Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (23)

14. Februar 2014 von Laborjournal

Gerade am Telefon folgende interessante Geschichte gehört:

Forscherin hatte mit ihren Leuten eine Studie abgeschlossen, deren Ergebnisse sie für „bahnbrechend“ hielt — sowohl, was gewisse zelluläre Steuermechanismen anging, wie auch in ihrer klinischen Bedeutung. Auch das Manuskript hielt sie für überaus gelungen (was ja keineswegs automatisch der Fall ist, nur weil man gute Daten hat). Doch die Enttäuschung kam prompt: Der Editor des Edelblatts, welches sie für die Veröffentlichung ausgewählt hatte, schickte das Manuskript schnöde wieder zurück. Abgelehnt, ohne überhaupt zum Review geschickt worden zu sein!

Der Editor hatte das Manuskript offenbar nur kurz überflogen — und entschieden, dass es nicht mal einen Peer Review wert war. Warum? — fragte sich unsere Forscherin. Waren die Daten doch nicht so gut, wie sie gedacht hatte? Enthielten die Schlussfolgerungen logische Fehler? Hatte sie mit der Bedeutung der Resultate für das gesamte Feld übertrieben? Oder war es vielleicht „nur“ schlecht geschrieben? Es musste ja wohl etwas Offensichtliches sein, dass der Editor es umgehend wieder zurückschickte. Aber diesen „offensichtlichen“ Grund hätte der Editor doch wenigstens mitteilen können. Das wäre doch ein wichtiges und konstruktives Feedback gewesen.

Immer wieder drehten diese und ähnliche Gedanken ihre Kreise im Kopf der Forscherin — bis sie den Entschluss fasste, den Editor in dieser Angelegenheit nochmals anzuschreiben. Höflich erklärte sie in dem Schreiben noch einmal kurz und klar, warum sie ihre Ergebnisse für so wichtig hielt — und warum das Paper daher ihrer Meinung nach genau in dieses Journal passen würde. Nur um schließlich darum zu bitten, ihr kurz mitzuteilen, was genau die Editoren dazu bewogen hatte, das Manuskript nicht einmal begutachten zu lassen. Schließlich könne ihr eine entsprechende „handfeste“ Rückmeldung enorm helfen, das Manuskript zu verbessern — wenn auch wohl für ein anderes Journal.

Die Antwort kam eine Woche später — und ließ unsere Forscherin endgültig den Glauben an das Peer Review-System verlieren: „We cannot give you any feedback as the paper had not been sent out for review.“

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2 Gedanken zu „Autoren am Rande des Nervenzusammenbruchs (23)“

  1. Karl sagt:

    Kenne ich auch. Zwar bei einem eher mittelrangigen Journal, aber auch. Da hat sich der Editor durch den Brief, den wir damals danach geschrieben haben, bewegen lassen, das Paper trotzdem noch zu den Reviewern zu schicken. Wo es dann gut ankam und nur mit ‚minor comments‘ zurückkam. Wir hatten damals den Eindruck, das der Artikel vom zuständigen Editor nicht wirklich gelesen worden ist.

  2. Johannes sagt:

    Das Beste, was ich erlebt habe, ist zwar schon ein Paar Jahre her, aber mir immer noch gut in Erinnerung: Als die Reviews zurück kamen, war mit dem Text des einen ablehnenden Gutachters (der andere wollte eine Major Revision) klar, dass dieser wohl den falschen Report hochgeladen hatte – von einem ganz anderen Manuskript. Als ich den Editor darauf ansprach, antwortete der nur: Abgelehnt sei abgelehnt – und es interessiere ihn nicht, ob der Review passt oder nicht.

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