Leserbrief: „Schaden kann die Homöopathie nicht.“

16. Oktober 2015 von Kommentar per Email

(Der folgende Leserbrief erreichte die Redaktion zum Titelthema „Homöopathie — Heimisch an der Uni“ in Laborjournal 10/2015. Wir veröffentlichen ihn in unserem Blog, um hier anderen Lesern die Möglichkeit zur unmittelbaren Diskussion zu geben.)

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Sehr geehrtes Laborjournal,

nonchalant kanzeln Sie die Homöopathie ab als esoterische Pseudowissenschaft, als Schüttelmagie und was die Herablassung sonst noch hergibt — und zwar immer mit einem Argument: Was wir nicht verstehen, kann nicht funktionieren. Ich kann diesen Unfug nicht mehr hören. Wir verstehen vieles nicht: Das Doppelspalt-Experiment, bei dem Licht offenbar ein paar Nanosekunden in die Zukunft schauen kann; den Urknall, bei dem aus unbekanntem Grund aus einem Zustand hoher Entropie — dem Nichts — ein Zustand maximaler Ordnung erwuchs; die dunkle Materie, die 90 Prozent unseres Universums ausmacht und die niemand je gesehen hat. Tun Sie mir bitte den Gefallen und lassen es bleiben, zu behaupten, es gebe keine nicht-stoffliche Wirkung. Wir wissen das nicht, können es mithin nicht ausschließen.

Ihr zweites Argument ist nun im Gegensatz dazu eines Wissenschaftlers würdig: Es fehlen ausreichende Studien. Soweit ich weiß, gibt es im Veterinärbereich einigermaßen überzeugende Studien — und wenn Sie mich herzlich bitten, will ich das gerne recherchieren. Aber selbst wenn Sie für den Menschen recht haben sollten: Klinische Studien sind enorm teuer. Wer soll die bezahlen?

Sie verlangen eine saubere Arbeitshypothese, ein Wirkungsmodell ? Mit die größten Pharma-Blockbuster sind SSRI (selective serotonin reuptake inhibitors) gegen Depressionen. Unbenommen mildern diese Präparate bei einer Mehrheit der Patienten die Symptome (bei einer nicht geringen Minderheit treten sogenannte paradoxe Reaktionen auf — das heißt, die Depression wird schlimmer). Mediziner konstruieren deshalb ein Depressionsmodell, nach dem es dabei um einen Serotoninmangel geht. Doch der Serotoninspiegel ist bei Depressiven in aller Regel normal. Kopfschmerzen sind meist kein Mangel an Aspirin!

Sie verlangen von der Homöopathie Evidenzbasiertheit? Warum dann nicht auch von derjenigen Hälfte der medizinischen Praxis, die ebenfalls nicht evidenzbasiert ist?

Sie hacken bei jeder sich bietenden Gelegenheit — zu Recht — auf der schwachen wissenschaftlichen Ausbildung der Mediziner mit ihrer „Doktorarbeit“ herum und zitieren im Falle der Homöopathie ausschließlich Mediziner?

Dann die Herabwürdigung der Placebowirkung. Wenn ich eine positive Wirkung erziele — und offenbar ist das bei der Homöopathie der Fall, im Gegensatz zu anderen historischen Quacksalbereien wie Mesmerismus, Zur-Ader-lassen, Elektroschock bei Depression (gibt’s aber nach wie vor bei Psychosen!!) —, dann lasse ich die Methode gelten. Die Homöopathie scheint einer gewissen Grundgesamtheit von Menschen ausreichend zu helfen, ansonsten hätte sie sich nicht über mehr als hundert Jahre gehalten.

Sie kommen mir mit den Kosten? Ein Witz im Verhältnis zu modernen Chemotherapien, die bei fünf- bis sechsstelligen Kosten pro Jahr und Patient und induziert elenderer Lebensqualität die Lebenszeit um ein Weniges verlängern. In dem Punkt werden Sie mir hoffentlich zustimmen: Schaden kann die Homöopathie nicht.

Prof. Dr. Uwe Hobohm
THM — University of Applied Sciences Gießen
Biologie / Bioinformatik

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19 Gedanken zu „Leserbrief: „Schaden kann die Homöopathie nicht.““

  1. Ralf Neumann sagt:

    In dem Punkt werden Sie mir hoffentlich zustimmen: Schaden kann die Homöopathie nicht.

    In diesem Fall hat die Homöopathie sehr geschadet — zugegebenermaßen indirekt, aber dennoch auf typische Weise.

  2. Sehr geehrter Prof. Hobohm,
    soweit mir bekannt ist, gibt es keine den gängigen wissenschaftlichen Standards entsprechenden Studien, die eine positive Wirkung der Homöopathie über den Placebo-Effekt hinaus belegen würden. Das Argument, wenn es für etwas keine Beweise gäbe, darf das doch kein Hindernis sein, die Theorie in die Praxis umzusetzen, hat nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern mit Glauben. Sie werden Ihren Studenten doch sicherlich beibringen, dass man eine Arbeitshypothese mit Messungen, Simulationen und Kontrollen untermauern muss. Oder akzeptieren Sie Studentenarbeiten als vollwertig, denen der Daten- und Methodenteil komplett fehlt?
    Tatsächlich wird inzwischen gefordert, Homöopathie wegen des Placebo-Effekts in der Medizin einzusetzen, weil die Ärzte heutzutage ja überarbeitet und gestresst wären und ihre Patienten lediglich als deren Krankheiten wahrnehmen würden.
    http://www.nature.com/news/consider-all-the-evidence-on-alternative-therapies-1.18547
    Der Placebo-Effekt kann bei so einer „kaltherzigen“ Therapie auch schwer eintreten. Denn früher heilten Ärzten hauptsächlich durch den Placebo-Effekt, indem sie sich voll und ganz dem Patienten widmeten. Wirklich wirksame Medizin gab es ja im Mittelalter kaum, die meisten damaligen Ansätze waren sogar schädlich, wie Blutlassen.
    Dennoch ist es viel sinnvoller, an der Ärzteausbildung und deren Arbeitsplänen zu arbeiten, damit sie den Patienten wieder als Menschen wahrnehmen können. Wirkungslose Alternativen wie Homöopathie, Akupunktur oder Gesundbeten bergen aber die Gefahr, dass wirklich kranke Menschen sich nicht an richtige Ärzte wenden würden.
    Sie sprachen Chemotherapie an, finden Sie im Erst, Krebskranke sollen sich an die Homöopathen halten?
    VG
    Leonid Schneider

  3. Lars Dittrich sagt:

    „Was wir nicht verstehen kann nicht funktionieren“ ist mitnichten das Argument gegen Homöopathie. Das Argument ist, dass sie nicht funktioniert. Empirisch. Da hinkt auch Ihr Vergleich mit großen offenen Fragen der Physik oder SSRIs. Dort geht es um empirische Beobachtungen. Die Effekte sind da. Wir ringen mit der Interpretation. Bei der Homöopathie hingegen sind keine Effekte gezeigt. Daher gibt es keinen Grund, einen Wirkmechanismus, der dem heutigen Verständnis der physikalischen Wirklichkeit widerspricht, als möglich anzunehmen.

    „Wir wissen das nicht, können es mithin nicht ausschließen“ – Wir können auch nicht ausschließen, dass unser Leben nur der Traum eines Hundes ist. Es gibt buchstäblich unendlich viele mögliche Wirklichkeiten, die wir nicht ausschließen können. Der große Verdienst der Wissenschaft ist, eine Methode zur Verfügung zu stellen, mit der wir unsere Vorstellungen von der Wirklichkeit überprüfen können. Evidenz. Die Abwesenheit von Evidenz ist natürlich kein Beweis für nicht-Existenz. Aber eine Vorstellung (wie etwa die Heilkraft von Homöopathie) in Abwesenheit jeder Evidenz als wahr anzunehmen, ist völlig absurd. Da es unendlich viele nicht-widerlegbare Wirklichkeiten gibt, strebt die Wahrscheinlichkeit ins Schwarze zu treffen gegen Null, wenn ich mir willkürlich eine aussuche.

    „Warum dann nicht auch von derjenigen Hälfte der medizinischen Praxis, die ebenfalls nicht evidenzbasiert ist?“ – absolut richtig, Medizin muss auf besser validierten Füßen stehen. Darein sollten unsere Ressourcen fließen. Nicht darein, wieder und wieder zu bestätigen, dass Homöopathie ganz ehrlich wirklich nicht funktioniert.

    „Herabwürdigung der Plazebowirkung“ – Im Gegensatz zu einer homöopathischen Wirkung ist eine Plazebowirkung nachweisbar. Plazebo gibt es wirklich. „dann lasse ich die Methode gelten“ – nein, ich erforsche, was daran eigentlich funktioniert, verbessere diesen Teil und lasse den unsinnigen Rest weg. So hat sich z.B. aus dem von Ihnen erwähnten Mesmerismus die Hypnose entwickelt. Vielleicht liegt im plazebo wertvolles Potential. Aber wenn die Homöopathen darauf bestehen, dass die Verdünnung nach jedem Schritt zehn mal erdwärts auf Leder geschlagen werden muss, werden sie dieses Potential nicht entwickeln können.

    „Die Homöopathie scheint einer gewissen Grundgesamtheit von Menschen ausreichend zu helfen, ansonsten hätte sie sich nicht über mehr als hundert Jahre gehalten.“ Das ist ein Fehlschluss. Das von Ihnen richtig als Quacksalberei bezeichnete zur-ader-lassen hat sich über zweitausend Jahre gehalten.

    „Schaden kann die Homöopathie nicht“ – leider doch. Das Beispiel von Ralf Neumann ist sehr gut und davon gibt es viele. Noch mehr schadet die Etablierung von Pseudowissenschaften in unserer Gesellschaft und besonders in unseren wissenschaftlichen Strukturen. Daher bin ich dem Autor Hans Zauner sehr dankbar für die deutlichen Worte in dem Artikel.

  4. Stefan sagt:

    „Sie verlangen eine saubere Arbeitshypothese, ein Wirkungsmodell ? Mit die größten Pharma-Blockbuster sind SSRI (selective serotonin reuptake inhibitors) gegen Depressionen.“

    Zu den anderen Punkten wurde ja schon ausreichend Stellung bezogen. Hierzu wollte ich noch anmerken: Ich würde die Homöopathie durchaus auch zu den größten Pharma-Blockbustern zählen. Vielleicht kommt der Gesamtumsatz nicht hin, aber der Gewinn dürfte beträchtlich sein: Ein wenig mit Wasser verdünntes Wasser schütteln (in dem mal irgendwo ein Tropfen Wirkstoff war), indem man einen großen Wagen gegen einen Lederpolster krachen lässt und dieses Wasser dann zum Preis von Gold (oder eher mehr?) verkaufen. Das nenne ich ein gelungenes Geschäft und Big Pharma!

    Wo ich nicht ganz mitkomme ist ihre Folgerung: Obwohl ich dieses Mittel nicht kenne, bin ich sicher, dass es genug Medizin gibt, die aus den Regalen gehört. Aber warum genau wirkt nun deshalb Homöopathie? Ihre Hypothese ist also: Wenn es andere Dinge gibt, die nicht wirken, dann wirkt Homöopathie? Diese Hypothese würde ich noch einmal gründlich überdenken.

    By the way: Ich trete ebenfalls für mehr Placebo Forschung ein und gleichzeitig für ein sofortiges Stopp der Homöopathie Forschung. Diese kann man nämlich mittlerweile auch mit viel gutem Willen nicht mehr als wissenschaftlich bezeichnen. An einem Konzept, das auf einem Fehler aufbaute, welches den bekannten Naturgesetzen und Gesetzen der Logik widerspricht und für das trotz 100erten Jahren Forschung nicht der geringste Reproduzierbare Nachweis erbracht werden konnte, sollte nicht ernsthaft geforscht werden. Wissenschaftlich ist das auf keinen Fall, sondern nichts als verschwendete Energie.

  5. Barb sagt:

    Die Geschichte des Placebos ist eine Geschichte voller Missverständnisse

    …“the placebo effect” is a misnomer and contributes to confusion, because it is not a single effect but the net result of many possible factors

    … the placebo effect is fairly complex and is largely an artifact of observation and confounding factors.

    https://www.sciencebasedmedicine.org/the-placebo-effect/

  6. Groucho sagt:

    Sehr geehrter Prof. Hobohm,

    montieren Sie doch mal die Räder von Ihrem Auto ab. Man kann nicht ausschließen, dass es dann trotzdem fährt. Wir wissen schließlich nicht alles.

  7. Jörg Klug sagt:

    Ich möchte auf den gravierenden Unterschied zwischen Homöopathie und Akupunktur hinweisen. Bei der Akupunktur gibt es zahlreiche klinische Studien (z.B. die German Acupuncture Trials 2002-2007) die so belastbar sind, dass auch die Gesetzlichen Krankenkassen nicht umhin konnten, die Kosten für die Behandlung von Gonarthrose und Schmerzen im Lendenwirbelbereich mittels Akupunktur zu übernehmen. Akupunktur gibt es seit rund zwei Jahrtausenden, und sie wird bei einem erheblichen Teil der Menschheit routinemäßig angewendet – nicht nur in China. Auch hier sind die naturwissenschaftlichen Zusammenhänge nicht klar, aber die Wirkungen sind nicht weg zu diskutieren, und deswegen wird auch fleißig geforscht.
    Niemand würdigt die Placebo- und Nocebowirkung herab. Das hat sogar die DFG begriffen und eine Forschergruppe eingerichtet: http://placeboforschung.de

  8. Stefan sagt:

    @Jörg Klug: „Ich möchte auf den gravierenden Unterschied zwischen Homöopathie und Akupunktur hinweisen.“

    Da unterliegen Sie leider einem Fehlschluss. die GERAC Studie hat es trotz schwerer methodischer Probleme nicht geschafft, auch nur ansatzweise eine Wirkung über Placebo nachzuweisen. Ich weiß, dass das oft anders kommuniziert wird, aber nur an Stellen, wo man diese Ergebnisse nicht wirklich versteht (leider ist das teils auch an Regierungsstellen und bei Krankenkassen so). Im Speziellen was es heißt, wenn Akupunktur bei bestimmten Indikationen leicht bessere Ergebnisse erzielte, als traditionelle Behandlung, aber niemals besser als Sham Akumpunktur. Was war „Sham Akupunktur“? Nunja… die Placebo Kontrolle. Es wurden die Nadeln einfach irgendwo hin gesteckt.

    Ich lade Sie ein, das in den original Studien nachzulesen! Ich habe es getan.

    Warum es zum Teil besser abschnitt als die klassische Therapie ist auch kein Wunder. Das waren durchwegs Indikationen, bei denen es mehr um subjektives Empfinden (wie Schmerz) ging und das zumindest ist mittlerweile bekannt, dass da Placebo „Wunder“ wirken kann. Für tiefer gehendes Verständnis möchte ich einen Laborjournal Blog verlinken „Placebo-Defekt“ https://www.laborjournal.de/blog/?p=3472

    Ich gebe zu, dass Akupunktur zumindest nicht ganz so abwegig ist, wie die Homöopathie. Zumindest tut man ja was, was mehr ist, als gereinigtes Wasser trinken. Das ändert aber nichts daran, dass sie immer noch hochgradig abwegig ist und es bisher keinen Hinweis gibt, der belastend genug wäre, sodass ein vernünftiger kritisch denkender Mensch daran glauben könnte.

  9. Lagopus sagt:

    Ich bin entsetzt, dass sich ein Hochschullehrer nicht schämt, einen derartig unreflektierten Blödsinn unter vollem Namen zu veröffentlichen.
    Offenbar hat sich Hr. Prof. Hobohm niemals kritisch mit der Homöopathie auseinandergesetzt, wenn, wäre dieser Brief kaum vorstellbar, so offenkundig ist die völlig fehlende Substantiation der Methode in der Realität (in Theorie und Anwendung ;-)).
    Es wirkt eher wie die gekränkte Reaktion eines Kindes, das erfahren hat, dass es den Weihnachtsmann doch nicht gibt.
    Leider hat er auch von Medizin insgesamt nicht die geringste Ahnung, wie seine Äußerungen zur Depression („Serotonin-Mangel“ etc.) und zu medikamentösen und nichtmedikamentösen Therapien (EKT) erkennen lassen.

  10. Winfried Köppelle sagt:

    Sehr geehrter Herr Hobohm,
    Sie schreiben: „Es fehlen ausreichende Studien. (…) Aber selbst wenn Sie für den Menschen recht haben sollten: Klinische Studien sind enorm teuer. Wer soll die bezahlen?“

    Wer diese Studien bezahlen soll? Natürlich der Auftraggeber!

    Wenn jemand ein neues Medikament auf den Markt bringen möchte, um damit Millionen zu scheffeln, dann muss er zuvor Geld in Studien investieren, um die Wirkung (und Nebenwirkungen!) dieses Medikaments zu dokumentieren und nachzuweisen. So wie es die Pharmaindustrie eben seit vielen Jahrzehnten zurecht macht (machen muss!).

    Seltsam nur, dass die homöopatische Industrie (ja, die gibt es, wie Sie ja vermutlich wissen) derlei Wirkungsnachweise bislang nicht erbringen muss. Hier existiert offensichtlich eine haarsträubende Gesetzeslücke (btw: Woran liegt dies wohl? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…)

    Nun denn: Möge die Homöopathische Industrie endlich Geld in die Hand nehmen – sie hat ja wahrlich genug davon – und diese Studien liefern!

    MfG
    Winfried Köppelle

  11. Ute Parsch sagt:

    Darf ich es sagen? Ich bin entsetzt.

    Ein Professor für Biologie reiht hier vollkommen falsche Aussagen, falsche Analogien und unhaltbare Immunisierungssprüche aneinander. Ganz ehrlich: Egal um welches Thema es hier auch ginge: Das ist in jedem Falle ein Armutszeugnis für deutsche Hochschulen.

    Nein, das Doppelspaltexperiment belegt keine Präkognition beim Licht. Und nein, Kosmologen sagen nicht, unser Universum bestünde aus 90% Dunkler Materie.

    Nein, Naturwissenschaft behauptet nicht, alles zu wissen. Naturwissenschaft beschäftigt von ihrem Wesen her immer mit den Dingen, die wir nicht erklären oder verstehen können.

    Naturwissenschaft ist aber geprägt von ihrer selbstauferlegten Pflicht zur Überprüfung von Behauptungen. Der Naturwissenschaftler kann für jede Aussage, die er vertritt konkrete Beobachtungsdaten vorlegen, die begründen, warum er diese Aussage vertritt – und nicht eine andere. Von daher: Nein, der Naturwissenschaftler unterscheidet sehr wohl zwischen belegten Aussagen, Spekulation und Widerlegtem.

    Von daher ist mir vollkommen unverständlich, wie ein Professor eines naturwissenschaftlichen Fachgebietes etwas schreiben kann wie „Tun Sie mir bitte den Gefallen und lassen es bleiben, zu behaupten, es gebe keine nicht-stoffliche Wirkung. Wir wissen das nicht, können es mithin nicht ausschließen.“

    Es müsste einem Naturwissenschaftler eigentlich unmittelbar die Peinlichkeit dieser Aussage bewusst werden: Eine gezielte(!) Wirksamkeit von Stoffen in Abwesenheit widerspricht umfangreich unserem sich tagtäglich bewährenden Wissen aus der Physik und den anderen Naturwissenschaften. Dass gleichartige Atome ununterscheidbar – und somit gedächtnislos sind – steckt fundamental in der Physik, die wir in zahlreichen technischen Anwendungen nutzen.

    Ich möchte auch daran erinnern, dass es im Labor eine anerkannte Nachweismethode ist, diejenige Komponente, die man für einen beobachteten Effekt verantwortlich vermutet, aus dem System zu entfernen. Verschwindet mit der entfernten Komponente der Effekt, so gilt das als Nachweis, dass die Komponente auch für den Effekt ursächlich war. Wirken Stoffe in ihrer Abwesenheit weiter, so liefert diese sehr verbreitete Nachweismethode schlicht Zufallsergebnisse – etwas, was wir in der Laborpraxis merken müssten, wenn man mit den aus ihr gewonnenen Erkenntnissen weiterzuarbeiten versucht. Wir merken aber …. nichts dergleichen.

    Beides zu ignorieren ist aber nur das halbe Problem dieser Aussage.

    Wenn wir, wie er selbst schreibt, nicht wissen, ob es das behauptete Phänomen überhaupt gibt – so ist es ein komplettes Ding der Unmöglichkeit, es gezielt anzuwenden. Eine Anwendung eines naturwissenschaftlichen Phänomens setzt voraus, dass wir es entdeckt haben und dass wir es vermessen können. Man kann schlicht kein funktionierendes Radio bauen, ohne vorher elektromagnetische Wellen entdeckt zu haben.

    Genau das aber behauptet die Homöopathie: Sie behauptet das von ihr unterstellte Phänomen zwar exakt vermessen zu haben (wir haben tausende von Symptomen in den Arzneimittelbildern) – aber sei ein Nachweis, dass das Phänomen existiert, „noch“ nicht gelungen.

    Und ein Professor eines naturwissenschaftlichen Faches trägt einen solchen Punkt auch noch als Argument vor? Ich bin entsetzt.

    Nein, auch im Veterinärbereich gibt es keine Nachweise für Phänomene, die uns zwingen würden, unser naturwissenschaftliches Wissen zum größten Teil auf den Müll zu werfen. Dazu gab es erst vor Kurzem eine von homöopathischer Seite durchgeführte Metaanalyse, die sich mittels dem Ausmustern wirklich vieler guter Arbeiten redlich bemüht hat, einen Effekt zu finden. Von allen(!) Arbeiten durften gerade einmal 2 in das Ergebnis einfließen. Und die lieferten widersprüchliche Ergebnisse. Die Schlussfolgerung des (wohlgemerkt homöopathischen) Autoren: „The low number and quality of the trials hinders a more decisive conclusion.“ (Veterinary homeopathy: meta-analysis of
    randomised placebo-controlled trials, Mathie et. al)

    Und das ist also die Beweislage, auf der wir laut Professor Hobohm annehmen sollen, die Physik hat ihre Hausaufgaben in Atomphysik nicht ordentlich gemacht? Mir ist schleierhaft, wie ein Professor für Biologe einen solchen Standpunkt vertreten kann.

    Und wirklich, sorry, wirklich schlecht wird mir dann im letzten Absatz, wenn es heißt „Sie kommen mir mit den Kosten? Ein Witz im Verhältnis zu modernen Chemotherapien, …“
    Ja, homöopathische Placebos wären wirklich billiger als Chemotherapie. Wie geschmacklos können Argumente von Homöopathen eigentlich noch werden?

    Ja, Krebspatienten würden weniger Kosten verursachen, wenn wir sie nicht medizinisch behandeln (sondern mit Placebos). Sie hätten auch weniger Nebenwirkungen durch die Therapie. Sie hätten aber auch kaum eine Chance. Und das ist die schlimmste Nebenwirkung von allen.

    Im Übrigen – obwohl bei solcher Geschmacklosigkeit des Argumentes an sich eigentlich unerheblich – ist die Kostensenkung in der Medizin durch die Homöopathie ein Mythos, wie eine neue Studie der Techniker Krankenkasse an über 44 000 Patienten erst vor Kurzem belegt hat. Die Homöopathie verursachte in allen untersuchten Anwendungsgebieten sogar erhebliche Mehrkosten.

    Wie lange sich Deutschland noch seiner Hochschullandschaft rühmen darf, erscheint mir immer fraglicher.

  12. Bernd Harder sagt:

    „Was wir nicht verstehen, kann nicht funktionieren.“

    Fakt ist nur, dass wir sehr gut wissen und auch verstehen, warum Homöopathie nicht funktionieren kann.

    Einige unsystematische Denkanstöße:

    – Die Homöopathie setzt die Existenz einer spirituellen Kraft (dynamis) voraus, während die Physik nur vier Grundkräfte kennt.

    – Die Idee, die Wirksamkeit einer Substanz lasse sich durch Verdünnung und Schütteln erhöhen, widerspricht der Pharmakodynamik.

    – Alle chemischen Reaktionen sind Reaktionen zwischen Molekülen. Wenn das letzte Molekül verschwunden ist, kann keine Reaktion mehr erfolgen.

    – Die Übertragung einer “Information” auf das Wasser könnte, selbst wenn es sie gäbe, nicht dauerhaft sein, weil sich die Struktur von Wasser im Pico- bis Femtosekundenbereich umbildet.

    – Schütteln (Sukkussion) kann die Eigenschaften von Wasser nicht ändern.

    – Unlösbare Substanzen wie Gold oder Siliziumoxid können nicht verdünnt und damit “potenziert” werden.

    – Wie ist es möglich, dass eine ausgewählte Muttersubstanz dynamisiert wird, wenn sich im Wasser oder in reinem Ethylalkohol unzählige Moleküle hunderter organischer wie anorganischer Substanzen befinden, die in gleicher Weise verdünnt und geschüttelt werden?

    – Je exakter und sorgfältiger eine Studie durchgeführt wird, desto klarer kommt ein für die Homöopathie negatives Ergebnis dabei heraus.

    – Wie kann es sein, dass die Homöopathie in konkurrierende Schulen zersplittert ist, die mit gegensätzlichen Methoden und Präparaten arbeiten und trotzdem alle die gleichen positiven Resultate melden?

    – Warum treten bei der homöopathischen Arzneimittelprüfung die Symptome nur bei Gesunden auf? Und warum zeigen sich dann beispielsweise bei der Gabe von Vitamin C keine Skorbutsymptome?

    – Es gibt keine „geistartigen“ Kräfte oder „Vitalenergien“.

    – Beim Verreiben und Verschütteln werden keine „geistartigen Kräfte“ freigesetzt, selbst wenn es diese gäbe.

    – Verdünnung ist und bleibt Verdünnung und keine „Potenzierung“.

    – Das „Ähnlichkeitsgesetz“, die Vorstellung, dass Gleiches mit Gleichem geheilt werden kann, hat keine Grundlage in der Biologie oder in der Natur.

    – Hahnemans Theorie der Krankheit, die Miasmentheorie, war vorwissenschaftlich und korreliert nicht mit irgendwelchen Erkenntnissen aus der Biologie.

    – Homöopathen behaupten, sie behandelten jeden Patienten individuell, aber das widerspricht dem Ähnlichkeitsgesetz.

    – Es gibt kein Wassergedächtnis.

    – Welche Informationen die Struktur des Wassers auch immer enthalten sollte, sie müssten auch auf die Zuckerpillen übertragen werden, auf die der Tropfen des homöopathischen Wassers aufgetragen wird, oder sie müssten zumindest den Prozess überleben.

    – Das Gedächtnis des Wassers müsste die Aufnahme und Absorption durch das gastrointestinale System im Körper und den Transport durch das Blut bis zu den Geweben überleben.

    – Medikamente, die Chemikalien und Proteine sind, funktionieren, weil tierische Zellen miteinander kommunizieren und ihre Funktionen über chemische und Protein-Signale regulieren. Medikamente binden die Rezeptoren für diese Signale, aktivieren oder blockieren sie, oder sie blockieren oder modifizieren die Funktion von Enzymen oder verändern biochemische Reaktionen auf andere Weise.

    Biologen haben weder homöopathische Signale noch Rezeptoren entdeckt, noch irgendetwas, das plausiblerweise als Rezeptor für Wasserstrukturen dienen könnte. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass unsere Körper auf homöopathische Signale reagieren können, es sei denn, diese wären von vornherein Bestandteil normaler biologischer Funktionen.

    – Angebliche „Quanteneffekte“ sind auf subatomarer Ebene relevant und können sich vielleicht bis auf die atomare Ebene auswirken, sie sind jedoch nicht für die makroskopische Welt oder für biologische Systeme relevant.

    Gute Studien? Nope:

    http://blog.gwup.net/2015/10/18/studien-daten-und-die-realitatsverweigerung-der-homoopathen-vom-dzvha/

    Homöopathie bei Tieren? Längst erforscht und geklärt:

    http://blog.gwup.net/2013/10/22/auch-bei-tieren-ist-homoopathie-nur-eine-luge/

  13. Bernd Harder sagt:

    „Schaden kann die Homöopathie nicht.“

    Aber selbstverständlich kann und tut sie das, auf mehreren Ebenen sogar:

    Konkret geht es um die Punkte:

    Unmittelbare Schädigung
    Unterlassene Therapie oder Prophylaxe
    Vertrauensverlust in die Medizin und Wissenschaft
    Finanzieller Schaden für die PatientInnen
    Schäden auf der Ebene der Gesundheitssysteme und der Gesundheitspolitik

    Details:

    http://www.verein-evo.at/?p=1302

  14. Akupunktur hilft. wirklich!

    wie u.a. Anna Enblom mit echter Wissenschaft untersucht hat:
    „Akupunktur lindert die Übelkeit bei Krebspatienten – auch wenn gar nicht wirklich zugestochen wird. Zu diesem Ergebnis führte eine schwedische Studie an der Universität Linköping mit 215 Patienten. Sie litten als Folge einer Strahlentherapie an Brechreiz. Eine Akupunktur nach den Regeln der traditionellen chinesischen Medizin linderte bei 95 von 100 Patienten die Übelkeit. Genauso viele gaben an, sich besser zu fühlen, wenn sie mit stumpfen, zusammenschiebbaren Nadeln behandelt wurden, die nicht in die Haut eindrangen. Schulmedizinische Maßnahmen brachten nur jedem vierten Patienten Erleichterung, wie die Wissenschaftlerin Anna Enblom herausfand. Offensichtlich gehe der Erfolg der Akupunktur nicht auf die traditionelle Methode zurück, folgert Enblom. Stattdessen wirke die verstärkte Zuwendung, die eine Akupunktur mit sich bringe: Patienten führten Gespräche mit dem Akupunkteur, würden berührt, hätten mehr Zeit für sich und mehr Entspannung“, SZ, 02.12.08
    http://ed.iiQii.de/gallery/Querdenkerinnen/AnnaEnblom_ki_se

    Ebenso Klaus Linde:
    „Jahrelang haben sie dafür gekämpft, dass ihre Behandlungsmethode im Westen anerkannt wird. Jetzt zeigen große Studien, dass die chinesische Nadel-Technik bei Spannungskopfschmerzen zwar tatsächlich hilft und zudem Migräne-Attacken vorbeugen kann. Doch gleichzeitig belegen die Studien, dass nicht nur Stiche in einen der 361 klassischen Akupunkturpunkte auf den Meridianen helfen können – eine Scheinakupunktur hat offenbar ähnlich lindernde Wirkung. Es ist also egal, wohin gestochen wird“, http://www.sueddeutsche.de/wissen/686/455362/text/

    http://ed.iiQii.de/gallery/VictimsOfGroupThink/KlausLinde_lrz_muenchen_de

    So geht Doppelblind-Test und Evidenz!

  15. und so hilft Homöopathie.
    wirklich! evidenz-basiert!

    „Einer Gruppe Patienten trug das Team um Kaptchuk auf, zwei Mal täglich eine Kapsel zu schlucken. Die Ärzte sagten ihren Probanden mehrfach, dass es sich dabei um ein Scheinmedikament ohne aktive Inhaltsstoffe handelte und dass die Patienten nicht einmal an den Placebo-Effekt glauben müssten. Zudem stand deutlich das Wort „Placebo“ auf der Flasche mit den Kapseln. Der Kontrollgruppe widmeten die Forscher ebenso viel Zeit für Gespräche, während der sie den Probanden unter anderem erklärten, wie wichtig Kontroll-Patienten für die medizinische Forschung sind.
    „Die Ergebnisse legen nahe, dass der Placebo-Effekt mehr ist als positives Denken“, sagt Kaptchuk.
    „Schon das bloße Durchführen eines medizinischen Rituals könnte einen merklichen Nutzen haben.“ http://www.sueddeutsche.de/wissen/scheinmedikamente-hauptsache-tabletten-schlucken-1.1039470
    http://ed.iiQii.de/gallery/Science-TheOnlyNews/TedKaptchuk_hms_harvard_edu

    der Rest ist bei #system1 nachzulesen:
    „Wir wissen, dass Menschen von einem unerschütterlichen Glauben an eine Überzeugung, und sei sie noch so absurd, erfüllt werden können, wenn sie darin von einer Gruppe Gleichgesinnter bestärkt werden“ Kahneman, S. 269
    http://www.geistundgegenwart.de/2015/11/verschwoerungstheorien.html

  16. Homöopathie ist ein Netzwerk von Betrugen, die sich gegenseitig decken bzw sich gegenseitig hebeln.

    „Homöopathie: Das Rätsel der “Erstverschlimmerung” gelöst“
    http://ariplex.com/folia/archives/565.htm

    „Homöopathie: Die “Potenzierung” ist entlarvt als ein Hütchenspielertrick“
    http://ariplex.com/folia/archives/570.htm

    „Homöopathie ist nichts anderes als Trickbetrug und organisierte
    Kriminalität und Korruption“
    http://ariplex.com/folia/archives/585.htm

    „Beweisstück der Anklage: Auszug aus dem Homöopathischen Arzneibuch“
    http://ariplex.com/folia/archives/643.htm

    „Beweisstück der Anklage: das Homöopathische Arzneibuch“
    http://ariplex.com/folia/archives/647.htm

    „Homöopathie ist kein Placebo!“
    http://ariplex.com/folia/archives/1350.htm

    Die Behauptung „In Homöopathie ist nichts drin“ ist grundfalsch. 2012 wurde von den deutschen homöopathika-Herstellern mit „Komplexhomöopathie“ mehr als die Hälfte des Umsatzes von 453 Mio Euro gemacht.

    Bei „Komplexhomöopathie“ wird durchaus unverdünnte Rohtinktur eingesetzt. Von Verdünnung oder gar Potenzierung kann also keine Rede sein.

    Homöopathie ist Betrug, und nichts als Betrug, mit dem im Größtmaßstab (siehe die Umsätze) die Bevölkerung um Milliarden gebracht wird, denn die Kosten der Homöopathika sind nur ein Bruchteil der insgesamt angerichteten wirtschaftlichen Schäden. Von den gesundheitlichen Schäden einmal abgesehen, denn die Konditionierung in Schmerz ist Folter, und die medizinische Mangelversorgung ist noch ein Verbrechen obendrauf.

  17. Also ich bin fest davon überzeugt, dass die Homöopathie funktioniert. Ich denke der einzige Grund wieso sie immer wieder schlecht geredet wird, ist, weil damit einfach nicht der Gewinn eingebracht werden kann, wie mit „normalen“ starken Arzneimitteln.

  18. Franci sagt:

    Kein Gewinn mit Homöopathie? Da kann ich ja nur herzhaft drüber lachen.
    Ich erinnere mich gern (oder auch nicht so gern) daran, wie mir eine Tierklinik für über 60€ keine 5mL geschütteltes Wasser angedreht hat.
    Leider hab ich erst Zuhause gesehen, was ich da großartiges erworben hatte.

    Also, dass mit alternativen Heilmethoden kein Geld verdient wird, ist die größte Lachnummer überhaupt, so generell. Unabhängig von meinem Beispiel oben.

  19. Der Artikel wirft einige wichtige Fragen auf, die wir als Befürworter der Homöopathie nicht einfach ignorieren sollten. Die Forderung nach mehr evidenzbasierter Forschung und die Betonung der Kosten für klinische Studien sind gültige Punkte. Es ist jedoch auch wichtig zu bedenken, dass die Homöopathie vielen Menschen geholfen hat, und die Placebowirkung sollte nicht leichtfertig abgetan werden. Wir sollten offen für Diskussionen sein und nach Wegen suchen, die Wirksamkeit der Homöopathie auf eine wissenschaftliche Weise zu belegen oder zu verbessern.

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