Nicht ganz ohne Mitte

13. Mai 2013 von Laborjournal

Grundsätzlich haben Mittelautorenschaften wie diese hier unten nicht den besten Ruf:

Zu meiner Doktorandenzeit gab es beispielsweise einen eher unscheinbaren Prof, der stand auf relativ vielen, bisweilen auch gut veröffentlichten Papers drauf — aber immer irgendwo im Niemandsland der Autorenliste. Auf einem meiner ersten Kongresse stieß mich dann ein Postoc an, deutete auf einen kleinen Mittfünfziger und flüsterte: “Das ist er. Hat irgendwann mit viel Glück diesen einen Antikörper gemacht, den jetzt alle gut brauchen können. Jetzt verteilt er ihn natürlich großzügig — und steht dafür auf jedem Paper mit drauf.”

Ja, es sind Geschichten wie diese, die auch unserem ehemaligen Kollegen Hubert Rehm im Zusammenhang mit Mittelautoren immer wieder den süffisanten Spruch entlockten: „Das ist dann wohl der, der die Ratte gehalten hat.“

Mittelautoren werden folglich allenfalls “niedere” Beiträge zugeschrieben — und das oftmals ziemlich pauschal, ob zu Recht oder nicht. 

Vor kurzem präsentierte jedoch ein Kommentar im Blog DrugMonkey einen völlig neuen, positiveren Blickwinkel auf Mittelautorschaften. Er schrieb:

All authorship matters… first author or last author is of course how you are primarily judged, but minor authorship on many papers from your lab (as a PD or student) underscores that you may be an important component of the big picture. Being only ever first (or last) might make you look independent but also might make you look uncollaborative or, more likely, that no one likes you.

DrugMonkey rief daraufhin unter dem Titel “Does a lack of middle authorships mean you are a jerk?” explizit zur Diskussion über Mittelautorenschaften auf. Und so kamen durchaus weitere Bestätigungen zum obigen Kommentar zusammen — etwa:

I have heard this only in the context of being interpreted as a non-team player. Hence, I was told that its good to have a few middle author papers interspersed between first authored ones.

Oder auch andere positive Aspekte, wie beispielsweise:

Another alternative interpretation is that a shortage of middle authorship papers means that you aren’t able to offer what other people need (data, analytical skills, the right equipment).

Natürlich braucht man primär Erst- und Seniorautorenschaften um voranzukommen und/oder das Ansehen zu halten. Aber offenbar können einem fehlende Mittelautorenschaften auch als Zeichen für Unkooperativität sowie Mangel an Teamfähigkeit und Networking ausgelegt werden. Oder als Unfähigkeit, bei Projekten anderer zu helfen — sei es intellektuell oder technisch.

Das ideale Paper-Portfolio scheint demnach nicht unbedingt allein aus Erst- und Seniorautor-Artikeln zu bestehen, vielmehr sollten zu einem gesunden Gesamteindruck immer wieder ein paar Mittelautorenschaften dazwischen gestreut sein. Oder wie es eine weitere Kommentatorin bei DrugMonkey ausdrückte:

[…] it appears that there’s a golden ratio.

 

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3 Gedanken zu „Nicht ganz ohne Mitte“

  1. D.S. sagt:

    Ja das ist ein sehr interessantes Thema und ich denke es passt auch sehr gut zur Realität. Jemand der halt auf vielen Papern draufsteht ist wie angedeutet derjenige, der von vielen gebraucht wird und häufig auch beliebt ist. Zeigt also auch eine soziale Stärke.
    Eine ähnliche Diskussion bezüglich der sozialen Kompetenz habe ich kürzlich auch auf einer amerikanischen Seite gelesen. Da ging es um Social Media Profile von Naturwissenschaftlern. Bringen diese Profile was oder nicht? Der allgemeine Tenor war, das die Personaler der Industrie eher positiv eingestellt sind zu Naturwissenschaftlern die Facebook-Profile etc. haben als wenn sie diese nicht haben. Grund: Diejenigen die nicht in sozialen Netzwerken aktiv sind, sind auch diejenigen die scheinbar in der realen Welt keine sozialen Kontakte haben und somit wahrscheinlich keine guten Teamplayer sind.

  2. stati sagt:

    Über die „Beliebtheit“ sagt das wohl eher wenig aus. Eher ob man irgendwas hat, was andere brauchen, so wie im letzten Zitat rübergebracht wird. So sind oft Herrscher über einen Gerätepark, den man z.B. für ordentliche Proteomik oder bestimmte spektroskopische Analysen braucht, Mittelautoren. Teamplayer oder nicht? Lässt sich m.E.n. nicht an vielen Mittelautorschaften nachvollziehen. Die „Teamplayer“ können mit ähnlich hoher Wahrscheinlichkeit vermutlich auch an Erst/Letztautoren festgemacht werden: Die haben schließlich das Projekt angeleiert und müssen sich Leute suchen, die auch bereit sind, mit ihnen dafür zusammenzuarbeiten. Fazit: Teamplayer oder nicht – für die Einteilung ist ein Blick auf die Autorenlisten des Paperportfolios totaler Unsinn. Eventuelle Ausnahme höchstens dann, wenn die fraglichen Autoren NUR in ihrem eigenen Saft schmoren und stets ausschließlich Autoren auf den Veröffentlichungen stehen, die am eigenen Institut sind.
    Soziale Netzwerke sind für irgendwelche Einordnungen ähnlich großer Quatsch. Vielleicht sollte man in Zukunft mal auf die Zahl und Dauer von geselligen Kneipenrunden schielen?

  3. D.S. sagt:

    Ich merke, mein Posting scheint völliger Quatsch zu sein.

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