Bitte keine Quantensprünge mehr!

21. März 2011 von Laborjournal

Paul Ehrlich (mitte) und die Preisträger

Jedem Physiker rollen sich die Zehennägel auf, wenn ein metaphernverliebter Kommentator mal wieder das Bild vom epochalen, weltbewegenden und kolossalen „Quantensprung“ bemüht. Letzte Woche, anlässlich der Verleihung des Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preises war es wieder soweit. Gewonnen hat den mit 100.000 Euro dotierten Preis der italienische Chemiker und Biologe Cesare Montecucco (auf dem Foto links) für seine Erkenntnisse über Infektionskrankheiten im allgemeinen und für die Entdeckung des „mechanism of action of tetanus toxin“ im besonderen.

Montecuccos Landsmann Rino Rappuoli hielt in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio. Er lobte den Gepreisten so:

„Seine Entdeckung …. hat für das Verständnis der molekularen Mechanismen, die den Verkehr und Export von Molekülen in unseren Zellen regeln, einen Quantensprung bewirkt – und sie lieferte die Grundlagen zur Entwicklung neuer Therapien gegen eine Vielzahl von Krankheiten.“

Ich sehe das anders. Zwar möchte ich Cesare Montecucco für seine Leistungen und für den ihm verliehenen Preis ebenfalls von ganzem Herzen gratulieren, bin allerdings der festen Überzeugung, dass der Wissenschaftler von der Universität Padua definitiv keinen Quantensprung geleistet hat.

Denn um’s mit dem Physiker Vince Ebert zu sagen:

„Ein Quantensprung ist die kleinstmögliche Zustandsänderung, meist von einem hohen auf ein niedriges Niveau.“

Daher, liebe Feuilletonisten und Laudatoren: Bitte keine Quantensprünge mehr!

P.S.: Den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2011 hat der Dresdener Biophysiker Stephan Grill (auf dem Foto oben rechts) gewonnen. Die Laser-Methode des 36-jährigen zur Messung mechanischer Kräfte in lebenden Zellen war der Paul-Ehrlich-Stiftung ein Preisgeld von weiteren 60.000 Euro wert. Von Quantensprüngen war hier nicht die Rede.

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Ein Gedanke zu „Bitte keine Quantensprünge mehr!“

  1. Ralf Neumann sagt:

    Dazu gibt es im Ratioblog ein schönes Zitat:

    Immer wenn „Quantensprung” im Sinne von „großer Fortschritt” gebraucht wird, stirbt irgendwo ein Teilchenphysiker.

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