Editorial

Nullachtfünfzehn-Säulchen für RNA-Isolierung

(20.12.17) Bei der Extraktion von RNA muss es nicht immer der teure Kit sein. Selbstgemischte Puffer und günstige Silica-Säulchen tun's in den meisten Fällen auch.
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Darüber, wie RNA in hoher Ausbeute und Qualität aus Geweben oder Zellen am besten zu extrahieren ist, scheiden sich die Forschergeister. Konservative setzen nach wie vor auf die Phenol-Chloroform-Extraktion und mischen den nötigen Giftcocktail selbst oder greifen auf kommerzielle Fertigmixe wie zum Beispiel TriZol-Reagenz zurück. Wer es weniger giftig mag, nimmt zum Zellaufschluss chaotrope Reagenzien wie Guanidinthiocyanat. Fertige Kits zur RNA-Extraktion über Silica-Säulchen sind meist phenolfrei, ihre Preise dafür umso gesalzener.

Es gibt aber auch günstige Alternativen. Eine sparsame Methode zur RNA-Extraktion aus tierischen Zellen und Geweben mit selbsthergestellten Puffern und Standard-Silica-Säulchen präsentieren die zwei US-Foscher Mario Escobar und Jason Hunt von der Universität Idaho (J Biol Methods). Das hauseigene Verfahren der beiden Amerikaner erzielte in einem Vergleich mit zwei kommerziellen RNA-Extraktionskits ungefähr die gleiche Ausbeute.

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Für die RNA-Extraktion nach Escobar und Hunt benötigt man drei einfache Puffer: Puffer A enthält 4M Guanidinthiocyanat, 10 mM MES (pH 5.5) sowie 1% b-Mercaptoethanol (DTT wäre eine weniger stinkende und giftige Alternative). Puffer B besteht aus 1M Guanidinthiocyanat sowie 10 mM Tris (pH7), Puffer C aus 80% Ethanol in 10 mM Tris (pH7).

In Puffer A erfolgt der Aufschluss zermörserter Gewebe oder Zellpellets aus Kulturen. Dazu werden die Zellen 15 Minuten in 300 Mikroliter Puffer A inkubiert. Nach der Zugabe von 300 Mikroliter 70% Ethanol wird die Mischung auf einfache Standard-Silica-Säulchen aufgetragen; die Säulchen werden danach in Eppis gesteckt und kurz zentrifugiert. Die anschließenden Waschschritte (einmal mit Puffer B, zweimal mit C) sind dank Mini-Spinsäulchen und Tischzentrifuge ratzfatz erledigt. Die Elution der RNA erfolgt mit Wasser.

Escobar und Hunt führten ihre RNA-Extraktions Experimente mit Zellkulturen (endometrische Zellen, GMMe) sowie Gewebe aus Rattenlebern durch. Mit einem RNA-Fragment-Analysegerät checkten sie die Qualität ihrer Ernte. Die Spektren sind OK (18S und 28S-Peak sind sauber), und auch die OD 260/280-Werte (2,1 bis 2,2) passen. Einen Ausreißer bei den OD 260/230-Werten, der knapp unter eins liegt, erklären sich die Forscher durch eine Verunreinigung mit Guanidinthiocyanat. Inwieweit der vor der RNA-Messung durchgeführte DNAse-Verdau die Messungen verfälscht (freie Nukleotide, externer Proteineintrag) bleibt unklar.

Die beiden Wissenschaftler haben ihre Experimente leider etwas schlampig notiert. So geben sie zum Beispiel die RNA-Ausbeuten in ng/µl an (wovon auch immer) und nicht wie üblich in ng/mg Gewebe oder ng/Zellanzahl. Genauso verwirrt die Tatsache, dass die RNA-Ausbeuten aus Gewebe etwa zehnmal höher sind als die aus Zellen. Merkwürdig ist auch, dass das Limit für das Ausgangsmaterial einerseits bei 30 Milligramm Gewebe liegt (ob das am unvollständigen Aufschluss oder der überschrittenen Bindekapazität der Säulchen stammt, bleibt offen). Andererseits liefert dieselbe Gewebemenge im nächsten Versuch satte 30 Prozent weniger Ausbeute. Ohne die Vergleichs-Daten der beiden Kits im Paralleltest wäre das Ganze wenig hilfreich.

Trotz Mängel bleibt jedoch die Take-home-Message, dass die einfache und günstige Extraktions-Methode der Amerikaner mit kommerziellen RNA-Kits mithalten kann. Die von ihnen genutzten Säulchen sind stinknormale Exemplare, die zum Beispiel auch für die Plasmidaufreinigung verwendet werden. Erhältlich sind sie von verschiedenen Herstellern, die Preise liegen bei etwa 50 Cent pro Stück.

Die Säulchen kann man aber auch selbst befüllen (Anal Biochem). Und wer ganz auf sie verzichten will, kann die RNA auch im Batch-Verfahren extrahieren (Plant Methods). Das drückt nicht nur die Labor-Ausgaben sondern reduziert auch den Plastikmüllberg.

 

Andrea Pitzschke




Letzte Änderungen: 21.12.2017