Editorial

Exzellenz, es ist angerichtet!

Bund und Länder haben die Exzellenzinitiative zur Förderung der Forschung endlich unterschrieben. Mit 1,9 Milliarden Euro sollen von 2006 bis 2011 deutsche Unis "gedüngt" werden. Ob man "Exzellenz" ernten wird, ist jedoch fraglich.

(29.06.2005) Die Exzellenzinitiative kommt. Endlich. Eineinhalb Jahre liegen die eingeplanten 1,9 Milliarden Euro schon still, 2006 soll das Eliteprogramm für die Hochschulforschung nun starten. Zuvor hatten vor allem die CDU-geführten Länder das Programm stur als unzulängliche Überschreitung der Kompetenzen des Bundes in Sachen Bildungspolitik abgetan - ein Hebel, der jüngst auch die Föderalismusdebatte ausgehoben hatte.

Jetzt kommt die Exzellenzinitiative doch, der Kanzler und die Ministerpräsidenten der Länder unterschrieben letzte Woche das Programm. Und Hochschulen sowie Forschungsorganisationen feiern. "Die Freigabe der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung an deutschen Hochschulen ist eine richtige Entscheidung in letzter Minute und ein wichtiges Signal für die deutschen Hochschulen", lobte etwa Peter Gaehtgens, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz.

Reiner Stillstand waren die eineinhalb Jahre Wartezeit indes nicht. Forschungsministerin Bulmahn startete das Programm ursprünglich als reinen Eliteuni-Wettbewerb - sie wollte nur die Starken stärken, frei nach dem Motto "Deutschland sucht die Super-Unis". Doch sofort beschlich offenbar so manchen Landesfürsten die Angst, dass ausgerechnet "seine" Unis leer ausgehen könnten. Also wurde hinter den Kulissen des Kompetenzgerangels zwischen Bund und Ländern gefeilt und gehobelt - und heraus kam der Kompromiss, die 1,9 Milliarden Euro für die fünf Jahre ab 2006 breit auf drei Förderlinien zu verteilen:

(1) 40 Graduiertenschulen zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, die mit jeweils rund 1 Millionen Euro pro Jahr gefördert werden. Bund und Länder fördern heute bereits 304 solcher Graduiertenschulen.

(2) 30 Exzellenzcluster zur Förderung der Spitzenforschung. Diese sollen herausragende Forschungszentren in verschiedenen Disziplinen bilden, auch unter Einbeziehung außeruniversitärer Forschungseinrichtungen. 6,5 Millionen Euro stehen jährlich pro Cluster bereit. Von den 272 Sonderforschungsbereichen der DFG dürften sich diese Exzellenzcluster kaum unterscheiden.

(3) Zukunftskonzepte zum projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung. Dies ist, was letztlich übrig blieb von der Idee der Eliteunis. Etwa zehn Universitäten, die sich bereits mindestens eine Graduiertenschule sowie ein Exzellenzcluster gesichert haben, können 13,5 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr bekommen. Damit sollen diese ihre Forschungsprofile stärken können, um sich möglichst zu international sichtbaren "Leuchttürmen" der deutschen Hochschullandschaft zu entwickeln.

Der Projektbezug soll also klar im Vordergrund stehen, keine Uni nur als Institution gefördert werden. Also doch die alte Gießkannenförderung, meckerten viele sofort. Genauso viele waren aber zuvor unzufrieden mit der Idee des reinen Eliteprogramms. Mit ein bisschen mehr Geld macht man noch lange keine Elite-Uni, grummelten sie.

Jetzt soll es also mehr Exzellenz als Elite sein. Wiewohl inzwischen beide Begriffe die Forscher nerven. DFG-Vizepräsident Helmut Schwarz, Chemiker an der TU Berlin, etwa sagt dazu: "Politiker sollten weniger von Eliten und Exzellenzzentren reden, sondern endlich jene Randbedingungen schaffen, die es Universitäten ermöglichen, ihren Bildungs- und Forschungsauftrag zu erfüllen.." Und zählt neben dem "Ende der katastrophalen Unterfinanzierung" vor allem strukturelle Dinge auf - wie etwa Autonomie der Hochschulen, Streichung des Hochschulrahmengesetzes, Einführung eins sachgerechten Wissenschaftlertarifs.

Exzellenz entwickelt sich vor allem in geeigneten Strukturen. Wenn ich ein schnelleres Auto haben will, reicht auch nicht ein größerer Tank - ich muss einen besseren Motor bauen. In der Wissenschaft aber wachsen die Blumen der Exzellenz nur auf der gut gedüngten Wiese breiter Qualität. Es sieht danach aus, als könne die Exzellenzinitiative trotz ihres Namens eher hier einen kleinen Beitrag leisten: dem Qualitätsmangel deutscher Universitäten, der aufgrund latenter Unterfinanzierung mittlerweile chronisch ist, ein klein wenig entgegenzusteuern. Exzellenz wird daher durch die 1,9 Milliarden-Initiative alleine wohl kaum entstehen. Der Bau von Leuchttürmen beginnt ja auch nicht in der Luft, sondern mit einem soliden Fundament.

Ralf Neumann



Letzte Änderungen: 01.07.2005