Förderung zum Beantragen einer Förderung

8. September 2020 von Laborjournal

In der E-Mail heute eine Pressemeldung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover – Überschrift: „EU-Förderung: 9 Millionen Euro für Meeresforschung“. Ein internationales Forscherteam aus Tiermedizin, Bioakustik, Populationsbiologie, Schiffsbau und Ingenieurwesen wird demnach im EU-Förderprogramm Horizon 2020 über vier Jahre mit 9 Millionen Euro gefördert. Davon geht eine Million Euro an das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo).

So weit, so gut. Eine Fördermeldung wie viele andere. Was uns jedoch stutzen ließ, war der letzte Absatz der Meldung, wo es heißt:

In der Antragsphase wurde das ITAW mit einer Förderung aus dem Europa-Programm des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur unterstützt. Die Mittel stammen aus dem Niedersächsischen Vorab der VolkswagenStiftung. Siebert sagt: „Die Antragsphase war sehr aufwändig. Dank der Förderung war es möglich, dass sich ein Mitarbeiter auf die Vorbereitung des Antrages konzentrieren und die Projekttreffen mit unseren zahlreichen internationalen Partnern organisieren konnte. Das war unter anderem ausschlaggebend für den Erfolg des Antrages!“

Dass man bei Antragstellung innerhalb des EU-Rahmenprogramms für Forschung und Innovation wahre Monster an Bürokratie bezwingen muss, ist ja hinlänglich bekannt. Ebenso ist es bei einigen Mega-Förderprogrammen durchaus üblich, dass man aus vielen kleinen Vorab-Anträgen eine Handvoll vorauswählt, die dann mit einer entsprechenden Vorab-Förderung des betreffenden Fördergebers erst die vollständigen Groß-Anträge produzieren. Schon hierbei ist ja fraglich, ob dies tatsächlich die effizienteste aller erfolgsversprechenden Verfahrensvarianten darstellt. Aber dass die Hannoveraner jetzt offensichtlich die Förderung eines Dritten brauchten, um die Antragsphase für die eigentliche Projektförderung überhaupt bewältigen zu können – das kann’s doch nun wirklich nicht sein! Zumal sie ja trotz allen Aufwands auch hätten leer ausgehen können.

Oder haben wir diesen letzten Absatz irgendwie falsch verstanden?

Ralf Neumann

(Illustr.: iStock / erhui1979)

Forschungsanträge à la Sisyphus

12. November 2018 von Laborjournal

„Der Wahnsinn des Antragschreibens“ war Thema unseres letzten Postings unten. Zuvor hatten wir in unserer Heft-Kolumne „Inkubiert“ bereits einen ganz anderen Fall von „Antrags-Wahnsinn“ kommentiert (siehe LJ 1-2/2016). Wir bringen den Kommentar hier nochmals in überarbeiteter Form:

Wenn es um das Antragswesen wissenschaftlicher Projektförderung geht, scheint Effizienz oftmals kein hervorstechendes Merkmal zu sein. Zumindest bestärken einzelne Beispiele immer wieder diesen Eindruck.

Nehmen wir etwa den folgenden Fall, den der belgische Linguist Jan Blommaert in seinem Blog Ctrl+Alt+Dem beschrieb. Demnach ging er so richtig in die Vollen, als vor Monaten im EU-Rahmenprogramm „Horizon 2020“ ein bestimmtes Projektthema ausgeschrieben wurde. Umgehend stürzte er sich zusammen mit seinem Leuten in umfangreiche inhaltliche Vorarbeiten und heuerte überdies europaweit geeignete Partner für das geforderte „Internationale Konsortium“ an.

Logisch, dass für die notwendigen Meetings schnell mal Hunderte von Arbeitsstunden und mehrere Tausend Flugkilometer draufgingen. Ein Mitarbeiter aus Blommaerts Team kümmerte sich etwa monatelang quasi hauptamtlich um Koordination, Vorbereitung und schlussendliche Realisierung des Antrags. Dazu erhielt er umfassende Hilfe von zwei Leuten aus der Uni-Verwaltung: einem professionellen „Grant Writer“ und einem eigens angestellten Fachmann für EU-Angelegenheiten.

Dies alles und noch viel mehr summierte sich am Ende zu einem Riesenhaufen produktiver Zeit und Geld, die mit höchster Wahrscheinlichkeit völlig umsonst investiert — und damit verschwendet — waren. Denn eine Woche, nachdem sie den Antrag fix und fertig abgeschickt hatten, erhielten Blommaerts und Co. aus Brüssel die Nachricht, dass insgesamt 147 Anträge eingegangen seien, wovon jetzt ganze 2 — ZWEI! — bewilligt würden.

Man braucht keine allzu komplizierte Mathematik, um die hirnlose Ineffizienz dieses gesamten Manövers aufzuzeigen. Man multipliziere nur grob die ausschließlich mit Steuergeldern bezahlte Arbeitszeit samt übriger Kosten von Blommaert und Co. mit der Zahl der insgesamt 145 abgelehnten Anträge, addiere dazu die Brüsseler Kosten für Verwaltung und Begutachtung — und setze diese für nahezu Nix investierte Summe wiederum in Beziehung zu den 6 Millionen Euro Gesamt-Fördervolumen. Eine verheerende Bilanz, oder?

Und jetzt haben wir noch gar nicht darüber gesprochen, welches Signal eine Ablehnungsquote von 98,7 Prozent für die Forscher generell bedeutet…

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Streit um EU-Forschungsbudget spitzt sich zu

20. November 2012 von Laborjournal

Diese Woche gilt’s: Wird das Budget des nächsten EU-Forschungsrahmenprogramms „Horizon 2020“ doch gekürzt, oder bleibt es bei den angepeilten 80 Milliarden Euro?

Bereits Ende Oktober berichteten wir an dieser Stelle über drohende Kürzungen an dem nächsten EU-Forschungsrahmenprogramm „Horizon 2020“, das von 2014 bis 2020 laufen soll. Ursprünglich war ein Budget von 80 Milliarden Euro dafür eingeplant, doch treiben jetzt angesichts der europäischen Finanzkrise einige der EU-Mitglieder dagegen quer.

Mit ausgelöst durch einen offenen Brief, in dem 42 Nobelpreisträger und Fields-Medaillen-Gewinner gegen die mögliche Budget-Schrumpfung protestieren, sammelte eine Online-Petition auf den Seiten der Initiative for Science in Europe (ISE) bis heute die Stimmen von über 140.000 Unterzeichnern gegen die Kürzungsbestrebungen.  Diesen Beitrag weiterlesen »