Von zweifelhaftem Verhalten der Journals

14. Februar 2012 von Laborjournal

Das Feld der wissenschaftlichen Journale scheint immer mehr zu verrotten. Und damit meinen wir gar nicht unbedingt das Geschäftsgebahren der großen Verlage à la Elsevier, Springer oder Thieme und Co. (siehe unseren früheren Beitrag „Boykott gegen Elsevier“ samt Kommentare).

Nein, eher passt in dieses Bild etwa die Zunahme sogenannter „Bogus Journals“, die auf nichts anderes aus sind, als das bei Open-Access-Online-Journals gängige „Author pays“-Modell auf unlautere Weise für einen schnellen Dollar auszunutzen. Auch hierüber berichteten wir kürzlich im Beitrag “’Junk Journals‘ und die ‚Peter-Panne’”.

Genauso passen in dieses Bild die zunehmenden Klagen von Forschern, dass Journals den Veröffentlichungswunsch von Manuskripten, deren Daten bereits publizierte Paper widerlegen, schlichtweg ignorieren, ablehnen oder zumindest stark erschweren. Ein Thema, dem wir das Editorial unserer neuesten Lab Times-Ausgabe gewidmet haben.

Auch das Ergebnis einer Umfrage, das gerade in Science unter dem Titel „Coercive Citation in Academic Publishing“ veröffentlicht wurde, „passt“. Demnach gab die Mehrheit der Befragten an, bei Einreichung von Manuskripten von den Journals schon mal unter Druck gesetzt worden zu sein, möglichst viele Artikel aus dem eigenen Blatt zu zitieren — um dessen Impact Faktor aufzumöbeln. (Eine Zusammenfassung der Studie gibt’s auch bei Telepolis unter dem Titel „Pimp my Impact Factor“.)

Eine noch krassere Geschichte berichtete jedoch unlängst Jeffery Beall, Bibliothekar an der University of Colorado in Denver, in seinem Blog Metadata. Aus irgendwelchen Gründen stolperte Beall über die junge pakistanische Botanikerin Tahira Mughal, die insgesamt zwölf Artikel in einem auch für Autoren kostenfreien Online-Journal namens Journal of Applied Pharmacy veröffentlichte. Bald darauf stellte sich heraus, dass Frau Mughal in all diesen Artikeln mehr oder weniger lange Passagen aus deren Publikationen anderer Autoren abgeschrieben hatte.

Doch damit nicht genug. Nach nur ein wenig weiterer Recherche war Beall schnell klar: Das ganze Journal of Applied Pharmacy ist eine einzige Luftblase. Allerdings ging es hierbei keineswegs um den schnellen Dollar. Hintergrund für das „Schwindel-Journal“ war vielmehr folgender:

Um überhaupt Chancen auf eine Anstellung in der Heimat durch die mächtige Higher Education Commission, Pakistan zu haben, müssen die Bewerber Publikationen in „peer-reviewed, recognized foreign journals“ vorweisen. Allein zu diesem Zweck, pakistanischen Nachwuchs-Biomedizinern zu den notwendigen „Credits“ zu verhelfen, gründeten ausgewanderte Pakistanis in Saskatchewan, Kanada, das Journal of Applied Pharmacy.

Und da der Zweck bekanntlich die Mittel heiligt, nimmt es das Journal offenbar mit der Publikationsethik nicht so genau. Womit das Feld wieder ein wenig unangenehmer riecht…

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Ein Gedanke zu „Von zweifelhaftem Verhalten der Journals“

  1. AlGen sagt:

    Journal of Applied Pharmacy – ethisch nicht korrekt, aus Sicht der Wissenschaft auf jeden Fall anzuprangern – aber aus einem „guten Zweck“ heraus gegründet. Hier ist jemand seinem Nächsten nahe gewesen und ich nehme an, viele waren dankbar.
    Gerade liegt die Ankündigung eines neuen Journals von Elsevier vor mir und verkündet in einem sympathischen Grünton die Inauguration des „Algal Research“ in 2012. In solchen Momenten freue ich mich wieder das Labor verlassen zu haben, bevor ich des Wahnsinns fette Beute wurde. (Ketzer behaupten, ich wäre ein kleines bisschen zu spät dran gewesen…)

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