Penis-schreddernde Kobolde

26. Oktober 2023 von Laborjournal

Aus unserer Reihe „Forschung skurril“

Morbus Kobold macht, dass Sie sich vor Schmerz zusammenkrümmen – auch wenn Sie selbst gar nicht von dem Krankheitsbild betroffen sind. Seien Sie also gewarnt und lesen Sie mit Bedacht weiter!

Die Erstbeschreibung von Morbus Kobold, an dem meist alleinstehende Männer leiden, geht auf die Dissertation des Urologen Michael Theimuras Alschibaja von der Technischen Universität München aus dem Jahr 1978 zurück. Die namensgebende Ursache der Erkrankung ist unterdessen bereits seit 1929 bekannt – elektrische Handstaubsauger der Marke „Kobold“ von der Vorwerk SE & Co. KG. Das Besondere an ihnen ist ihre spezielle Bauform: Von anderen Staubsaugermodellen unterscheidet sich der Vorwerk-Kobold dadurch, dass sich sein Motor nicht zusammen mit dem Staubbeutel in einem wuchtigen Motorgehäuse befindet, sondern am unteren Ende eines Stieles direkt über der Saugdüse verbaut ist. Damit entfällt der übliche, ein bis zwei Meter lange Verbindungssaugschlauch zwischen Motor und Saugdüse.

Die Saugwirkung ist dank dieses außergewöhnlichen Designs verbessert. Allerdings hat dies Konsequenzen: Entfernt man(n) die Saugdüse, so trennt nur noch ein elf Zentimeter langer und 3,2 Zentimeter durchmessender Ansaugstutzen die Ansaugöffnung des Staubsaugers vom Saugvibrationen erzeugenden Motor.

Hmm, eine elf Zentimeter lange und drei Zentimeter breite Saugöffnung also?

Ja, lieber Leser oder liebe Leserin, Sie liegen richtig!  Diesen Beitrag weiterlesen »

„Ich bin der Erstautor und Du nur et al.“— Tanz Deine Doktorarbeit!

30. Juni 2021 von Laborjournal

 

 

 

 

Drei Finnen, die sich selbst als Nerds bezeichnen, tanzen und rappen ihre Doktorarbeit und lassen dabei ganz schön die Sau raus. Jedenfalls verglichen mit anderen Forschern, die ebenfalls den „Konfigurationsraum“ durchsuchen, um molekulare Cluster schneller aufzuspüren. Das Thema ist heftig erklärungsbedürftig und deswegen geben die drei Finnen in ihrem Video wirklich alles. Tänzerisch und rapperisch! Das Ganze ist stets garniert mit einem Augenzwinkern und dem berühmten finnischen Humor: „Ich bin der Erstautor und Du nur et al.

Gewonnen haben sie jetzt schon, und zwar den jährlichen Wettbewerb Dance your Ph.D. des Magazins Science. Dotiert mit 2.000 US-Dollar. Da fehlt zwar noch was im Vergleich zum Nobelpreisgeld, aber wenn sich herausstellt, dass die Ergebnisse einen Durchbruch in der Aerosol-Forschung darstellen und sich virenlastige Aerosole dadurch leicht aus der Luft beseitigen lassen, wer weiß…. Zu gönnen wär’s ihnen.

 

 

Tanzen ist gesund. Körperlich. Aber es bringt uns auch geistig weiter. Wie? Das fragen Sie am besten Dr. Dance. Der kennt sich aus, denn er ist Tanzpsychologe. Nachdem ich einige seiner Videos (hier, hier und hier) gesehen haben, bleibt für mich nur eine Schlussfolgerung: Tanz Deine Doktorarbeit sollte integraler Bestandteil des Rigorosums werden. Das wäre sicher auch im Sinne der Prüfer, die dadurch weniger „zähe“ Stunden auf ihr Lebenskonto überweisen müssten.

Siehe auch: https://www.theguardian.com/technology/2011/jul/31/peter-lovatt-dance-problem-solving

Und übrigens: Bereits 2008 berichteten wir mit unserem Beitrag „Tanz der Doktoren“ erstmals über den „Dance-your-Ph.D.“-Wettbewerb.

Kai Herfort

 

Attraktiver Verlierer

28. Juli 2020 von Laborjournal

Vor einiger Zeit entspann sich folgender Dialog in der Redaktion:

„Du, ich hab jetzt erst deinen Artikel über den Typen gelesen, der ewig lange vergeblich versucht hat, dieses eine Membranprotein zu reinigen.“

„Und? Ist irgendwas falsch?“

„Nein, darum geht es nicht. Vielmehr hat mich die Geschichte zum Nachdenken gebracht. Der arme Kerl hat doch nach allen Regeln der Kunst jede verfügbare Methode genutzt, um die Nuss zu knacken. Sogar wirklich kreative neue Kniffe hat er sich ausgedacht.“

„Richtig, so steht’s in dem Artikel. Nur hat’s ihm nix genutzt. Er hat die Nuss nicht geknackt, weil es mit dem zu dieser Zeit verfügbaren Methoden­arsenal einfach nicht gehen konnte — wie sich später rausstellte. War eben auch ein riskantes Projekt.“

„… Also hat er eines Tages frustriert die Doktor­arbeit hingeschmissen und der Forschung komplett den Rücken gekehrt.“      Diesen Beitrag weiterlesen »

Was interessiert den Ex-Postdoc sein altes Geschwätz?

15. Oktober 2018 von Laborjournal

Wieder einmal landete eine Frage auf unserem Redaktionstisch, zwischen deren Zeilen man eine gewisse Wut förmlich riechen konnte — und die ging so:

Da gibt es etwas, das ich einfach nicht verstehe. Schon vor zwanzig Jahren habe ich Doktoranden und Postdocs immer wieder stöhnen hören, wie schlimm sich das Wissen­schaftssystem entwickelt habe und wie sehr sie unter den Instituts-Hierarchien und -Platzhirschen leiden würden. Jetzt sind die meisten von ihnen selber Gruppenleiter, Instituts-Chef oder sogar noch mehr. Aber nichts hat sich geändert, sie verhalten sich heute genauso wie diejenigen, die sie damals kritisiert haben — vielleicht sogar noch schlimmer. Dabei sind doch sie es, die heute die Dinge tatsächlich ändern könnten, über die sie damals noch so gemeckert haben — wenigstens in ihrem eigenen Umfeld. Da muss man sich schon fragen: Wollen sie das inzwischen vielleicht gar nicht mehr?

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iStock / :Lisa-Blue

Uns fiel daraufhin sofort ein Editorial ein, in dem wir vor gut drei Jahren die Ergebnisse einer Studie zu diesem Thema vorstellten (LJ 4/2015, S. 3) — und aus dem wir im Folgenden quasi als Versuch einer Antwort zitieren wollen:

[…] Zu denken geben sollte diesen aber die Doktorarbeit der Wiener Wissen­schafts­forscherin Lisa Sigl, in der sie untersuchte, wie sich die prekären Lebens- und Arbeitsverhältnisse junger Biowissenschaftler auf deren Forschungstätigkeit auswirken. Sigl beleuchtet zunächst die verschiedenen Unsicherheitsfaktoren, die das Leben der jungen Biowissenschaftler prägen. Etwa die Unwägbarkeiten beim Erkenntnisgewinn, die jeder Forschung innewohnen, sowie die existentiellen Risiken, die durch die Verkettung von Zeitverträgen entstehen. Anschließend kommt sie dann zum eigentlich interessanten Punkt ihrer Dissertation: Wie gehen ihre Probanden und die Arbeits­gruppe insgesamt mit dieser Belastung um und welchen Einfluss hat sie auf die Ausrichtung ihrer Forschung?

Die Wienerin beobachtete vier unterschiedliche Strategien zur Bewältigung des auf den Forschern lastenden Drucks. Die erste und unter Biowissenschaftlern sehr beliebte Variante bezeichnet sie als Clan-Verhalten: Die Gruppe ordnet sich dem dominanten Labor- oder Gruppenleiter unter, der nicht nur die wissenschaftliche Ausrichtung der Gruppe bestimmt, sondern auch die finanziellen Mittel verteilt. Entsprechend groß ist seine Macht, aber auch seine soziale Verantwortung gegenüber den Gruppenmit­glie­dern. Klar, dass hier jedes Mitglied der Arbeitsgruppe versucht, dem Chef nicht unbe­dingt ans Bein zu pinkeln.

Die zweite Bewältigungsstrategie, das zusammenarbeitende Kollektiv, ist sicher die sympathischste Variante, die aber durch den zunehmenden wissenschaftlichen und ökonomischen Druck im Labor immer seltener anzutreffen ist. Bei dieser Form mit flachen Hierarchien und einem häufigen Erfahrungsaustausch unter den Wissen­schaft­lern steht die Gruppenarbeit im Vordergrund.

Und jetzt kommt der Teil, der für die Beantwortung der obigen Frage womöglich am interes­san­testen ist:

Mit zunehmender Forschungserfahrung treten bei Doktoranden und Postdocs neben diesen beiden gemeinschaftlichen, zwei weitere, individuelle Strategien zu Tage: die Manager- und die Tricksterstrategie.

Der Manager verwaltet seine Forschung und versucht die akademische Karriereleiter mit möglichst geringem Risiko emporzusteigen. Für diesen Jungforscher-Typus steht nicht die Forschung selbst, sondern das Karriere-Risikomanagement der Forschung im Vordergrund. Der Trickster hingegen versucht seine prekäre Situation „auszutricksen“ und versteckt seine eigenen Projekte hinter verklausulierten Anträgen, um an Geld heranzukommen. Trickster sind unter Biowissenschaftlern aber eher selten anzutreffen.

Die prekäre Lebenssituation von jungen Biowissenschaftlern fördert also, so das Fazit von Sigl, vermehrt Clan-Verhalten und Wissenschaftler, die vorwiegend Risikomana­ge­ment betreiben. Jungforscher, die aus reiner Neugier riskanten aber spannenden wis­sen­schaft­lichen Fragen und Projekten nachgehen, bringt das aktuelle Wissen­schafts­sys­tem hingegen immer seltener hervor.

Gut, die Schlussfolgerung geht damit in eine andere, mindestens ebenso spannende Richtung. Aber könnten Sigls Erkenntnisse hinsichtlich des Strategiewechsels bei zunehmender „System­erfahrung“ nicht auch eine Antwort auf die obige Eingangsfrage liefern — wenigstens in Teilen? Oder gibt es noch andere Aspekte, die dabei mitspielen, dass die „Bosse“ von heute nichts von dem ändern, worüber sie einst als Doktoranden und Postdocs selbst noch heftig meckerten?

Ralf Neumann

Doktorarbeit netto

18. Juli 2016 von Laborjournal

Fast jeder Ex-Doktorand stellt sich irgendwann die Frage: „Wenn jedes Experiment, das in meiner Doktorarbeit steht, gleich genau so geklappt hätte — wie schnell hätte ich fertig sein können?“ Sicher spielt die Art der Arbeit und des experimentellen Systems eine entscheidende Rolle — aber am Ende ist wohl jeder zu dem Schluss gekommen: „Viiiiiel kürzer als die Jahre, die ich tatsächlich gebraucht habe.“

documweg

So rechnete uns beispielsweise kürzlich ein ehemaliger Doktorand in einer E-Mail vor, dass er mit „magischen Fingern“ netto gerade mal drei Monate für sämtliche Ergebnisse seiner Doktorarbeit hätte experimentieren müssen — inklusive zweimal Reproduzieren.

Natürlich hatte er aber keine „magischen Finger“, und so brauchte er tatsächlich knapp fünf Jahre. Zieht man noch drei Monate für’s Zusammenschreiben ab, kommt er damit bezüglich seiner Zeitinvestition auf eine „Erfolgsrate“ von grob fünf Prozent. So gesehen hätte er also nur etwa alle drei Wochen jeweils am richtigen Tag ins Labor kommen müssen. Sein Fazit daher: „Es sieht so aus, als ob in der experimentellen Forschung die Dinge gewöhnlich nicht funktionieren. Und es scheint, als wäre das ganz normal.“

Dass solche Rechnungen allerdings in der Realität nicht aufgehen, ist klar. Selbst der „Fünf-Prozent-Rechner“ von oben räumte ein, dass die anderen 95 Prozent für das Gesamtergebnis sicher auf andere Weise ebenso essentiell sind — auch wenn deren Resultate am Ende nicht in Doktorarbeit oder Paper stehen. Warum? Weil man Techniken erst lernen muss; weil einem zuweilen erst negative Resultate — oder gar Fehler — den richtigen Weg weisen; weil unzählige Vorversuche notwendig sind, um die optimalen Bedingungen für die experimentellen Systeme zu ermitteln; und und und…

So machte denn auch unser Ex-Doktorand am Ende seinen Frieden mit der realen Dauer seiner Dissertation. Und ergänzte versöhnlich: „Ein Experte ist man sowieso erst dann, wenn man jeden Fehler wenigstens einmal selbst gemacht hat.“

Foto: fotogestoeber – Fotolia.com

„Passt nicht“ gibt’s nicht

12. August 2011 von Laborjournal

Aus der Reihe „Spontane Interviews, die es nie gab — die aber genau so hätten stattfinden können”. Heute: Doktorandin Conni Flikt, Dubiologisches Institut TU Scheuklappingen.

LJ: Hallo, Frau Flikt, gibt’s ein Problem?

Flikt: Kann man wohl sagen.

LJ: Aha, wo brennt’s denn?

Flikt: Natürlich an den Ergebnissen. Meine ganze Doktorarbeit steht plötzlich auf dem Spiel. Dabei ging alles so gut los. Die genetischen Daten waren eindeutig, und auch die Proteine machten genau das, was wir erwarteten. Zwei klare Linien, die unsere Hypothese einwandfrei stützten.

LJ: Und was ist dann das Problem?

Flikt: Die dritte Linie. Die elektronenmikroskopischen Aufnahmen waren einfach mal so, mal so. Nie wirklich klar. Mal schienen die Bilder zu unserer Theorie zu passen, andere Male dagegen war rein gar nichts in dieser Richtung zu sehen. Eindeutig ist anders. Diesen Beitrag weiterlesen »