Pflanzen mit Familiensinn

15. Oktober 2009 von Laborjournal

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Pflanzen erkennen, ob ihre direkten Nachbarn mit ihnen verwandt sind oder nicht. Das behaupten zumindest die Pflanzenforscher um Harsh Bais und Susan Dudley. Mit Geschwistern, so die Wissenschaftler, leben Pflanzen in friedlicher Koexistenz und teilen sich womöglich gar die vorhandenen Nährstoffe, Nicht-Geschwistern dagegen sagen sie umgehend den Kampf an.

Die kanadischen Pflanzenökologen Susan Dudley und Amanda File, McMaster University in Hamilton, Ontario, haben bereits 2007 bei dem Meersenf Cakile edentula beobachtet, dass Geschwister (aus Samen derselben Mutterpflanze) friedlich nebeneinander wachsen und nicht miteinander konkurrieren. Werden sie dagegen mit Cakile edentula-Pflanzen einer anderen Mutterpflanze zusammengetopft, treten sie mit diesen sofort in Wettstreit um Wasser und Mineralstoffe, indem sie schnell zusätzliche und längere Wurzeln ausbilden – Pflanzen erkennen also ihre eigene Sippe (Artikel siehe hier).

Harsh Bais, Pflanzen- und Bodenkundler am Delaware Biotechnology Institute, University of Delaware, Newark, USA, wollte die Mechanismen hinter der Geschwistererkennung in Dudleys Studie klären. Gemeinsam mit Doktorandin Meredith Biedrzycki führte Bais eine Studie mit wildgewachsenen Arabidopsis thaliana durch – denn, so Bais, Laborpflanzen haben immer irgendwelche Cousinen im Labor. Die Forscher setzten insgesamt 3000 in Nährmedium wachsende Arabidopsis-Setzlinge sieben Tage lang entweder Wurzelsekreten (Exsudaten) fremder (Nicht-Geschwister-) Pflanzen aus oder den Exsudaten von Geschwister-Pflanzen. Daraufhin maßen die Wissenschaftler die Länge der lateralen Wurzeln und des Hypokotyls.

Ihre Ergebnisse: Pflanzen, die fremden Exsudaten ausgesetzt waren, zeigten stärkeres laterales Wurzelwachstum als Pflanzen, die in den Wurzelsekreten von Geschwistern wuchsen. „Fremde Pflanzen, die nebeneinander gepflanzt wurden, sind zudem oft kleiner“, erklärt Bais, „weil sie einen Großteil ihrer Energie ins Wurzelwachstum stecken.“ Außerdem bemerkten Bais und seine Kollegen, dass sich die Blätter nebeneinander wachsender Geschwisterpflanzen oft berühren und verflechten, während Fremdpflanzen starr nach oben wachsen und jede Berührung vermeiden.

Möglicherweise ist es also gar nicht immer die Schuld des Gartencenters, wenn die Pflanzen im heimischen Garten nicht wachsen wollen.

Die Studie “Root exudates mediate kin recognition in plants” von Harsh Bais und seinem Team ist in Communicative & Integrative Biology 2010, 3(1) nachzulesen.

Foto: Fotolia/Frank-Peter Funke

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Ein Gedanke zu „Pflanzen mit Familiensinn“

  1. Ralf Neumann sagt:

    Hab mir mal das Journal angeschaut. Communicative & Integrative Biology kannte ich noch nicht — und ein Journal, das jetzt schon Artikel mit Publikationsdatum 2010 ins Netz stellt, weckt einfach Aufmerksamkeit. Es ist ein Open Access-Journal, und Chief Editor ist Frantisek Bakusek aus Bonn. Dieser ist einer der Hauptverfechter einer pflanzlichen Neurobiologie (siehe hier) — ein Konzept, das in der Plant Sciene Community viel Gegenwind erntet. Siehe etwa hier, oder hier. Zwei seiner drei Stellvertreter, Tony Trewavas und Przemyslaw Wojtaszek, liebäugeln ebenfalls mit Pflanzenneurobiologie. Ein wenig riecht das dann doch nach Voreingenommenheit.

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