Zur Filterkraft von Literatur-Datenbanken

24. Januar 2024 von Laborjournal

Raub-Verlage (Predatory Publishers), gekaperte Zeitschriften (Hijacked Journals), Papiermühlen (Paper Mills), Citation Delivery Vehicles, … – schon oft berichteten wir, wie immer mehr „Unternehmen“ mit diesen und anderen windigen Manövern Profit aus den Zwängen und Nöten des wissenschaftlichen Publikationssystems schlagen. Siehe etwa hierhierhier
oder hier. Die Folge davon: Der Anteil an Publikationen von zumindest zweifelhafter Qualität, die diese Machenschaften in den Scientific Record spülen, schwillt immer stärker an.

Könnten die einschlägigen Literatur-Datenbanken für wissenschaftliche Publikationen hier nicht als Filter fungieren?

Ein internationales Autoren-Quartett hat in diesem Sinne Clarivate’s Web of Science und Google Scholar zumindest hinsichtlich eines Teilaspekts stichprobenartig  verglichen: Wie viele Zitierungen listen beide in ihren Datenbanken, die zu gekaperten Zeitschriften (Hijacked Journals) führen? (Equilibrium. Quarterly Journal of Economics and Economic Policy 18: No. 4).

Dazu halten die Vier zunächst einmal fest:  Diesen Beitrag weiterlesen »

Steuert Google Scholar, was wir zitieren?

17. September 2019 von Laborjournal

Na ja, ganz so ist es natürlich nicht. Schließlich sind es immer noch die Autoren, die bestimmen, welche Paper sie in die Referenz­listen ihrer eigenen Manuskripte aufnehmen. Allerdings sind Autoren manchmal auch einfach faul — und dann bestimmt die allseits beliebte Literatur-Such­ma­schi­ne Google Scholar deren Zitierverhalten womöglich wirklich ganz schnell mit.

Vorletzte Woche tweetete beispielsweise der Scientific-American-Reporter George Musser folgendes über einen Vortrag beim Metascience 2019 Symposium an der Stanford University:

Demnach zeigte der Informationswissenschaftler Jevin D. West von der University of Washington („@jevinwest“) in seinem Vortrag Daten, nach denen Forscher wohl öfter schlichtweg diejenigen Paper zitieren, die Google Scholar ihnen bei oberflächlicher Recherche gleich „vorne“ anzeigt — auch wenn „weiter hinten“ in den Suchergebnissen womöglich Artikel folgen, die es viel mehr verdient hätten, für die jeweilige Studie zitiert zu werden.

Fachleute bezeichnen dies als “First Results Page Syndrome”, nach dem Suchmaschinen-Nutzer diejenigen Dokumente stark bevorzugen, die ihnen gleich auf der ersten Ergebnisseite angezeigt werden. Und im Gegensatz zu anderen wissenschaftlichen Literatur-Datenbanken sortiert Google Scholar eben nicht nach Datum, sondern nach Relevanz. Wobei Google Scholar „Rele­vanz“ insbesondere anhand der Zitierungen der einzelnen Artikel misst.

Zusammen mit dem First Results Page Syndrome und der Bequemlichkeit der Autoren sorgt dies dafür, dass die Zitierungen sich insgesamt immer stärker auf immer weniger sowieso schon viel­zitier­te Artikel konzentrieren. Diesen Beitrag weiterlesen »

Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (17)

27. September 2012 von Laborjournal

Ob berechtigt oder nicht — manchmal beißen einen die Bienen des Peer Review allzu arg. Manuskript bei drei, vier, fünf Journals eingereicht und jedes Mal abgelehnt. Gar nicht mal wegen irgendwelcher Schwächen, sondern vor allem mit der Begründung „does not adequately fit the scope of the journal“. Und das wiederum nur, weil keiner diesen Organismus kennt. Und auch nicht kennen lernen mag…

Wem kommt heutzutage bei solchen Erlebnissen nicht in den Sinn, das Paper einfach ohne Peer Review und Journal selbst zu veröffentlichen — auf der eigenen Homepage, dem eigenen Blog,… oder was auch immer? Dummerweise — so  müsste man denken — wird es dort aber wohl keiner finden…

Falsch! Zen Faulkes hat es ausprobiert — er veröffentlichte sein Paper „The distal leg motor neurons of slipper lobsters, Ibacus spp. (Decapoda, Scyllaridae)“ auf seinem eigenen Blog „Neurodojo“ und erklärte auch ausführlich, warum. Nach nur einer Woche erschien das Paper mit den richtigen Suchbegriffen bei Google Scholar ganz oben.

Ob Faulkes diesen Ausgang seines Experiments aber ausschließlich positiv finden soll — darüber ist er selbst unsicher:

I’m ambivalent about this paper showing up so readily in the search results. Good for me, obviously, but definitely reminds people that you always have to keep your wits about you with any resource. It may well be that Google Scholar will end up changing its algorithms to exclude papers like mine that explicitly advertise themselves as “not peer reviewed.”

Dennoch könnte Faulkes damit weitere „verschmähte“ Autoren leicht zur baldigen Nachahmung motivieren.