Editorial

Ballacks Wade und Schweinbergers Wundermittelchen

Ein bioenergetischer Wunderheiler soll die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ins Endspiel zaubern und - typisch! - nur der Teamchef meckert daran herum.

(14.06.2006) Ja, liebe Freunde, richtig gelesen: Im Folgenden geht's um Fußball. Herrje. Alle von der "FIFA Dingsda TM WM" Genervten also bitte schnellstens wegklicken, ebenso alle, die nicht um die enorme Bedeutung eines Herrn namens Ballack fürs deutsche Selbstwertgefühl wissen.

Wir anderen hingegen, wir deutschen Männer leiden mit Nationalspieler Michael Ballack. Der Arme hat einen harten Wadenmuskel. - Harter Muskel, das ist doch wunderbar für einen Sportler, mögen manche jetzt denken. Falsch gedacht. Jeder Sportmediziner weiß: Anhaltend angespannte Muskelfasern pressen die Kapillaren innerhalb der Muskulatur zusammen, das hemmt die Durchblutung, das Ganze entzündet sich, der Muskel presst weiter etc. Ein Teufelskreis.

Zudem tut eine solche im Fachjargon auch "Muskelhartspann" oder "Myogelose" genannte Verhärtung richtig weh. Selbst robuste Balltreter wie Ballack geraten ins Humpeln, werden lahm wie eine Schnecke und kicken den schwarz-weißen Kunststoff nur mehr vorsichtig und zart. Fällt so ein Bundesballack - Leitwolf und Torefabrikant in einer Person - gar ganz aus, dann herrscht Endzeitstimmung im Lande. Schließlich muß sich das hiesige Nationalteam in der Vorrunde ja mit den Weltklassemannschaften von Costa Rica, Ecuador und Polen auseinandersetzen.

Seriöse Blätter wie die Süddeutsche Zeitung titelten denn auch erschüttert: "Ballack fällt aus!" (SZ vom 8.6.2006) - und selbst Bundeskanzlerinnen gaben hintergründige Interviews zur ernsten Lage der Fähnchen schwenkenden Nation ("Wenn man es so nimmt, bin ich Ballack"; BamS vom 4.6.2006).

Nun ja. Soll der deutsche Teamchef wirklich Angela M. als Ersatz für den angeschlagenen Bundesballack einwechseln? Angela M. im weißen Hemdchen mit der schwarzen Nummer 13, neben Torsten, Lukas und Miro? Das muß nicht sein.

Schweinberger machts mit Bioenergetik und harmonischen Schwingungen

Zurück zu Ballacks Wade. Die muß schleunigst wieder auf den Rasen, soll rennen, kicken und gegen Polen Tore schießen helfen. Daher ist sie neuerdings in den exklusiven Händen des Bio-Energetikers Kurt Schweinberger. Schweinberger ist ein international gefragter Experte, das steht auf seiner Homepage. Er greift auf jahrzehntelange Erfahrung aus der Lebensmitteltechnologie sowie auf das Wissen seiner asiatischen Lehrmeister zurück.

Dabei verwendet der Schwingungs-Spezialist aus dem oberbayerischen Starnberg die "Bioenergetische Therapieform mit EAV und Bioresonanz". Schweinberger weiß nämlich: Körperzellen geben elektromagnetische Signale ab. Der Bioenergetik-Experte kann diese Schwingungen in ein spezielles Therapiekästchen leiten, dort auftrennen und die krankhaften Schwingungen in harmonische umwandeln. Dann sendet er sie an den Körper des Patienten zurück, der daraufhin seine Regulations- und Selbstheilungskräfte aktiviert. Alternativ kann Herr Schweinberger die harmonischen Schwingungen dem Körper auch in Form von Fruchtzuckermolekülen zurückgeben. Die kann man praktischerweise gleich bei ihm auf der Website kaufen. Ein Monatspackung kostet 89 Euro.

Sie sind Dipolm-Biologe oder Medizinprofessor und haben in Ihrem naturwissenschaftlichen Universitätsstudium trotzdem noch nie was von "Bioresonanz" oder "disharmonischen Körperschwingungen" gehört, und unter der Eingabe "Schweinberger K" liefert die Medline null Treffer? Da sehen Sie mal, wie sehr die deutschen Hochschulen mittlerweile auf den Hund gekommen sind und wie verkniffen und unfair die Editoren naturwissenschaftlicher Hetzblätter wie Nature oder Science agieren. Eine Verschwörung des Establishments? Wo doch international bekannte Wissenschaftler wie Veronika Ferres, Torsten Frings oder Ottmar Hitzfeld den Schweinberger Kurt, seine resonanzschwingungsregulatorischen Kräfte und seine Wundermittelchen empfehlen.

Allein Jürgen Klinsmann hatte wieder was zu meckern: "Ich kenne den Herrn nicht", soll er laut Spiegel Online vom 9.6.2006 "süffisant" (O-Ton Spiegel Online) zum Thema Schweinberger gesagt haben. Typisch!

Aber sehen wir es Klinsmann nach. Der Mann soll ja sogar schon mal vor laufender Kamera dem Franz Beckenbauer widersprochen haben. Kann man da wirklich erwarten, dass er Verständnis für Kurt Schweinbergers sensationelle Wundertherapien hat?

Winfried Köppelle



Letzte Änderungen: 15.06.2006