zugleich scheint nicht möglich. Wenigstens bei Käfern. Und ganz nebenbei ist auch die Frage wieder völlig offen, was die Weibchen dann überhaupt von Mehrfach-Begattungen haben. Rein evolutionär gesehen.

Ralf Neumann



Letzte Änderungen: 04.09.2009