„Prof Perfide“

18. Juni 2012 von Laborjournal

Vor allem Postdocs sind die Arbeitspferde der biomedizinischen Forschung. Und oft genug sind sie auch ziemlich clever. Dass diese daher immer wieder Probleme mit ihren Chefs/Profs/PIs bekommen, ist nichts Neues — vor allem wenn letztere unter dem ein oder anderen Persönlichkeitsdefizit leiden (auch nicht unbedingt selten).

Solche Konstellationen bergen folglich einigen Sprengstoff, der sich immer wieder auch zu haarsträubenden Geschichten entlädt. Wie etwa zu der folgenden, die uns letzte Woche zu Ohren kam:

Eine Postdoktorandin bekam ihr zweites Kind, kurze Zeit später wurde ihr Vertrag nicht verlängert. Irgendein Zusammenhang? — Man weiß es nicht. Jedenfalls war dies für die Frau natürlich der Karriere-Killer.

Aber was machte der Prof? Dieser räumte sämtliche Klone und Zelllinien, die die Postdoktorandin hergestellt hatte, aus den Schränken — und warf sie weg. Dies tat er indes wohlweislich nicht mit den Klonen, die sie von anderen Labors erhalten hatte — und natürlich behielt er auch ihr Laborbuch.

Dieses gab er daraufhin einer TA und wies sie an, die Experimente genau so zu wiederholen, wie sie darin standen. Innerhalb von neun Monaten reproduzierte sie auf diese Weise exakt die Experimente der ehemaligen Postdoktorandin — so dass „Prof Perfide“ den Artikel schließlich ohne ihren Namen veröffentlichen konnte.

Letzteres übrigens in Nature Genetics.

 

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5 Gedanken zu „„Prof Perfide““

  1. Karin Hollricher sagt:

    Wenn das stimmt,ist es unglaublich… Und vielleicht sogar Diebstahl geistigen Eigentums (Das Laborbuch)

  2. Ralf Neumann sagt:

    Interessantes Thema: Pflichten und Rechte rund um das Laborbuch/Laborjournal (jetzt weiß hoffentlich auch jeder, warum wir Laborjournal heißen).

    Dazu steht etwa hier:

    Das Laborjournal ist kein persönliches Eigentum. „Die wissenschaftliche Arbeit, über die darin berichtet wird, ist von jemandem bezahlt worden, und der hat auch das Recht, das Laborbuch einzusehen.“ (Lit. 1) Hinzu kommt der geistige Anspruch des Arbeitsgruppenleiters bzw. des Betreuers, weil dieser das Forschungsthema benennt und die Idee folglich seine ist.

  3. cb sagt:

    Wie darf man die Einleitung des Artikels verstehen: Schwanger werden ist clever und Daten reproduzieren ist perfide? Oder ist es umgekehrt?

  4. Trickster sagt:

    Und vor allem: cui bono? Was hat denn der perfide Prof. davon, wenn er die TA monatelang Experimente wiederholen lässt? Auf eine Autorenposition mehr oder weniger kommt es doch wohl eher nicht an?!? Schliesslich kann es doch dem Prof egal sein wer unter seinem Stiefel die niederen Arbeiten verrichtet. War vielleicht doch ein wenig anders.

    Und schliesslich ist die Aussage aus dem link auch mit Vorsicht zu geniessen. Die Forschungsidee ist per Definition, die des Gruppenleiters. Wer sagt das?

  5. Ralf Neumann sagt:

    „Prof Perfide“ ging es tatsächlich darum, den Namen der Postdoktorandin explizit vom Paper fernzuhalten. Das geht auf sichere Weise natürlich nur, wenn er die für das Paper verwendeten Originaldaten in einem anderen Laborbuch vorzeigen kann als dem der Postdoktorandin. Seine Motive? Nun, die verbergen sich hinter dem Wörtchen „Persönlichkeitsdefizit“.

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